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Gersthofen: Kabarettist Florian Schroeder: "Sicherheitsabstand ist das Gebot der Stunde"

Gersthofen

Kabarettist Florian Schroeder: "Sicherheitsabstand ist das Gebot der Stunde"

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    Mit seinem Programm "Neustart" kommt der Kabarettist Florian Schroeder in die Stadthalle Gersthofen.
    Mit seinem Programm "Neustart" kommt der Kabarettist Florian Schroeder in die Stadthalle Gersthofen. Foto: Frank Eidel

    Herr Schroeder, zu Ihrem breiten Repertoire gehören auch Prominenten-Parodien. Wie kam es dazu?
    FLORIAN SCHROEDER: Notwehr, wie es in der Epoche der Letzten Generation gerne heißt. Als mittel- bis unterdurchschnittlich begabter Sportschüler begann ich, meinen Lehrer zu parodieren. Das funktionierte, und so erweiterte ich das Repertoire. 

    Sie haben Germanistik und Philosophie studiert. Wollten Sie zunächst eine andere Laufbahn als das Showbusiness und das Kabarett einschlagen?
    FLORIAN SCHROEDER: Nein, nie. Ich wollte einen Hintergrund haben. Ich wollte die Fächer, von denen ich mir versprach, denken zu lernen, Zusammenhänge zu verstehen, studieren.

    Inzwischen sind Sie ja auf nahezu allen Kanälen tätig und präsent. Was macht Ihnen mehr Spaß: Radio, Fernsehen oder Bühne?
    FLORIAN SCHROEDER: Da gibt es für mich keinen Vergleich. Alle Medien haben ihren je eigenen Reiz. Meine Demut vor denen, die sich eine Karte kaufen, aus dem Haus gehen und in meine Liveshows kommen, ist noch immer groß. 

    Nutzen Sie die verschiedenen Formate, um unterschiedliche Themen zu behandeln?
    FLORIAN SCHROEDER: Ich nutze sie vor allem, um unterschiedliche Formen zu bedienen und mit diesen zu experimentieren. Vor meiner Heimstudio-Kamera, in der ich meinen YouTube-Wochenrückblick aufnehme, entsteht etwas anderes als vor einem Livepublikum in einer Halle. So werde ich mir immer wieder ein anderer.

    Ihr aktuelles Programm heißt „Neustart“. Ist dabei nur ein Neuanfang nach Corona gemeint, oder wo sollte es noch Veränderungen geben?
    FLORIAN SCHROEDER: Ich greife das Zeitgefühl auf, das sich nach meiner Wahrnehmung stark nach einem Neuanfang sehnt – und ich zeige zugleich, in welch furchtbare Abgründe diese Sehnsucht führen kann. 

    Ihr Auftritt bei einer Anti-Corona-Veranstaltung in Stuttgart ging im Internet viral. Wie stehen Sie heute zu den Querdenkern? Oder sind andere Gruppierungen in der Gesellschaft gefährlicher?
    FLORIAN SCHROEDER: Viele Querdenker sind auf direktem Weg ins Lager der Neo-Pazifisten und heimlichen Putin-Supporter übergewechselt. Das erscheint als fast zwangsläufige Weiterentwicklung. Es geht darum, dem eigenen Lebensgefühl des Dagegenseins weiter eine Stimme zu geben – wenngleich es rein logisch schwer nachvollziehbar erscheint, wie man sich gerade noch von einer Corona-Diktatur bedroht fühlen und nun einem Autokraten durch die Hintertür das Wort reden kann. Aber um Logik geht es hier auch nicht – es geht darum, nicht zum Mainstream zu gehören. Das steht über allem.

    Apropos Protestbewegungen: Sind die Menschen heute schneller empört als früher – bei Aussagen, Taten, Ironie?
    FLORIAN SCHROEDER: Das würde ich schon sagen, ja. Die Empörung gehört schon fast zur Folklore. Wer sich nicht empört, hat offenbar nicht verstanden, was auf dem Spiel steht. Ich halte das für einen großen Irrtum. Die Empörung allein sagt gar nichts. Sie kostet nichts und ist umsonst. Und geht meist einher mit einer bigotten Welthaltung: Empfindlichkeit für sich, Verachtung für andere. Eine auf Dauer toxische Mischung. 

    Verstehen die Menschen noch Spaß, wenn Satire auf die Spitze getrieben wird, wie Sie das mitunter ja tun? Beispielsweise beim Podcast „Schroeder & Somuncu“, wo es Kritik wegen als sexistisch und rassistisch empfundener Äußerungen Ihres Kollegen gegeben hat?
    FLORIAN SCHROEDER: Die Grenzen des Humorverständnisses sind sehr individuell – und genau so soll es sein. Hier beginnt der Pluralismus.

    Ihre Aussage „Schluss mit der Meinungsfreiheit! Für mehr Hirn und weniger Hysterie!" – wie genau ist diese zu verstehen?
    FLORIAN SCHROEDER: Wie alles bei mir: todernst. Ohne Bruch. Ohne Ironie. Und vor allem: ohne Humor.

    Ist also Gelassenheit das Gebot der Stunde?
    FLORIAN SCHROEDER: Da bin ich nicht sicher. Das Gebot der Stunde ist ein Sicherheitsabstand zu allem, was sicher, überzeugt und dogmatisch erscheint. Wenn das gelingt, ist schon viel gewonnen. 

    Zur Person

    Florian Schroeder, geboren am 12. September 1979 in Lörrach, ist ein deutscher Kabarettist, Autor, Kolumnist, Hörfunk- und Fernsehmoderator. Mit 14 Jahren hatte er seinen ersten kurzen Auftritt in Harald Schmidts Fernsehsendung Schmidteinander (1993), bei dem er Prominente parodierte. Nach dem Abitur in Lörrach leistete er seinen Zivildienst ab und arbeitete beim Uni-Radio in Freiburg. Dort studierte er Germanistik und Philosophie und wechselte 2006 nach Berlin, wo er heute lebt. Sein erstes Kabarettprogramm "Auf Ochsentour" startete im November 2004. Seither folgten weitere Programme. Vielbeachtet war Florian Schroeders Auftritt am 8. August 2020 auf einer Anti-Corona-Demonstration in Stuttgart. Er spielte anfangs mit den Erwartungen des Publikums und nutzte den Auftritt für einen Appell, die Schutzmaßnahmen gegen COVID-19 einzuhalten. Mit seinem aktuellen Programm "Neustart" ist er am Freitag, 28. April, um 19.30 Uhr in der Stadthalle Gersthofen zu erleben.

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