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Gessertshausen/Dirlewang: Schnitt für Schnitt: So kommt der Baum auf den Boden

Gessertshausen/Dirlewang

Schnitt für Schnitt: So kommt der Baum auf den Boden

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    Eine Spezialsäge schneidet Schicht um Schicht aus der Douglasie, die 100 Jahre nahe des Weiherhofs gewachsen ist. Wie viele Quadratmeter hochwertiges Parkett daraus werden, entscheidet sich später. Je nach Qualität lassen sich dann auch Preise von 150 Euro pro Quadratmeter und mehr erzielen. Einen Interessenten gibt es noch nicht.
    Eine Spezialsäge schneidet Schicht um Schicht aus der Douglasie, die 100 Jahre nahe des Weiherhofs gewachsen ist. Wie viele Quadratmeter hochwertiges Parkett daraus werden, entscheidet sich später. Je nach Qualität lassen sich dann auch Preise von 150 Euro pro Quadratmeter und mehr erzielen. Einen Interessenten gibt es noch nicht. Foto: Marcus Merk

    Sieben Millimeter. Immer wieder sieben Millimeter. So dünn sind die Lamellen, die horizontal aus der zehn Meter lange Douglasie gesägt werden. Einen ganzen Vormittag dauert es, bis der Stamm zerlegt ist. „Bei uns kommt es auf die Präzision an, nicht auf die Geschwindigkeit“, sagt Stephan Adler. Der Geschäftsführer des gleichnamigen Parkett-Werks in Dirlewang, zehn Autominuten von Mindelheim entfernt, hatte im Januar bei der Wertholzsubmission in Leipheim das Höchstgebot für den etwa 100 Jahre alten Baum abgegeben. Jetzt wird aus dem Stamm, der im Staatsforst nahe dem Weiherhof groß wurde, edles Parkett. Einen Kunden gibt es noch nicht. Es wird sich aber einer finden – da hat

    Die zehn Meter lange Kiste steht schon bereit

    Im Augenblick wird eine andere Douglasie verarbeitet, die für einen Boden in Dänemark bestimmt ist. In der Halle für Sonderfertigungen auf dem Gelände des Werks steht bereits die über zehn Meter lange Kiste für den Transport mit einem Sattelschlepper bereit. Und wenn es auf der Straße einmal nicht weitergeht: Für eine „Hütte“ in Kitzbühel oder St. Moritz wurden die Fußbodenbeläge schon einmal per Helikopter eingeflogen. Der spektakulärste

    Sieben Meter langes Eichenparkett musste in ein Luxusappartement im 47. Stock eines Hochhauses. Weil der Aufzug zu klein und der Anflug mit dem Helikopter nicht möglich war, wurden die langen Dielen mit dem Aufzug der Fensterputzer nach oben befördert – immer nur jeweils zwei Stück. Geschwindigkeit spielt keine Rolle. Was sind schon ein paar Minuten im Vergleich zu einem Baum, der 100 Jahre gewachsen ist? Kerzengerade ragte er im Kreuzholz am Hungerberg in den Himmel, als ihn die Staatsförster entdeckten und auswählten. Das war im Oktober.

    Dort kommen die besten Bäume einer Region zusammen

    Einen Monat später fällten ihn Forstwirtschaftsmeister Andreas Schedler mit seinen beiden Auszubildenden Pius Ihring und Simon Schlecht. Auf Länge gebracht, wurde der Stamm dann aus dem Wald gezogen und auf das Gelände der Wertholzsubmission nach Leipheim transportiert. Dort konnten sich die Interessenten die Stämme vorab anschauen und dann ein Gebot abgeben. Das höchste erhielt den Zuschlag: Bei Stephan Adler waren es 1500 Euro. Für ihn sind die Submissionen die „Hauptbezugsquelle“ – dort kommen die besten Bäume einer Region zusammen. 600 bis 700 Festmeter Rundholz werden im Parkettwerk, das vor Jahren auch noch Furnierholz herstellte, verarbeitet. Jetzt ist das „Stämmchen“, wie Adler die Douglasie liebevoll nennt, an der Reihe: Zuerst schneidet die horizontale Bandsäge die Panelle.

    Zweimal muss das Sägeblatt ausgetauscht werden – manchmal auch öfters. Adler erklärt: „Das kommt darauf an, wie viel Sand sich zum Beispiel in der Rinde befindet.“ Oder ob wieder einmal ein Granatsplitter aus dem Krieg im Holz steckt. Nach dem Sägen wird Lage um Lage getrocknet. Das Holz schwindet und verliert an Stärke. Für die Formstabilität wird später als Träger Fichte unter das Edelholz geleimt – mit 120 Grad in der Presse. Die Hitze kommt aus dem eigenen Kraftwerk, das mit Holzresten betrieben wird. Sollte eine Lamelle einmal ein Astloch haben: Dann wird eine andere Astscheibe eingepresst. Die meisten Adler-Dielen werden anschließend geschliffen und dann geölt, und zwar oxidativ. Das heißt, dass das Öl auf das Holz kommt und an der Luft trocknet statt mit UV-Licht. Es geht in die Poren und härtet aus. Und natürlich dürfen am Ende Nut und Feder nicht fehlen.

    „Es kommen zum Teil absurde Wünsche“

    Wie das Parkett letztlich aussieht, entscheidet der Kunde. Bei den Bestellungen gibt es fast nichts, was es nicht gibt. „Es kommen zum Teil absurde Wünsche“, sagt Annette Adler und erinnert sich an eine Douglasie mit Metalleffekt – den eher dunklen Überzug erzielten die Mitarbeiter des Werks mit einem Silberöl. Am besten verkaufe sich aber die weiß geölte, leicht gebürstete Landhausdiele, die in der Halle für Serienproduktion entsteht. Auch wenn der Baum tot ist, lebt er doch am Boden weiter, findet Kommentar

    Serie: In der Serie „Aus dem Wald in die Welt“ wurde der Weg der Douglasie beschrieben. Ganz zu Ende ist dieser nicht: Sobald das Parkett aus dem Stamm verkauft und verlegt ist, wollen wir noch einmal berichten – egal, wohin in der Welt es die Douglasie verschlägt.

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