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Heretsried: Alte Feldpostkarten aus Heretsried machen das Grauen des Kriegs begreifbar

Heretsried

Alte Feldpostkarten aus Heretsried machen das Grauen des Kriegs begreifbar

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    Sebastian Bernhard mit seinem neuen Buch. Darin finden sich die Inhalte etlicher Feldpostkarten aus dem Ersten und Zweiten Weltkrieg.
    Sebastian Bernhard mit seinem neuen Buch. Darin finden sich die Inhalte etlicher Feldpostkarten aus dem Ersten und Zweiten Weltkrieg. Foto: Marcus Merk

    "Wir sind schon drei Tage im Bunker", schreibt ein Soldat aus Heretsried. Es ist ein Tag im Februar 1945, wenige Monate vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Aus dem Bunker berichtet der Gefreite in einer Postkarte: "Rings um uns schlagen die Geschosse ein, den ganzen Tag und Nacht. Ununterbrochen schießt die Artillerie." Das Schreiben ist eines von Millionen, das zu dieser Zeit von der Front an die Familien in der Heimat geschickt wurde. "Wenn wir Pech haben, dann fängt uns der Russe in ein paar Tagen", ist auf der Karte zu lesen.

    Erinnerung an den Krieg: "Die Karten erinnern und ermahnen uns"

    Hunderte solche Feldpostkarten hat Sebastian Bernhard gesammelt und digitalisiert. Sie alle stammen von Familien aus Heretsried. Dabei herausgekommen ist ein Buch, durch das die Schrecken des Krieges begreifbar werden. "Die Karten erinnern und ermahnen uns heutige Menschen eindringlich wie wichtig und lohnend der Einsatz für den Frieden ist", sagt der Autor aus Heretsried. Die Karten stammen aus dem Ersten und Zweiten Weltkrieg. "Sie vermitteln einen detaillierten Bericht zum Verlauf des Krieges", sagt Bernhard. Und zwar sowohl aus der Sicht der Soldaten, als auch aus der von den Familien im Holzwinkel, die meistens den Betrieb auf den Bauernhöfen am Laufen halten mussten. Ein Großteil der Korrespondenz zwischen den Soldaten und deren Familien ging während des Krieges verloren, berichtet Bernhard: "Weil die Soldaten an der Front kaum Möglichkeit hatten, die Briefe aufzubewahren."

    Alle Feldpostkarten stammen von Familien aus Heretsried.
    Alle Feldpostkarten stammen von Familien aus Heretsried. Foto: Marcus Merk

    Der Hobbyhistoriker beschäftigt sich schon seit vielen Jahren mit der Geschichte seiner Heimat. Die Recherchen zu seinem aktuellen Projekt begannen mit der Lektüre eines alten Tagebuchs und noch etwa 60 erhaltenen Feldpostkarten seines Großvaters, erzählt der Heretsrieder. Die lieferten einen detaillierten Bericht über die Erlebnisse im Krieg, aber auch über die angespannte Situation zu Hause. "In einigen Briefen berichten die Soldaten von der Todesgefahr in den Weiten Russlands", erzählt Bernhard. In anderen ist die Zuversicht der Männer zu lesen. Fast immer enden die Schreiben mit der Hoffnung auf ein Wiedersehen. Bernhard: "Das waren Lebenszeichen in die Heimat, die dringend erwartet wurden."

    Soldaten berichten von ihren Erfahrungen an der Front

    Hunderte Feldpostkarten, Briefe und Tagebücher von Soldaten hat Sebastian gesammelt. Nun hat der Heretsrieder ein Buch dazu verfasst.
    Hunderte Feldpostkarten, Briefe und Tagebücher von Soldaten hat Sebastian gesammelt. Nun hat der Heretsrieder ein Buch dazu verfasst. Foto: Marcus Merk

    Einige der Karten gehen unter die Haut. "Es ist ganz schön in Frankreich, wenn die Kugeln und Granaten nicht so sausen würden", berichtet ein Soldat im Ersten Weltkrieg im März 1915. "Wir sind jetzt drei Tage im Schützengraben gewesen. Die Engländer sind nur hundert Meter von uns weg", berichtet er. Verzweifelt wendet er sich an seine Frau: "Da braucht man ein großes Glück, wenn man mit dem Leben davonkommt. Sei froh, dass du daheim bist, vom Krieg nichts weißt. Da gibt es keinen Sonntag mehr." Andere Schreiben drehen sich um die alltäglichen Nöte der Familien in der Heimat. "So schreibt eine Frau an ihren Mann an der Front, dass man ihn bei der Ernte dringend brauche. Sie fragt: "Heuer soll man keinen Kleesamen bekommen. Was ist da zu machen?"

    Buch soll die Sinnlosigkeit des Krieges deutlich machen

    Sebastian Bernhard hat all diese Botschaften gesammelt, die Karten eingescannt und die Texte digitalisiert. Einfach war das nicht, denn Karten sind zum Teil nur noch schwer zu lesen oder in alter Schrift geschrieben. So konnte Martin Jehle, Vorsitzender des Soldaten- und Kameradenvereins in Emersacker durch die Arbeit von Bernhard erstmals lesen, was sein Vater in einem Tagebuch hinterlassen hatte. "Mein Vater war im Frankreich-Feldzug", erinnert sich Jehle. "Er wurde angeschossen, schwer verwundet. Aber er hat überlebt." 1944 sei er vom Krieg zurückgekehrt. Über seine Erlebnisse im Krieg habe der Vater zwar nicht geschwiegen, vieles habe der Sohn aber erst durch das Tagebuch erfahren. Die Geschichten der Soldaten, die im Buch zu lesen sind, sollten ein Mahnmal für den Frieden sein, meint Jehle: "Wer die Vergangenheit nicht versteht, wird die Zukunft nicht bewältigen." Das, erzählt der Autor, sei auch sein Anliegen gewesen. Bernhard: "Wenn dieses Buch einen Sinn hat, dann den, über die Sinnlosigkeit des Krieges nachzudenken."

    Info: Vorgestellt wird das Buch "Feldpost der Gemeinde Heretsried aus zwei Weltkriegen" am Freitag, 26. August, bei der Eröffnung des Festwochenendes zum 100-jährigen Bestehen des Soldaten- und Kameradenvereins. Beginn ist um 19.30 Uhr im Heretsrieder Sportheim.

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