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Jonathan Löbert macht eine Ausbildung zum Orthopähdieschumacher in Neusäß

Neusäß

Schuhe für kranke Füße: Wie wird man Orthopädieschuhmacher?

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    Jonathan Löbert wird bei Aumann und Stuhler in Neusäß zum Orthopädieschuhmacher ausgebildet.
    Jonathan Löbert wird bei Aumann und Stuhler in Neusäß zum Orthopädieschuhmacher ausgebildet. Foto: Marcus Merk

    „Früher wurden die Schuhmacher immer für verrückt gehalten“, sagt Jonathan Löbert, während er die Sohle eines Schuhs mit Kleber bestreicht. Wegen der Kleberdämpfe, die sie bei ihrer Arbeit einatmeten, ergänzt er. Der 21-Jährige hat vor knapp drei Jahren seine Ausbildung zum Orthopädieschuhmacher begonnen. Und das, obwohl er ursprünglich nur für ein Praktikum bleiben wollte.

    Neusäß statt München, Orthopädieschuhmacher statt Theaterschuster

    Eigentlich habe er Theaterschumacher werden wollen, sagt Löbert, während der Kleber auf der Schuhsohle trocknet. „In München gibt es zwei Theater, an denen man so eine Ausbildung machen kann“, erklärt er. Dort Schuhe für verschiedene Aufführungen selber anzufertigen, sei eine sehr kreative Arbeit: „Das gefällt mir“, sagt Löbert, der schon seit vielen Jahren eine Leidenschaft für Schuhe hegt. In seiner Wohnung in Augsburg hat Löbert eine Nähmaschine, an der er sich seine Schuhe selber herstellt.

    Bevor er die Ausbildung an einem Theater in München begann, habe er aber noch ein Praktikum in dem Bereich machen wollen. „Um etwas mehr Erfahrung zu sammeln“, ergänzt er. Dieses Praktikum startete er 2021 bei den Orthopädieschuhtechnikern Aumann und Stuhler in Neusäß - und blieb dort bis heute. Jörg Aumann, einer der beiden Geschäftsführer des Betriebs, überzeugte Löbert zu einer Ausbildung.

    Orthopädieschuhmacher: Nur knapp 30 Auszubildende in ganz Bayern

    Damit lernt Löbert seit Oktober 2021 einen Beruf, den nur recht wenige junge Menschen ausüben. „In ganz Bayern gibt es etwa 30 Auszubildende im Bereich Orthopädieschuhmacher“, sagt Jörg Aumann. Damit stehe es um das Gewerbe allerdings noch deutlich besser als um den klassischen Schuhmacher, der langsam aber sicher von der Bildfläche verschwinde. Auszubildende werden in dem Beruf nahezu gar nicht mehr gesucht.

    Doch auch für Orthopädieschuhmacher ist die Azubi-Suche zunehmend schwierig geworden. „Wenn es genug Bewerber geben würde, würden wir auch zwei Auszubildende pro Lehrjahr einstellen“, sagt Aumann. Wie in den meisten Handwerksberufen fehle es aber auch hier an Nachwuchs. Daher bleibe es in der Regel bei einem Auszubildenden im Jahr.

    Orthopädische Schuhe für verschiedene Krankheiten

    Während der dreieinhalbjährigen Ausbildung lernt Jonathan Löbert, maßangefertigte orthopädische Schuhe anzufertigen. Vor allem Diabetiker sind auf diese in Schuhe angewiesen, da es bei der Krankheit zu Durchblutungs- und Empfindungsstörungen mit Geschwürbildung kommen kann. Aber auch Fußfehlstellungen oder Erkrankungen wie Rheuma kann mit den speziellen Schuhen entgegengewirkt werden.

    Etwa drei bis fünf Orthopädieschuhe fertigt Jonathan Löbert pro Woche.
    Etwa drei bis fünf Orthopädieschuhe fertigt Jonathan Löbert pro Woche. Foto: Marcus Merk

    Bis ein solcher orthopädischer Schuh fertig wird, sei viel Arbeit notwendig, erklärt Löbert. Zunächst wird die Fußform der Patienten eingemessen. Mit diesen Maßen wird zunächst ein Probeschuh aus Kunststoff angefertigt, den die Patienten noch einmal anprobieren können.

    Herstellung der orthopädischen Schuhe dauert mehrere Monate

    Erst wenn der Patient oder die Patientin mit dem Probeschuh zufrieden ist, wird mit der Produktion des eigentlichen Schuhs begonnen. Hierzu wird der Schaft, also der obere Teil des Schuhs, zusammengenäht, die Schuhsohle sowie der Absatz geklebt und beide Teile des Schuhs miteinander verbunden.

    Zwischen dem ersten Ausmessen der Füße und dem fertigen Schuh liegen mehrere Monate. „Viele Leute wissen wahrscheinlich gar nicht, wie viel Arbeit das ist“, sagt Löbert. Der Auszubildende wird vor allem in der Werkstatt eingesetzt, um die Schuhe zu fertigen. Kontakt zu den Patienten hat er nur wenig. „Das stört mich schon etwas“, sagt der Lehrling. Zwar gefalle ihm die Arbeit in der Werkstatt gut, den Kundenkontakt vermisse er allerdings etwas.

    Orthopädische Schuhe kosten bis zu 2500 Euro

    In der Werkstatt ist Löbert an allen Fertigungsschritten beteiligt. Immer wieder streicht er Kleber auf Fußsohlen, die er zuvor zurechtgeschnitten hat, und presst diese auf den Schaft des Schuhs. Den Feinschliff erhalten die Schuhe im Maschinenraum neben der Werkstatt. Dort bearbeitet Löbert letzte Ungenauigkeiten und gibt dem Schuh die finale Form.

    Drei bis fünf Schuhpaare stellt Löbert pro Woche fertig. All die Handarbeit hat allerdings seinen Preis: Zwischen 1200 und 2500 Euro kostet ein Paar, die meisten Modelle liegen bei etwa 1600 Euro. Den Großteil dieser Kosten übernimmt in der Regel aber die Krankenkasse.

    Jonathan Löbert verzichtete auf eine verkürzte Ausbildungszeit

    Seine Arbeit gefalle ihm gut, sagt Löbert. So gut, dass er darauf verzichtete, die Ausbildung auf drei Jahre zu verkürzen. „Die Ausbildung macht mir aktuell sehr viel Spaß. Und ich will in 20 Jahren nicht bereuen, dass ich sie zu früh beendet habe.“

    Der Kleber, der die Schuhmacher früher reihenweise verrückt werden ließ, ist inzwischen übrigens kein Problem mehr. Dafür sorgt eine spezielle Absauganlage in der Werkstatt. Mit dieser werden die giftigen Dämpfe sofort aus der Werkstatt abgezogen. „Wir werden also nicht mehr verrückt“, sagt Jonathan Löbert.

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