Startseite
Icon Pfeil nach unten
Augsburg Land
Icon Pfeil nach unten

Gersthofen: Gersthofer Sitzungspräsident: "Fasching mit Abstand geht nicht"

Gersthofen

Gersthofer Sitzungspräsident: "Fasching mit Abstand geht nicht"

    • |
    Holger Franz ist als Sitzungspräsident der Kol-La und als Präsident von Under oiner Kapp ein absoluter Faschings-Aktivist.
    Holger Franz ist als Sitzungspräsident der Kol-La und als Präsident von Under oiner Kapp ein absoluter Faschings-Aktivist. Foto: Marcus Merk

    Holger Franz ist ein Kind des Faschings. Schon seine Eltern Barbara und Wolfgang waren bei der Kol-La aktiv, haben ihn von klein an zu den Veranstaltungen mitgenommen. Später war er Prinz und Hofmarschall bei der Lechana. Heute ist der 41-jährige Vater von zwei Kindern nicht nur Sitzungspräsident bei den stets ausverkauften Faschingssitzungen, die Jahr für Jahr 4200 Besucher in die Gersthofer Stadthalle locken, sondern auch Präsident der Vereinigung "Unter oiner Kapp", in der sich die fünf Faschingsgesellschaften der Lechana aus Gersthofen, der Narrneusia aus Neusäß, der FFC Augsburg, der CCK Fantasia aus Königsbrunn und die Augspurgia zusammengeschlossen haben. Wir sprachen mit ihm über seine Gefühlslage vor dem 11.11., an dem gewöhnlich die "fünfte Jahreszeit" beginnt, die in dieser Saison wegen der Corona-Pandemie aus allen Terminkalendern gestrichen wurde.

    Hand auf's Herz! Hatten Sie während der Kol-La-Sitzungen oder im Faschingsendspurt auch nur irgendeinen Gedanken daran verschwendet, dass der nächste Fasching wegen Corona ausfallen könnte?

    Holger Franz: Nein. Man hatte zwar davon gehört, dass in China ein Virus ausgebrochen ist, aber das hat man zu der Zeit meiner Meinung nach eher so nach dem Motto abgetan, dass in China ein Reissack umgefallen ist. Man hat sich nicht wirklich damit beschäftigt, dass es zu einer Pandemie kommen könnte. Mir persönlich ist Corona erstmals bewusst geworden, als ich am Rosenmontag mit der Familie zu einem USA-Urlaub aufgebrochen bin. Dort gab es schon die eine oder andere Einschränkung. Beim Einchecken auf ein Kreuzfahrtschiff wurde zum ersten Mal Fieber gemessen. Am 12. März sind wir dann als allerletztes Schiff in Barcelona angekommen. Nachdem wir rund einen Monat keine Nachrichten verfolgt hatten, war es eine gespenstische Situation, als der Taxifahrer eine Maske trug. In Spanien war zu dem Zeitpunkt die Pandemie schon angekommen.

    Fasching und Corona: Im Sommer gab es Hoffnung

    Wann hat man in den Faschingsgesellschaften erstmals darüber nachgedacht, den Fasching abzusagen?

    Franz: Zunächst hat jeder gedacht, wann es denn endlich mit den Vorbereitungen losgehen kann. Als Ende Juli/Anfang August die Zahlen gesunken sind, haben wir bei Under oiner Kapp Mut gefasst und uns online ausgetauscht, wie man den Fasching gestalten kann. Als erstes hat dann die Narrneusia abgesagt. Deren Vorsitzender Dr. Gerhard Rammel ist Mediziner. Der hat festgestellt: "Das wird nichts!" Anfang Oktober war es dann klar: Es wird schwierig ohne Training und mit den ganzen Hygienemaßnahmen. Fasching hat halt auch immer etwas mit Trinken, Feiern, Zusammensein, Tanzen, Schwitzen und vor allem engen Kontakten zu tun. Nachdem aber Abstand angesagt ist, hat es sich herauskristallisiert, dass wir absagen müssen. Alles andere wäre unverantwortlich gewesen.

    Seit 2015 ist Holger Franz Präsident der Faschingsvereinigung Under Oiner Kapp
    Seit 2015 ist Holger Franz Präsident der Faschingsvereinigung Under Oiner Kapp Foto: Annette Zoepf

    Da dürfte das Herz des Faschings-Aktivisten geblutet haben?

    Franz: Natürlich! Und wie. Dabei ist der 11. 11. nicht unbedingt das Problem. Das war immer nur ein kurzes Aufflackern mit der Vorstellung der Prinzenpaare. Ich will derzeit gar nicht wissen, wie es wird, wenn der Termin der Inthronisation kommt und die Zeit der Bälle und der Kol-La beginnt. Meine Frau hat schon Bedenken bezüglich meines Gemütszustandes. Diese Faschingszeit gehört zu meinem Leben.

    Sie haben ja auch schon oft bei Freunden in Köln in einer echten Hochburg Karneval miterlebt. Wie geht es den Menschen dort, wo das närrische Treiben ganz andere Dimensionen annimmt?

    Franz: Die müssen bloß noch weinen (lacht). Im Ernst: Ich glaube nicht, dass dort der Karneval schon ganz gestorben ist, zumal das in diesen Regionen ja auch ein riesengroßer Wirtschaftsfaktor ist. Außerdem scheint jetzt ja ein Impfstoff gefunden zu sein.

    Corona: Gersthofer Faschingsaktivist hofft auf Saison 2022

    Gab es Überlegungen nach Alternativen? Zum Beispiel Fasching online?

    Franz: Sehr witzig! Nein, wir haben bis zur letzten Sekunde auf das närrische Treiben auf dem Augsburger Rathausplatz gehofft. Die Stadt wäre auch wegen den Schaustellern tatsächlich bereit gewesen. Aber nachdem der Christkindlesmarkt abgesagt wurde, ist auch das gestorben.

    Glauben Sie, dass man all diese Veranstaltungen wieder hochfahren kann?

    Franz: Ich glaube schon. Vielleicht setzt ja sogar ein Umdenken ein, dass selbst der nicht gerade faschings-affine Augsburger merkt, dass doch etwas fehlt und er eher bereit ist, dorthin zu gehen. Wenn der Fasching allerdings zweimal hintereinander ausfallen sollte, wird es schwer.

    Wird es 2022 wieder einen Fasching geben?

    Franz: Ich bin guter Hoffnung. Ob es allerdings wieder so wird, wie es einmal war, steht und fällt mit einem Impfschutz. Ein Fasching mit Abstand, ohne Händeschütteln, ohne Umarmungen ist schwer vorstellbar. Das geht gar nicht. Küsschen links, Küsschen rechts - das gehört einfach dazu. Das erste Treffen nach der Pandemie, um einen neuen Fasching vorzubereiten, wird sich auf jeden Fall komisch anfühlen.

    Lesen Sie dazu auch:

    Corona-Lockdown: Was in Gersthofen zu ist und was geöffnet bleibt

    25 Jahre Stars und Sternchen in der Stadthalle Gersthofen

    Nach Absage des Gersthofer Faschings: Kol-La-Auftritt im Wohnzimmer?

    Wir wollen wissen, was Sie denken: Die Augsburger Allgemeine arbeitet daher mit dem Meinungsforschungsinstitut Civey zusammen. Was es mit den repräsentativen Umfragen auf sich hat und warum Sie sich registrieren sollten, lesen Sie hier.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden