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Gersthofen: Vor 40 Jahren fiel die Entscheidung fürs Ballonmuseum

Gersthofen

Vor 40 Jahren fiel die Entscheidung fürs Ballonmuseum

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    2012 schwebte ein neuer Ballon ins Gersthofer Ballonmuseum. Die Entscheidung für das Museum im Wasserturm fiel 1984, genau vor 40 Jahren. 2003 kam dann der Anbau mit der Stadtbibliothek hinzu.
    2012 schwebte ein neuer Ballon ins Gersthofer Ballonmuseum. Die Entscheidung für das Museum im Wasserturm fiel 1984, genau vor 40 Jahren. 2003 kam dann der Anbau mit der Stadtbibliothek hinzu. Foto: Marcus Merk

    Eigentlich waren die letzten Tage des Gersthofer Wasserturmes schon gezählt. Nicht der Erhalt, sondern der Abriss war jahrelang die Beschlusslage des Gersthofer Stadtrats zur Zukunft des vom Verfall bedrohten historischen Bauwerks. Das dreißig Meter hohe achteckige Gebäude aus dem Jahr 1906, eine ingenieurtechnische Spitzenleistung damaliger Zeit, hatte ab Mitte der Sechzigerjahre in seiner Funktion als Wasserreservoir ausgedient. Mangels besonderer Ideen für eine andere wirtschaftliche Nutzung bot die damalige Marktgemeinde Gersthofen im Jahr 1969 den Wasserturm öffentlich sogar zu Werbezwecken an. In einer Anzeige wurde darauf hingewiesen, dass bei der vorhandenen Turmhöhe vor allem Leuchtreklamen gut zur Geltung kämen. Interessenten für dieses Angebot gab es allerdings keine und der Turm stand von vielen Tauben belagert weiter ungenützt da.

    Da war der Anbau für das Ballonmuseum noch ganz neu: 2005 fand die erste Gersthofer Museumsnacht stattt. Der Wasserturm stand dabei im Mittelpunkt.
    Da war der Anbau für das Ballonmuseum noch ganz neu: 2005 fand die erste Gersthofer Museumsnacht stattt. Der Wasserturm stand dabei im Mittelpunkt. Foto: Foto: Stadt Gersthofen
    Bis zu 1000 Tiere wurden beim Gersthofer Viehmarkt verhandelt. Im Hintergrund ist der 1906 erbaute Wasserturm zu sehen. Er sollte eigentlich schon rund 60 Jahre später abgerissen werden. Heute ist dort das Ballonmuseum zu finden.
    Bis zu 1000 Tiere wurden beim Gersthofer Viehmarkt verhandelt. Im Hintergrund ist der 1906 erbaute Wasserturm zu sehen. Er sollte eigentlich schon rund 60 Jahre später abgerissen werden. Heute ist dort das Ballonmuseum zu finden. Foto: Stadtarchiv Gersthofen

    Sprichwörtlich „Kommt Zeit, kommt Rat“ änderte sich dann vor vierzig Jahren im September 1984 plötzlich die Situation. Und das auch, weil immer mehr Stimmen aus der Bevölkerung zum Erhalt des Wasserturms laut wurden. Bei der Entwicklung der Zielvorstellungen für den Stadtkern und der Überplanung des Bereichs westlich des Rathauses erlangte plötzlich der Wasserturm eine besondere Bedeutung. Der Vorschlag der Planer war, das Gersthofer Wahrzeichen weiterhin zu erhalten und in die künftige städtebauliche Entwicklung einzubinden.

    Der Ballonfahrer Alfred Eckert verkaufte seine Sammlung nach Gersthofen

    Der damalige Bürgermeister Siegfried Deffner und Stadtbaumeister Hermann Meichelböck hielten einen sanierten und umgebauten alten Wasserturm für sinnvoll. So beschloss der Stadtrat am 26. September 1984 einstimmig, dass der alte Wasserturm zu einem Ballonmuseum umgebaut wird. Hintergrund war der Ankauf der Sammlung des bekannten Augsburger Ballonfahrers Alfred Eckert. Die Nachricht „Ballonmuseum landet jetzt in Gersthofen“ sorgte für eine große Überraschung, denn auch die Stadt Königsbrunn verfolgte Planungen für ein Freiballonmuseum. Doch Eckert traf die Entscheidung selbst: „Gersthofen ist mir lieber, weil diese Stadt lange Beziehungen zum Ballonsport hat“, sagte er. Zwar wäre ihm Augsburg noch lieber gewesen. Doch die Stadt Augsburg hatte aus finanziellen Gründen bereits im Jahr 1981 abgewinkt. 

    Vor gut 40 Jahren sah die Bahnhofstraße in Gersthofen noch ganz anders aus. Erst in den folgenden Jahren folgte der Ausbau.
    Vor gut 40 Jahren sah die Bahnhofstraße in Gersthofen noch ganz anders aus. Erst in den folgenden Jahren folgte der Ausbau. Foto: Heinrich Mayr

    Noch im Dezember 1981 gab es in Königsbrunn grünes Licht für einen Museumsgestaltungs-Wettbewerb. Dieser brachte als Ergebnis jedoch eine erhebliche Steigerung der Kosten für einen Museumsbau von ursprünglich drei auf über 15 Millionen Mark. Diese Summe war der Stadt Königsbrunn schließlich doch zu hoch. Vielleicht in sechs Jahren, so wurde Alfred Eckert vertröstet, könnte man an eine Verwirklichung denken. In dieser Ungewissheit sah der engagierte Ballonfahrer seine Museumsträume dahinschwinden.

