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Heretsried: Gericht verurteilt Jäger, der seinen Kollegen angeschossen hat

Heretsried

Gericht verurteilt Jäger, der seinen Kollegen angeschossen hat

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    Der Jäger, der seinem Kollegen in Heretsried ins Bein schoss, erhält eine Bewährungsstrafe.
    Der Jäger, der seinem Kollegen in Heretsried ins Bein schoss, erhält eine Bewährungsstrafe. Foto: Marcus Merk (Symbolbild)

    Ein Donnerstagmorgen im September 2021 am Rande eines Maisfelds in Heretsried: Ein Schuss fällt, Schmerzensschreie gellen. Ein Jäger (55) aus Wertingen hat einen Schuss abgegeben. In dem Maisfeld war aber nicht etwa ein Wildschwein, sondern ein Jägerkollege (38) unterwegs. Die Kugel traf ihn in den Oberschenkel. Seitdem leidet er unter den Folgen des Jagdunfalls. Jetzt hat das Augsburger Amtsgericht ein Urteil gefällt. 

    Der zweite Verhandlungstag im voll besetzten Amtsgerichtssaal begann, wie der erste geendet hatte: mit Plänkeleien zwischen der Verteidigung und der Nebenklage. Die hatte der Angeklagte bereits eingeräumt. In der Verhandlung ging es nun allein um die Strafe. 

    Trotzdem wurde das Video angeschaut, das einer der fünf Jagdbeteiligten mit einer Kamera-Drohne aufgenommen hatte. Dabei konnten sich Richterin Alexandra Lehner und die Prozessbeteiligten einen Eindruck vom Unfallgeschehen machen. Das Ansinnen der Rechtsanwälte, mit weiteren Beweisanträgen, gar mit Gutachten, weitere Aufklärung der schon gestandenen Unfallumstände zu schaffen, wandte die Richterin ab. 

    Staatsanwalt fordert zwölf Monate Haft auf Bewährung

    Staatsanwalt Philipp Bodenmiller stellte in seinem Plädoyer fest, dass aufgrund der Beschränkung des Einspruchs auf die Rechtsfolgen ein Geständnis vorliege, das ebenso positiv für den Angeklagten zu werten sei wie sein unbeflecktes Führungsregister oder seine Bereitschaft zu einem Täter-Opfer-Ausgleich. Es sei unstrittig, dass bei der Jagd damals nicht nach den üblichen Vorschriften gehandelt worden sei, sonst hätte es keinen Schwerverletzten geben dürfen. Das und ein Verstoß gegen die Sorgfaltspflicht habe der Strafbefehl beinhaltet, dessen Sanktionen Bodenmiller für angemessen hielt. Seine Forderung: Es soll bei der einjährigen Freiheitsstrafe bleiben. Dazu forderte er eine Geldauflage von 8000 Euro.

    Kritik an den Umständen der Jagd

    Kritik an den Umständen der Jagd vor zwei Jahren übte Nebenklagevertreter Heiko Granznin. Der angeklagte Jagdleiter habe leichtfertig "einfach in den Mais hineingeschossen". Granznin sprach von Vorsatz, wollte kein Versehen des 55-Jährigen erkennen. Einen ins Gespräch gebrachten Täter-Opfer-Ausgleich titulierte er als "Verächtlichmachung" seines Mandanten, der auf Krücken im Gerichtssaal erschien. Die angebotenen 50.000 Euro nannte er "Blutgeld". Im Verfahren sei für jeden klar zu erkennen gewesen, dass es dem Angeklagten vorrangig darum gehe, seinen Jagdschein zu behalten. Granznin forderte eine Freiheitsstrafe von 18 Monaten auf Bewährung. Alles darunter könne in Jagdkreisen als Freibrief dafür gesehen werden, freiweg irgendwo hinzuschießen, selbst wenn dadurch Menschen zu Schaden kämen.

    Verteidiger Marco Müller erklärte, seinem Mandanten sei klar, dass er einen schlimmen Unfall verursacht habe. Das habe er gestanden, dafür habe er um Verzeihung gebeten. Laut Müller sei bei der Aufarbeitung der Vorgänge gelogen worden, sei viel zu spät die Kriminalpolizei eingebunden worden. Müller forderte ebenso wie sein Verteidiger-Kollege Daniel Iven eine Geldstrafe für den 55-Jährigen. Nach Ivens Worten betreibe die Nebenklage "Brandstiftung" statt "Friedensstiftung". Ja, der Angeklagte habe sich der fahrlässigen Körperverletzung schuldig gemacht, aber eine Freiheitsstrafe sei überzogen.

    Angeklagter bittet um Verzeihung

    Der Angeklagte selbst bat die Familie des Opfers und den Geschädigten um Verzeihung: "Ich weiß, dass ich einen Fehler gemacht habe." Richterin Alexandra Lehner bestätigte in ihrem Urteil weitgehend die Sanktionen, die der Strafbefehl schon beinhaltete: Ein Jahr Freiheitsstrafe auf Bewährung. Als Bewährungsauflage verhängte sie die Geldauflage von 8000 Euro. 

    Die Richterin sagte, sie glaube dem Angeklagten, dass er nicht absichtlich auf seinen Kollegen geschossen habe, sie glaube ihm seine Reue und erkenne den Versuch eines Täter-Opfer-Ausgleichs an. Auf der anderen Seite stünden die Folgen seiner Verfehlung, unter denen der Geschädigte möglicherweise ein Leben lang zu leiden habe. Eine Verurteilung zu einem Jahr Freiheitsstrafe als Freibrief für Jäger zu sehen, wies die Richterin zurück. Sie bedauerte, dass der Angeklagte sich nicht zum größtmöglichen Opfer habe durchringen können, nämlich seinen Jagdschein abzugeben. Darüber habe aber letztlich nicht das Strafgericht zu befinden. Eine Entscheidung darüber treffe die zuständige Jagdbehörde.

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