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Interview: Bürgermeister: „Bedingungen sind auch für Neusäß schwieriger geworden“

Interview

Bürgermeister: „Bedingungen sind auch für Neusäß schwieriger geworden“

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    Am kommenden Donnerstag wird der Neusässer Stadtrat über den Haushalt 2024 abstimmen. Die Eckpunkte erläutert Bürgermeister Richard Greiner.
    Am kommenden Donnerstag wird der Neusässer Stadtrat über den Haushalt 2024 abstimmen. Die Eckpunkte erläutert Bürgermeister Richard Greiner. Foto: Marcus Merk

    Herr Greiner, „Haushaltsverhandlungen“ sind in diesen Wochen in aller Munde, nachdem es in der Bundesregierung zu einer großen Fehleinschätzung gekommen ist. War es auch in Neusäß so schwierig, den Etat 2024 vorzubereiten?
    RICHARD GREINER: Ganz klar ist: Die Situation ist auch in Neusäß nicht mehr so wie in den Vorjahren, und die Rahmenbedingungen sind schwieriger geworden. Doch wir konnten in drei vorbereitenden Sitzungen im Finanzausschuss verantwortungsbewusst konstruktive Gespräche führen, sodass ich davon ausgehe, dass der Haushalt für 2024 auf der Stadtratssitzung am Donnerstag, 21. Dezember, mit einer breiten Mehrheit beschlossen werden kann. Das Gesamtvolumen steigt von rund 75 auf mehr als 85 Millionen Euro.

    In Neusäß wird das Feuerwehrhaus durch einen Neubau ersetzt.
    In Neusäß wird das Feuerwehrhaus durch einen Neubau ersetzt. Foto: Marcus Merk

    Was sind die wichtigsten Vorhaben der Stadt?
    GEINER: Das sind im Wesentlichen fünf größere Projekte. Als Erstes werden wir im Frühjahr 2024 mit dem Neubau der Grundschule Westheim mit Ganztagsbetreuung und Turnhalle sowie der Feuerwehr beginnen, dafür muss zunächst die Interimsschule auf der Seitz-Wiese erstellt werden. Seit Montag erfolgen dort die ersten Erdarbeiten. Dieses Vorhaben wird uns finanztechnisch bis 2027 beschäftigen und ist insgesamt auf 26,4 Millionen Euro kalkuliert, im nächsten Jahr werden bereits 7,8 Millionen Euro fällig. Eigentlich wollten wir in

    Und die weiteren Großprojekte?
    GREINER: Das erste davon hatten wir bis vor einigen Monaten noch gar nicht in den Finanzplanungen. Es geht um eine neue Kindertagesstätte an der Landrat-Dr.-Frey-Straße. Für die Kita soll der Weg auf der Sitzung des Stadtrats am Donnerstag frei gemacht werden, weil wir weitere Betreuungsplätze benötigen und hier Handlungsbedarf haben. Für das Projekt sind im Jahr 2024 bereits 150.000 Euro an Planungskosten vorgesehen, insgesamt könnte es rund fünf Millionen Euro kosten. Und dann sind im Bereich Tiefbau noch der Stadtplatz beim Schuster-Areal vor dem neuen Wolf-Café und der Tunnel an der Entlastungsstraße in Planung. Dieser muss ertüchtigt werden, um künftig die Staatsstraße über diese Strecke führen zu können. Hier soll die Planung beginnen, für die 200.000 Euro bereitgestellt werden. 

    Die Grundschule und das Feuerwehrhaus in Westheim werden in den nächsten Jahren neu gebaut.
    Die Grundschule und das Feuerwehrhaus in Westheim werden in den nächsten Jahren neu gebaut. Foto: Marcus Merk

    Das sind fünf große Bauvorhaben, fast zeitgleich. Ist das zu schaffen?
    GREINER: Es handelt sich sicher um ein sehr ambitioniertes Programm, das uns auch personell fordern wird. Aber es geht um wichtige Zukunftsinvestitionen in Bildung, Betreuung, Sicherheit und Nachhaltigkeit. DATAWRAPPER So viele Maßnahmen zur Klimaanpassung wurden in den bayerischen Landkreisen umgesetztWir agieren antizyklisch und arbeiten in sich rückläufig entwickelnde Baukosten hinein. Finanziell hat Neusäß dafür vorgesorgt und Rücklagen von rund 35 Millionen Euro aufgebaut. Wir haben keine Schulden und keine offenen Forderungen, eine Zuführung vom Verwaltungs- zum Vermögenshaushalt wird auch 2024 möglich sein. Klar ist aber auch, dass wir mittelfristig nicht alles aus der Portokasse finanzieren können und Kredite aufnehmen werden. Das ist für ein Investitionsprogramm dieser Größe aber auch nachvollziehbar. 

    Beim Thema Energiekosten müssen wir auf das Freizeitbad Titania zu sprechen kommen. 
    GREINER: Richtig. Im Jahr 2022 haben wir 1,1 Millionen Euro für Gas ausgegeben, der Ansatz für 2023 war dann aufgrund der gestiegenen Kosten bei Gas und Strom bei 2,55 Millionen Euro. Inzwischen ist Gas wieder etwas günstiger, sodass wir Stand November 1,3 Millionen Euro im laufenden Jahr bezahlt haben. DATAWRAPPER GRAFIK Stromerzeugung in Deutschland (aktualisieren wir einmal am Tag)Im Vergleich zum Vor-Corona-Niveau nach wie vor hohe, mit Blick auf die zwischenzeitliche Preisspitze aber deutlich bessere Preise konnten wir rechtzeitig für das gesamte Jahr 2024 sichern. Aber es muss uns allen klar sein, dass wir auf jeden Euro angewiesen sind, um das Bad am Laufen zu halten. Deshalb sind wir auch nicht umhingekommen, im Dezember die Eintrittspreise moderat anzupassen.

    Wobei die Besucherinnen und Besucher vielleicht nicht wissen, warum sie nun mehr bezahlen.
    GREINER: Einen spürbaren „Mehrwert“ haben sie nicht, das stimmt. Das ist bei steigender Kostenstruktur aber auch nicht anders darstellbar und übrigens nicht nur hier so. Auch im öffentlichen Dienst wie bei vielen Unternehmen steigen die Personalausgaben, in Neusäß gegenüber heuer im nächsten Jahr um mehr als eine Million Euro. Das ist eine Folge der Tariferhöhungen. Diese sind sicher notwendig, weil ja die Lebenshaltungskosten gestiegen sind und die Menschen einen Inflationsausgleich benötigen. Allerdings spürt der Bürger dabei keinen besonderen Effekt, weil es ja keine zusätzliche Stelle und damit auch nicht mehr Dienstleistung gibt. Und die Million fehlt halt für Investitionen, Zuschüsse oder einfach nur für die Bildung von Rücklagen für künftige Vorhaben. 

    Worauf müssen sich die Bürgerinnen und Bürger außerdem einstellen?
    GREINER: Wie ich schon gesagt habe, es wird nicht mehr alles möglich sein, Kommunen können nicht mehr jeden Service kostenlos zur Verfügung stellen. Solange es noch geht, wollen wir das gesellschaftliche Leben unbedingt fördern und wünschenswerte Projekte weiter unterstützen. Wir werden uns aber verstärkt auf die Pflichtaufgaben konzentrieren und bei den sogenannten freiwilligen Leistungen immer mehr schauen müssen, was noch geht und was nicht. 

    Zur Person

    Richard Greiner (51) ist seit 2014 Bürgermeister von Neusäß. Er gehört der CSU an.

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