Ivan Kyambadde blickt vorsichtig entspannt drein. Mitte September hat er eine Verlängerung vom Ausländeramt bekommen. Die "Aussetzung der Abschiebung" gilt bis Mitte Dezember. So lange darf der 33-Jährige aus Uganda erst mal bleiben. Für Kyambadde, der in der Asylunterkunft in Ostendorf lebt, heißt das: Er kann seinem Job als Bundesfreiwilligendienstleistender beim Dominikus-Ringeisen-Werk (DRW) weiter nachgehen. Bis September hat der 33-Jährige dort in Vollzeit gearbeitet, nun hat er einen Teilzeit-Vertrag. Nach der Frühschicht in der Franziskuswohngruppe, in der Menschen in Holzen mit erworbener Hirnschädigung leben und begleitet werden, stehen ein Integrations- und ein Sprachkurs an. Der Mann aus Uganda nimmt sowohl am offiziellen Integrationskurs der Vhs Meitingen teil als auch am Online-Sprachkurs, der mittlerweile vom DRW organisiert und angeboten wird.
Der 33-Jährige ist "busy", also "beschäftigt", verrät er im Gespräch und findet das auch gut, denn es hilft ihm, mit der "schwierigen Situation" umzugehen. Die Angst davor, ausgewiesen zu werden. Die Unsicherheit, ob er alle drei Monate wieder einen Stempel ergattern kann, obgleich sein Vertrag beim DRW bis Ende Mai 2024 läuft, machen dem jungen Mann zu schaffen. Der Blick zurück – in eine Vergangenheit, die von Folter, der Angst vor einer Ausweisung und von dem Gefühl, den Vorgaben und Gesetzen ausgeliefert zu sein, gezeichnet ist – ist schwer für Ivan Kyambadde. Sichtlich mitgenommen berichtet er von den ersten Monaten in Deutschland, seiner Suche nach Schutz in der Schweiz, als der Asylantrag in Deutschland abgelehnt wurde, und seinem Re-Start in Deutschland, der weitere Herausforderungen aber auch Chancen für den Mann aus Uganda bereithalten sollte.
Fehlende Deutschkenntnisse waren anfangs eine Hürde
Die Idee, die knappe Personaldecke im DRW mit einem Mann aus Uganda zu entspannen, der kein Wort Deutsch sprechen konnte und auch mit Blick auf seine Hautfarbe auffallen würde, schien mutig. Zwei Tage sollte Ivan Kyambadde hospitieren, erinnert sich Nadine Bürle, die Teamleiterin in der Franziskuswohngruppe an die Idee, die Arnold Pfeiffer, der für die DRW-Region Augsburg-Nord verantwortlich zeichnet, ihr vorgeschlagen hat. Doch bereits bei der zweitägigen Hospitanz zeigte der 33-Jährige etwas, was man niemals lernen kann und was Ivan Kyambadde einfach so mitbrachte – "ein großes Herz und einen wertschätzenden Umgang mit den Menschen", verrät Nadine Bürle.
Vorbehalte seitens der Bewohner – in der Franziskusgruppe wohnen derzeit Männer mit erworbener Hirnschädigung – gab es nicht. Im Team hatten die Mitarbeitenden mal mehr und mal weniger Probleme mit der Kommunikation und der Verständigung. Und wie groß war die Herausforderung für den Mann aus Uganda? Ivan Kyambadde spricht von Angst, aber das nur kurz. Viel umfassender sind seine Beobachtungen vom fürsorglichen Umgang mit Menschen mit Behinderung, die er aus seiner Heimat nicht kannte, und von den Menschen, die ihn willkommen geheißen und ihm ein gutes Gefühl vermittelt haben.
Aktuell sind die Mitarbeitenden angehalten, mit Ivan Kyambadde Deutsch zu sprechen, damit er die Sprache schnell lernt. Darüber hinaus hat der 33-Jährige in der DRW-Wohngruppe die Dinge lernen können, die gut erklärbar sind, berichtet Nadine Bürle. Pflegerische Tätigkeiten und die Unterstützung bei tagtäglichen Aufgaben funktionieren mittlerweile Hand in Hand. Größer ist die Herausforderung dort, wo pädagogische Fachkenntnisse vermittelt werden sollen oder dann, wenn es um die Vielzahl von Auflagen geht, die beispielsweise zu den Themen Brandschutz, Deeskalation und Hygiene mitunter auch in speziellen Seminaren vermittelt werden.
Menschen geben dem Mann aus Uganda ein Gefühl der Sicherheit
Menschen, die sich für Ivan Kyambadde einsetzen, geben dem 33-Jährigen ein Gefühl von Sicherheit. Dankbar sei er etwa Gudrun Schmidbaur, die den Erstkontakt zum DRW vermittelt hat, privaten Kontakt hält und sich für den Asylbewerber einen Ausbildungsplatz wünscht, der eine Ausbildungsduldung erwirken würde, sodass Ivan Kyambadde nicht abgeschoben werden kann. DRW-Teamleiterin Nadine Bürle ermutige ihn zu offenen Gesprächen – auch und gerade wenn er sich traurig, müde, kaputt und auch verunsichert fühlt. Und auch mit Blick auf seine Lebensbedingungen, die nicht dazu geeignet sind, einen Vollzeitjob auszuführen und anschließend die deutsche Kultur und Sprache kennenzulernen, gibt es Hoffnung.
Zeitgleich muss Kyambadde warten – auf einen vielleicht nun doch positiven Bescheid zu seinem Asylantrag oder auf eine weitere "Aussetzung der Abschiebung", um die er spätestens im Dezember erneut bitten muss. Klappt das, freut sich der 33-Jährige auf die Weihnachtszeit mit den Bewohnern der Franziskusgruppe. Und trotz der Anspannung, die er spürt, seitdem er im Jahr 2018 seine Heimat verlassen hat, hat der 33-Jährige doch Hoffnung oder schmiedet zumindest Pläne. In seiner Heimat hat Kyambadde einst Pharmazie studiert. Gerne würde er in Deutschland eine Ausbildung zum Pharmazeutisch-technischen Assistenten (PTA) machen. Klappt das nicht, liebäugelt der Asylbewerber mit der Option, eine Ausbildung zum Heilerziehungspfleger (HEP) zu absolvieren. Eine Voraussetzung dafür – zwei Jahre Praxiserfahrung – hat er dann, im Mai 2024, in der Tasche, denn dann war er zwei Jahre lang Bundesfreiwilligendienstleistender beim DRW.