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Interview: AVV-Chefin: „Neuer Fahrplan soll helfen, Angebot stabil aufrecht zu halten“

Interview

AVV-Chefin: „Neuer Fahrplan soll helfen, Angebot stabil aufrecht zu halten“

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    AVV-Geschäftsführerin Linda Kisabaka kündigt ein deutlich ausgeweitetes Angebot der Busse im südlichen Landkreis für den Fahrplanwechsel an.
    AVV-Geschäftsführerin Linda Kisabaka kündigt ein deutlich ausgeweitetes Angebot der Busse im südlichen Landkreis für den Fahrplanwechsel an. Foto: Marcus Merk

    Frau Kisabaka, am kommenden Sonntag, 10. Dezember, ist europaweit der Termin für den Fahrplanwechsel im öffentlichen Nah- und Fernverkehr. Beim AVV wurden zu diesem Termin tiefgreifende Veränderungen angekündigt. Was ändert sich nun hauptsächlich?
    LINDA KISABAKA: Für unsere Kundinnen und Kunden gibt es gute Nachrichten: Das Angebot wird vergrößert. Das betrifft vorrangig den südlichen Landkreis Augsburg und Teile des Landkreises Aichach-Friedberg. Im

    Und wer nicht ins Zentrum der Städte im südlichen Landkreis möchte, sondern sein Ziel ein wenig außerhalb hat?
    KISABAKA: Die Hauptlinien werden von den Taktlinien ergänzt. Diese Taktlinien fahren montags bis freitags stündlich und samstags alle zwei Stunden. Die dritte Ergänzungsstufe ist dann der Linienbedarfsverkehr, der AktiVVO. Diese Kleinbusse fahren ohne festen Fahrplan und ohne feste Route in Zeiten, in denen es kein Linienangebot gibt. Im Holzwinkel gibt es bereits in Pilotprojekt. So soll der AktiVVO jetzt auch im südlichen Landkreis funktionieren: Ich gebe telefonisch oder, noch besser, über eine App meinen Fahrtwunsch durch. Dann werden ähnliche Fahrten gebündelt, der Kleinbus kommt in der Regel einmal in der Stunde. 

    Klingt kompliziert.
    KISABAKA: Ist es in der Durchführung aber nicht. Die Buchung über die AktiVVo-App im Smartphone hat den Vorteil, dass ich ganz einfach über meine Fahrmöglichkeit informiert werde, wenn die Verbindung steht oder kleinere Änderungen der Fahrzeit nötig werden.

    Was wird noch neu sein?
    KISABAKA: Wir konnten erreichen, dass die Nachtbuslinien 797 nach Untermeitingen und 798 nach Königsbrunn ab Fahrplanwechsel ab Augsburg, Hauptbahnhof starten und künftig Nachtschwärmer ohne Umstieg nach Hause bringen können. Aber wir haben jetzt viel über den südlichen Landkreis

    Das klingt jetzt fast so, als habe es die Schwierigkeiten der vergangenen Monate überhaupt nicht gegeben. Immer wieder mussten Fahrten kurzfristig abgesagt werden, weil Fahrer fehlten. Die Integration des Schulbusverkehrs rund Schwabmünchen in den regulären Fahrplan lief nicht reibungslos. Und angekündigt war zudem ein ausgedünnter Fahrplan ab dem 10. Dezember.
    KISABAKA: Zuerst zum letzten Punkt: Ja, an einigen Stellen wird das Angebot auch verringert. Wir haben uns die Auslastung auf den einzelnen Linien zu unterschiedlichen Tageszeiten angesehen. Teilweise fallen nun Fahrten weg oder werden zusammengefasst. Das hängt nicht nur mit der Wirtschaftlichkeit zusammen. Sie hatten zudem den Fahrermangel angesprochen. Den gibt es. Der veränderte Fahrplan soll dazu beitragen, das Angebot stabil aufrechterhalten zu können, auch wenn eine Reihe von Fahrern erkrankt sind. Was ich zugeben muss: Der Start des Linienverkehrs zum Schulzentrum in Schwabmünchen lief nicht reibungslos. Einige Fahrer kannten ihre Routen nicht, auch gerade die jüngeren Kinder wussten nicht, wo sie hinmussten. Und dann fiel auch noch am ersten Tag die Technik aus. Das war alles sehr unglücklich.