    Schon nach gut einem Jahr konnte das Museum eröffnet werden

    Bei einem zufälligen Zusammentreffen mit dem damaligen Gersthofer Stadtbaumeister Hermann Meichelböck kam der Gersthofer Wasserturm ins Gespräch, der ja ohnehin zur Sanierung anstand. Die Gelegenheit, das alte Bauwerk einer neuen Nutzung sinnvoll zuzuführen, ließ sich spontan begeistert der damalige Bürgermeister Siegfried Deffner nicht entgehen. Für ein Ballonmuseum in Gersthofen gab es schließlich genügend gute Gründe. „Nicht nur Welt- und Europameisterschaften mit Start auf Europas größtem Ballonstartplatz an der Via Claudia begründeten einen guten Ruf der Stadt als das Mekka unter den Ballonsportlern in aller Welt, sondern auch Deutschlandes Ballonpionier, der Regensburger Baron von Lütgendorf, sei „Schuld am Rufe Gersthofens als Ballonfahrerstadt“, argumentierte damals Alfred Eckert.

    Im Ballonmuseum ist auch immer wieder Platz für Werke im Rahmen des Gersthofer Kunstwettbewerbs.
    Im Ballonmuseum ist auch immer wieder Platz für Werke im Rahmen des Gersthofer Kunstwettbewerbs. Foto: Marcus Merk

    Nach einem fehlgeschlagenen Versuch des Barons, 1786 in Augsburg als erster Deutscher mit einem Ballon aufzusteigen, habe ihn nämlich das neugierige und schließlich enttäuschte Publikum mit „Schimpf und Schande“ zur Stadt hinaus gejagt. Der mutige, aber glücklose Ballonfahrer, fand dann Aufnahme bei einem Gönner in Gersthofen, so belegen darüber Dokumente im Augsburger Stadtarchiv. 

    Wir möchten Königsbrunn nichts wegnehmen, aber solch ein Museum gehört einfach der Geschichte wegen nach Gersthofen

    Siegfried Deffner, Bürgermeister von Gersthofen 1984 bis 2008

    „Wir möchten Königsbrunn nichts wegnehmen, aber solch ein Museum gehört einfach der Geschichte wegen nach Gersthofen“, diese von Bürgermeister Deffner und allen Fraktionen aus Überzeugung auf den Punkt gebrachte Feststellung führte schließlich zu einem einstimmigen Stadtratsbeschluss. Damit Ballonfahrer Alfred Eckert mit seiner Sammlung baldigst in Gersthofen „einschweben“ konnte, wurden gleich neben den Umbaukosten in Höhe von zunächst 500.000 Mark auch ein straffer Zeitplan mit einem Eröffnungstermin im Herbst 1985 beschlossen.

    Immer wieder sind auch Prominente im Ballonmuseum in Gersthofen zu Gast, hier Filmemacher und Schauspieler Michael Bully Herbig.
    Immer wieder sind auch Prominente im Ballonmuseum in Gersthofen zu Gast, hier Filmemacher und Schauspieler Michael Bully Herbig. Foto: Marcus Merk

    In einem Rekordtempo von acht Monaten Planungs- und Bauzeit waren die fünf Etagen im ehemaligen Wasserturm umgebaut und mit der „Sammlung Eckert“ konnte am 7. Dezember 1985 in Gersthofen „ein in Europa einzigartiges Fachmuseum zur Geschichte der Ballonfahrt“ feierlich eröffnet werden. Für dieses große Ereignis nahm sich sogar der damalige bayerische Kultusminister Professor Hans Maier als Festredner Zeit. „Mit dieser Museumsattraktion wird Gersthofen erhebliches Aufsehen erregen“, meinte der Kultusminister in seiner Rede. Bei der Einweihung waren unter vielen Ehrengästen auch die beiden ballonsportbegeisterten Fernsehmoderatorinnen, die ehemalige „Miss World“ Petra Schürmann und ihre Kollegin, die Schauspielerin Marianne Koch, dabei.

    Der moderne Museumsanbau mit Stadtbibliothek kam 2003

    Im November 1984 gründete sich ein „Förderkreis Ballon-Museum Gersthofen“. Weil die ursprünglichen Ziele des Förderkreises aus dem Jahr 1985 mit der Erstellung des Museums erreicht waren, löste sich der Förderkreis nach erfolgreichen zwanzig Jahren zum 30. Juni 2005 auf. Dieter Ickinger führte in diesen zwanzig Jahren den Förderkreis als Vorsitzender. Der historische Wasserturm erhielt zuletzt im Jahr 2003 angegliedert einen modernen Museumsanbau und eine Stadtbibliothek. Damit fand die damalige Neugestaltung des Stadtzentrums ihren Abschluss.

    Leonardos Schiffsantrieb per Schaufelrad wird nahezu unverändert bis heute bei Tretbooten verwendet. Ausstellungen über das Universalgenie waren schon mehrmals im Ballonmuseum zu Gast.
    Leonardos Schiffsantrieb per Schaufelrad wird nahezu unverändert bis heute bei Tretbooten verwendet. Ausstellungen über das Universalgenie waren schon mehrmals im Ballonmuseum zu Gast. Foto: Marcus Merk
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