Die „Blechschmiede“ Horgau oder das Mahnmal im Kloster Thierhaupten erinnern im Landkreis Augsburg an NS-Verbrechen. Sie gehören zu den 24 Gedenkstätten im Bezirk Schwaben, die von der Heimatpflege des Bezirks jetzt in einer Broschüre zusammengestellt wurden. Das Heft trägt den Titel „NS-Erinnerungsorte“ und ist seit Kurzem kostenlos erhältlich.
Die Broschüre gibt einen Überblick über die Orte, an denen knapp 80 Jahre nach dem Ende der NS-Herrschaft der Opfer der NS-Verbrechen im Bezirk Schwaben gedacht wird. Sie beschreibt 24 Gedenkstätten zwischen Fischen im Allgäu und Oettingen im Ries mit prägnanten, gut verständlichen Texten und anschaulichen Fotos. Das Heft wendet sich an Lehrkräfte, Dozierende und interessierte Bürgerinnen und Bürger. Es geht darum, über die Erinnerungs-, Lern- und Gedenkorte zu informieren und dabei wissenschaftliche und zeitgeschichtliche Begriffe zu erklären. Eine Übersichtskarte erleichtert die Orientierung. Die Broschüre soll nach und nach noch um einige Gedenkstätten erweitert werden.
Die Broschüre nimmt das Waldwerk bei Horgau in den Blick
Schon jetzt wird darin der Erinnerungsort „Blechschmiede“ Horgau beschrieben. Dabei handelt es sich um ein KZ-Außenlager und eine Waldfabrik. Ab Herbst 1944 wurde in Horgau ein Waldwerk der Messerschmitt AG errichtet, in dem Teile der Me 262 produziert werden sollten. Das Waldwerk war Außenstelle des KZ Dachau. Anfang März 1945 sollen hier mehr als 300 Häftlinge angekommen sein. Wie aus der Broschüre zu erfahren ist, verloren mindestens sieben Häftlinge im Wald ihr Leben, weitere 34 starben kurz vor oder nach der Befreiung. Fundamente und Teile der Grundmauern seien 2010 als Bodendenkmal erfasst worden. Am Erinnerungsort befinden sich Info-Tafeln und Holzstelen, die das Ausmaß des Außenlagers verdeutlichen.
Die Traurige Geschichte des Mahnmals in Thierhaupten
Auch das Mahnmal am Kloster Thierhaupten im Norden des Landkreises Augsburg hat eine traurige Geschichte zu erzählen. Die Broschüre berichtet von zwei jugendlichen Soldaten aus Zwittau und Neckarsulm, die kurz vor Kriegsende am 27. April 1945 beim ehemaligen Kloster Thierhaupten als Fahnenflüchtige von einer SS-Feldpolizeistreife erhängt wurden. Sie sollen sich kurz vorher noch bei ihrer Einheit abgemeldet haben.
Allmählich verschwinden die Zeitzeuginnen und Zeitzeugen, die von den Verbrechen im Nationalsozialismus berichten. Bezirkstagspräsident Martin Sailer sagt: „Wir müssen deshalb neue Wege finden, um das Gedenken an die schrecklichen Taten der NS-Zeit und die Schicksale der Opfer aufrechtzuerhalten“. Eine lebendige Erinnerungskultur sei Voraussetzung für ein buntes und vielfältiges Schwaben. „Mit ihrer Broschüre leistet unsere Heimatpflege einen wichtigen Beitrag zur Erinnerungskultur“. Bezirksheimatpfleger Christoph Lang sagt: „NS-Verbrechen wurden nicht in weiter Ferne verübt, sondern vor unserer Haustüre. Unsere Publikation soll auf die vielen Schicksale verfolgter Menschen in Schwaben aufmerksam machen und weitere Projekte für die Erinnerungskultur anstoßen“.
Hier ist die Broschüre „NS-Erinnerungsorte“ erhältlich
Die Broschüre „NS-Erinnerungsorte“ ist im Rahmen des jährlichen Multiplikatoren-Kurses der Heimatpflege, „NS-Erinnerungsorte - sehen und verstehen“ entstanden. Vertreter der Erinnerungsorte haben sich an der Broschüre beteiligt. Das Heft liegt kostenfrei an ausgewählten Orten im Bezirk aus und kann über die Bezirksheimatpflege sowie die Pressestelle des Bezirks bezogen werden, per E-Mail an heimatpflege@bezirkschwaben.de oder telefonisch unter 0821/ 3101309. (AZ/kabe)
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