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Igelhilfe Neusäß schlägt Alarm: Moderne Gartengeräte verletzen kleine Tiere schwer

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Igelhilfe Neusäß schlägt Alarm: Moderne Gartengeräte verletzen kleine Tiere schwer

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    Hannelore Pentenrieder aus Neusäß hat mittlerweile 400 schwer verletzte Igel pro Jahr medizinisch zu versorgen. Dazu gehören vor allem Verletzungen, die von modernen Gartengeräten verursacht werden. Diesen Igel hat es an einem Bein erwischt.
    Hannelore Pentenrieder aus Neusäß hat mittlerweile 400 schwer verletzte Igel pro Jahr medizinisch zu versorgen. Dazu gehören vor allem Verletzungen, die von modernen Gartengeräten verursacht werden. Diesen Igel hat es an einem Bein erwischt. Foto: Daniela Ziegler

    „Es ist eine Minute vor Zwölf!“, sagt Karl-Heinz Pentenrieder. „Denn wir sind kurz davor, den Igel auszurotten!“ Zusammen mit seiner Frau Hannelore betreibt der Neusässer Rentner seit 32 Jahren eine medizinische Rettungsstation für die kleinen, stacheligen Naturbewohner, welche aber mittlerweile mit rund 400 eingelieferten Tieren pro Jahr buchstäblich schon aus allen Nähten platzt. Dabei geht es nicht mehr allein um zu kleine Igelbabys, die zu leicht sind, den nächsten Winter zu überstehen. Immer häufiger werden den Pentenrieders verletzte Tiere gebracht. Und die Verletzungen der kleinen Stachelsäuger sind in der Tat äußerst unschön anzusehen – sie stammen insbesondere von modernen Gartengeräten wie Fadenschneidern, Motorsensen und automatischen Mährobotern, denen vor allem die unbeholfenen Igelsäuglinge nicht entfliehen können. Und selbst wenn deren kleine Körperchen den Mähvorgang selbst überleben sollten, steht ihre Zukunft durch die Zerstörung der Gartennester dennoch auf dem Spiel. „Der Mähroboter läuft vier- bis fünfmal in der Woche – und alles wird geschreddert!“, so Pentenrieder dazu.

    Hannelore Pentenrieder aus Neusäß hat mittlerweile 400 schwer verletzte Igel pro Jahr medizinisch zu versorgen. Dieser hat eine Verletzung am Kopf.
    Hannelore Pentenrieder aus Neusäß hat mittlerweile 400 schwer verletzte Igel pro Jahr medizinisch zu versorgen. Dieser hat eine Verletzung am Kopf. Foto: Daniela Ziegler

    Dass der Neusässer vom gemeinnützigen Verein Igelhilfe Schwaben in keinerlei Weise übertreibt, führen nun drei bundesweite Beschlüsse vor Augen, die jetzt direkt ineinandergreifen: Zum einen wurde der Igel tatsächlich bereits offiziell in die „Vorwarnstufe“ der Roten Liste der gefährdeten Tierarten aufgenommen und wird sich Experten zufolge in Kürze dort auch als „Bedrohte Tierart“ wiederfinden. Zum zweiten hat die Deutsche Wildtierstiftung den Igel als „Wildtier des Jahres 2024“ bestimmt – nicht zuletzt deshalb, um die Bevölkerung hinsichtlich dieser ernsthaften Situation nachdrücklich zu sensibilisieren. Und zum dritten hat sich nun auch die Bundesregierung der Mähroboter-Problematik angenommen: Es gilt als wahrscheinlich, dass zumindest ein Nachtfahrverbot für diese automatisierten Schreddermaschinen in die unmittelbar bevorstehende Novellierung des Bundesnaturschutzgesetzes aufgenommen wird.

    Auch die Bundespolitik interessiert sich für Igel

    Doch für das Ehepaar Pentenrieder spielt sich die menschliche Igel-Politik ohnehin nur im Hintergrund ab: Die beiden Neusässer haben rund um die Uhr damit zu tun, sämtliche eingelieferten Tiere medizinisch zu versorgen, am Leben zu erhalten, wieder zu einem schmerzfreien Leben nach Möglichkeit in freier Natur aufzupäppeln. Hannelore Pentenrieder hat alle Hände voll zu tun, um offene Brüche zu versorgen, aufgerissene Hautpartien zu pflegen und den völlig unterernährten Igelnachwuchs am Leben zu erhalten. Dabei geht es um 38 kranke und zum Teil schwer verletzte Tiere, die hier gleichzeitig untergebracht und versorgt werden können. „Das ist ein Vollzeitjob!“, so Hannelore Pentenrieder zu ihrer ehrenamtlichen Arbeit mit den Igelopfern. Und nicht nur das: „Die Medikamente werden durch Spenden finanziert. Wir müssen mindestens 27.000 Euro im Jahr zusammenbekommen.“

    Geheilte Igel werden in solchen Futterkästen im Garten ausgewildert.
    Geheilte Igel werden in solchen Futterkästen im Garten ausgewildert. Foto: Daniela Ziegler

    Aber immerhin: Sogar zwei regelrechte „Promis“ unter den kleinen Stacheltierchen hat das Ehepaar derzeitig in Pflege: Es sind die beiden Tiere des Fernsehmoderators und Frontsängers der Kult-Rockband „Eisbrecher“, die voraussichtlich in Bälde wieder gesund zu ihrem Ziehvater zurückkehren können. Ob es hingegen ein anderes Igel-Junges in der Aufzuchtstation am Ende schaffen wird, hängt buchstäblich noch vom berühmt-berüchtigten seidenen Faden ab: Es liegt mit geschlossenen Augen friedlich atmend, sein Essensnäpfchen greifend, im Regenerierungskasten und muss ganz besonders behutsam gepflegt werden – denn statt des für sein Alter üblichen Gewichts von 300 g bringt es gerade einmal 100 g auf die Waage. „Wir haben hier mittlerweile 80 Prozent Insektenschwund“, erklärt Karl-Heinz Pentenrieder. „Und das bedeutet nur noch 20 Prozent Nahrung für die Igel.“

    Wilde Ecken im Garten sind eine große Hilfe für Igel

    Doch jeder Gartenbesitzer und jede Gartenbesitzerin kann den Igeln helfen. Jeniver Clavi von der Deutschen Wildtierstiftung rät: „Wilde Ecken mit Hecken und aufgeschichteten Ästen und Zweigen schaffen, unter denen das Laub liegenbleibt. Denn hier tummeln sich Insekten und der Igel findet einen Platz zum Schlafen. Und Mähroboter in naturnahen Gärten sind natürlich ein No-Go!“

    Als Gartenbesitzer Igeln helfen

    Die Igelhilfe Schwaben sucht dringend nach Hausbesitzern, die einen Teil ihres Gartens als Auswilderungsplatz für geheilte Igel zur Verfügung stellen. Infos dazu erteilt das Neusässer Ehepaar Pentenrieder unter Telefon 0821/467569.

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