    Die Vorkommnisse sind aber vielleicht auch symptomatisch für die knappe Kalkulation im öffentlichen Personennahverkehr. Für Aufregung hatte nicht nur rund um Schwabmünchen, sondern auch im Stadtberger Stadtteil Deuringen vor ein paar Wochen gesorgt, dass Schulkinder auf dem Weg zum Schmuttertal-Gymnasium nicht mehr in den schon vollen Bus einsteigen konnten. Dieser fuhr dann weiter und ließ die Kinder stehen. Der Stadtberger Bürgermeister Paulus Metz sagte, er finde es überhaupt nicht gut, dass es nicht einmal eine Kommunikation darüber gab, dass an der Haltestelle Kinder stehen geblieben sind. 
    KISABAKA: Aber was wäre denn die Lösung gewesen, wenn sich der Fahrer in der Zentrale gemeldet hätte? Dort sitzt in Zeiten des Fahrermangels auch kein Fahrer, der schnell einspringen kann. Das Problem ist nun aber dauerhaft gelöst, es gibt zwei planmäßige Verstärkerbusse.

    Linda Kisabaka
    Linda Kisabaka Foto: Marcus Merk

     
    LAURA ZIEGELMEIER: Solche Lösungen benötigen aber Zeit. Zunächst musste der Bedarf erkundet werden. Dann hatten wir die Schwierigkeit, dass wir nur Angebote im sechsstelligen Bereich erhalten haben. Nur über eine dringliche Anordnung konnte der Auftrag so schnell vergeben und die Busse bereits nach den Herbstferien eingesetzt werden.

    Der Fahrermangel ist und bleibt also der Dreh- und Angelpunkt des ÖPNV-Angebots. Wo finden sie denn noch Nachwuchs?
    KISABAKA: Unsere Partnerunternehmen haben gute Strategien. Unter anderem suchen sie im Ausland. Kleinere Partnerunternehmen unterstützen wir beispielsweise im Marketing. Die jüngste Tariflohnerhöhung macht den Beruf attraktiver. Dazu tragen auch die planbaren Schichten bei, die unser veränderter Fahrplan bietet. Verabschieden muss man sich aber vom Bild des Busfahrers als Reisebegleiter, der gerne und sachkundig auf alle Fragen Auskunft gibt. Das ist einfach nicht mehr leistbar. Unsere Fahrer sind auch bei Eisregen und nachts unterwegs. Das ist ein wertvoller Beruf, das macht gerade der aktuelle Fachkräftemangel deutlich. 

    Können Zukunftsmodelle wie fahrerlose Busse helfen?
    KISABAKA: Solche Modelle gibt es bereits im Schienenverkehr, etwa in der Metro in Paris. Dass Systeme auch mit Bussen getestet werden, ist wichtig und richtig. Aber mittel- und sogar langfristig wird das keine Lösung sein.

    Und ihre Kundinnen und Kunden, was macht den ÖPNV für die attraktiv?
    KISABAKA: Da gibt es zwei grundlegende Voraussetzungen: das Angebot und der Preis. Über das erweiterte Angebot haben wir schon gesprochen.

    Thema Preis: Da ist zum Fahrplanwechsel eine Tariferhöhung angekündigt.
    KISABAKA: Für Gelegenheitsfahrer mit Einzel-, Tages- und Streifenkarten, stimmt das. Aber wir haben jetzt das Deutschlandticket, das wirklich sehr attraktiv für Pendlerinnen und

    Immer wieder ins Spiel gebracht wird sogar ein komplett kostenloser öffentlicher Personennahverkehr.
    ZIEGELMEIER: Das muss man zu Ende denken. Der Nahverkehr ist immer noch eine freiwillige Leistung der Landkreise. Die müssten den „kostenlosen“ ÖPNV bezahlen. Das würde eine höhere Kreisumlage und damit höhere Steuern bedeuten. Am Ende bezahlt also doch wieder der Bürger.

    Zur Person

    Die promovierte Ökonomin Linda Kisabaka leitet den Nahverkehrszusammenschluss AVV Augsburg seit knapp zwei Jahren. Als junge Frau war sie zudem Profisportlerin. Ihr Ziel ist es, Mobilität im AVV zukunftsgerecht zu gestalten. Laura Ziegelmeier ist ÖPNV-Beauftragte im Landratsamt Augburg.

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