Herr Astor, Sie sind Kabarettist und Musiker. Wie blicken Sie auf Ihre bisherige Karriere zurück?
WILLY ASTOR: Ich hatte rückblickend sehr viel Glück. Das kam irgendwann zu mir, weil ich es durch meinen Willen herausgefordert habe, als Künstler überleben zu wollen. Ich war irgendwann besessen von meiner Arbeit, und die vielen schlecht besuchten Auftritte in den ersten acht bis neun Jahren haben mich dennoch nicht entmutigt. Glück ist eben, wenn Zufall auf Bereitschaft trifft. Und jetzt sind es im Jahr 2025 schon 40 Jahre, in denen ich von meiner Kunst leben und nebenbei eine Familie mit drei Kindern ernähren kann.
Kabarett und Musik - das eine geht bei Ihnen nicht ohne das andere, oder?
WILLY ASTOR: Nein, das ist tatsächlich so. Ich brauche die Farben in meinem Schaffen. Über so viele Jahre hinweg ausschließlich als Stand-up-Künstler kreativ zu bleiben, wäre für mich unmöglich – das wäre mir zu eindimensional. Große Künstler wie Goethe oder Leonardo da Vinci waren vielschichtig begabte Menschen, und genau das habe ich mir zum Vorbild genommen. Am besten dazu passt das Credo des Bauhaus-Gründers Walter Gropius: „Meine Lieblingsfarbe ist bunt.“ So entstanden meine Zusatzprojekte wie Sound oft Islands, Kindischer Ozean oder Stücke wie Der Stern des Südens. Natürlich bleibt die Komik – die „Komödianterie“ – mein Zentrum und meine Basis.
Bekannt wurden Sie ab den frühen 1990er-Jahren vor allem durch Ihre wortspielerischen Kabarett-Nummern, bei denen Sie gleich oder ähnlich klingende Wörter in an sich sachfremde Texte verpacken. Passiert Ihnen das heute noch privat?
WILLY ASTOR: Ja klar, meinem Geist ist es doch egal, ob ich privat bin oder nicht – ich bin ein Getriebener und habe ständig die Antennen nach Schabernack ausgefahren.
Sind Sie privat auch ein durch und durch humorvoller Mensch?
WILLY ASTOR: Die einen sagen so, die anderen so. Natürlich ist auch oft der Alltag mein Feind, der sich mächtig mir entgegenstellt. Da gilt es, möglichst gelassen zu bleiben – das gelingt manchmal nur in wenigen Momenten. So ist das Leben halt auch. Oft hilft es nicht, Humorist zu sein. Eventuell kann man krasse Begebenheiten im Nachhinein satirisch ausschlachten – das ist dann ein Win-Win. Das Leben ist halt schon manchmal Wahnsinn. (lacht)
Gibt es eigentlich No-Go-Themen bei Ihnen?
WILLY ASTOR: Ich versuche, Menschen nicht zu verletzen, und ja, ich suche mir die Themen aus, die ich vertreten möchte, und vertraue dabei auf meinen Spürsinn.
Ihre Texte entstehen nach dem deutschen Reimheitsgebot. Wie entsteht bei Ihnen ein guter Reim?
WILLY ASTOR: Ich reime einfach, wenn ich Bilder im Kopf hab, zum Beispiel: „Kommt Verwandtschaft in dein Haus, und du denkst dir nur: Nichts wie raus! Doch es ist zu spät zu gehen, denn in der Diele bleiben Tanten stehen.“ Oder ich schüttle so lange, bis sich etwas reimt. Nur die wirklich guten schaffen es auf die Bühne, und wenn das Publikum lacht, dürfen sie im Programm bleiben.
Kann Kabarett über die schlimme Lage auf der Welt ablenken? Zuletzt etwa das schreckliche Attentat in Magdeburg.
WILLY ASTOR: Das wäre anmaßend, das zu glauben. Magdeburg zeigt doch eins: Dass die Deppen leider nicht aussterben, sondern sich scheinbar noch vermehren. Ich wäre am Ende eines Abends vielleicht auf so etwas eingegangen, aber nicht am Anfang.
Die AfD ist die zweitstärkste Kraft im Land. Macht Sie das mit Ihrem Humor nicht auch sprachlos?
WILLY ASTOR: Ich habe ein Gedicht über die AfD geschrieben, das bei den Menschen sehr gut ankommt. Das Thema habe ich mit Humor gewürzt, und die Pointe sitzt. Nur mit Humor kann ich solchen Dingen begegnen – nicht mit bloßem Kopfschütteln.
Wie schaffen Sie es, eine emotionale Verbindung zu Ihrem Publikum herzustellen?
WILLY ASTOR: Ein Abend mit meinem Publikum bedeutet: Die Leute können mal loslassen, ihre Sorgen an der Garderobe vergessen, lachen, schmunzeln. Sie nehmen sich bei den Händen, und am Ende wird es bei mir ohnehin romantisch – durch Balladen und mein Instrumentalstück Nautilus. Wenn die Menschen dann im Foyer glücklich an mir vorbei nach draußen schlendern, bin ich der glücklichste Mensch der Welt. Glück ist doch am schönsten, wenn man es teilt.
Gibt es eine Anekdote aus Ihrem Bühnenleben als Kabarettist?
WILLY ASTOR: Einige, auch ein paar weniger lustige – ich habe auch schon mal vergessen, zu einem Auftritt zu fahren – unzählige Dinge habe ich in Hotelzimmern liegen lassen… Die pikanten Geschichten werde ich hier aber nicht ausplaudern. (schmunzelt)
Otto war früher Ihr Idol. Wer ist es heute und warum?
WILLY ASTOR: Otto ist immer noch mein Idol, weil er auch der Erste war, der richtig guten Nonsens auf die Live-Bühne als Derwisch gebracht hat und dabei bis heute unverschämt gut Gitarre spielt. Und jetzt ist er mein Freund und Kollege – ist das nicht wahnsinnig? Ich bewundere ansonsten sehr viele Komödianten, wie zum Beispiel Loriot und Rowan Atkinson.
Wie beurteilen Sie heute die Kabarett-Szene?
WILLY ASTOR: Da ist viel Schönes dabei – viele brauchen noch neun harte Winter. Zwei gute Nummern im Fernsehen machen noch keine Substanz. Es gibt leider wenige Kollegen mit echtem Mutterwitz, wie zum Beispiel Olaf Schubert, Badesalz oder Piet Klocke.
Sie kommen nach Gersthofen, spielen dort gleich zweimal an einem Tag. Gibt es eine besondere Geschichte zu Gersthofen?
WILLY ASTOR: Gersthofen ist meine absolute Lieblingsstadt in Deutschland.
Ein Konzert ist nur für Kinder mit dem Titel „Kindischer Ozean Lauschliedergeschichten aus dem Einfallsreich“. Was erwartet die Kids?
WILLY ASTOR: Ja, das hat sich gut ergeben, da meine Kindische-Ozean-Band an dem Tag Zeit hat. Kommen Sie ruhig vorbei – diese Show ist eine Party und sehr lustig, wenn alle mitsingen. Der Kindische Ozean ist auch schon seit zehn Jahren unterwegs und hat sich zu einem Klassiker in meiner Sammlung entwickelt.
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