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Gersthofen: Gegen Extremismus und für Demokratie: Doch wie?

Gersthofen

Gegen Extremismus und für Demokratie: Doch wie?

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    Podiumsdiskussion der Stadt Gersthofen zum Thema Extremismus in der Stadthalle: (von links) Michael Wörle, Pfarrerin Anna Barth, Ilona Kramer, Europaminister Eric Beißwenger, AZ-Redakteurin Jana Tallevi, Landrat Martin Sailer, Sigrid Puschner, Jugendbeiratsvorsitzende Anna Mölle und Stadtpfarrer Markus Dörre.
    Podiumsdiskussion der Stadt Gersthofen zum Thema Extremismus in der Stadthalle: (von links) Michael Wörle, Pfarrerin Anna Barth, Ilona Kramer, Europaminister Eric Beißwenger, AZ-Redakteurin Jana Tallevi, Landrat Martin Sailer, Sigrid Puschner, Jugendbeiratsvorsitzende Anna Mölle und Stadtpfarrer Markus Dörre. Foto: Marcus Merk
    AZ-Redaktuerin Jana Tallevi moderierte die Podiumsdiskussion der Stadt Gersthofen zum Thema Extremismus in der Stadthalle.
    AZ-Redaktuerin Jana Tallevi moderierte die Podiumsdiskussion der Stadt Gersthofen zum Thema Extremismus in der Stadthalle. Foto: Marcus Merk

    „Gemeinsam gegen Extremismus für Demokratie“ – unter diesem Motto veranstaltete die Stadt Gersthofen im Vorfeld der Europawahlen in der Stadthalle eine Podiumsdiskussion. Diese sollte Wege aufzeigen, wie Menschen gegen immer aggressivere Attacken extremer Gruppierungen von rechts und links vorgehen können. Nicht zuletzt angesichts der Angriffe gegen einen Europa-Wahlkandidaten und gegen Wahlhelfer sahen die acht Teilnehmer auf dem Podium dringenden Handlungsbedarf. Die jungen Menschen, die sich beispielsweise bei der bayerischen Landtagswahl der AfD zugewandt hätten, müssten wieder gewonnen werden, so das Fazit. Doch wie?

    Unter dem Leitthema „Gegen Extremismus – für Demokratie“ versammelten sich politische Entscheider sowie Vertreter der Zivilgesellschaft und Kirchen, um ihre Standpunkte über die Herausforderungen und Lösungen gegen Extremismus aufzuzeigen und für die Stärkung der Demokratie einzustehen. Rund 100 Bürgerinnen und Bürger folgten der Einladung von Bürgermeister Michael Wörle.

    Gersthofer Vertreter diskutieren auf dem Podium mit Europaminister

    Anne Barth, Ilona Kramer, Staatsminister Eric Beißwenger, Redakteurin Jana Tallevi und Landrat Martin Sailer diskutieren in Gersthofen.
    Anne Barth, Ilona Kramer, Staatsminister Eric Beißwenger, Redakteurin Jana Tallevi und Landrat Martin Sailer diskutieren in Gersthofen. Foto: Marcus Merk

    „In einer Zeit, in der extremistische Ideologien und Handlungen weltweit an Bedeutung gewinnen, ist es entscheidend, dass die Gesellschaft gemeinsam handelt, um die Werte der Demokratie und der Menschenrechte zu verteidigen“, betonte Wörle zu Beginn der gemeinsam mit der Augsburger Allgemeinen Zeitung – Redaktion Augsburger Land – veranstalteten Veranstaltung, die von der stellvertretenden Redaktionsleiterin Jana Tallevi moderiert wurde. Mit auf dem Podium saßen Eric Beißwenger, Staatsminister für Europaangelegenheiten und Internationales, und Martin Sailer, Landrat und Bezirkstagspräsident. Weiter diskutierten neben Sigrid Puschner, der stellvertretenden Vorsitzenden des Vereins "Gersthofen ist bunt", auch Ilona Kramer, Vorsitzende des Seniorenbeirats, Anna Mölle, Vorsitzende des Jugendbeirats, sowie Pfarrerin Anna Barth und Stadtpfarrer Markus Dörre mit.

    Die Teilnehmer betonten die Bedeutung von Dialog, Bildung und Zusammenarbeit über alle gesellschaftlichen und politischen Grenzen hinweg. Michael Wörle verwies darauf, dass das Grundgesetz am 23. Mai 75 Jahre alt wird. „Die Art und Weise der heutigen politischen Diskussion sollte uns zu denken geben.“ Demokratie sei nicht nur ein politisches System, „sondern ein Wert, den wir alle verteidigen sollten“. Martin Sailer pflichtete ihm bei: „Die Europäische Union (EU) ist die größte Friedensgeschichte, die unser Kontinent je hatte, ein Friedenskonstrukt, das von vielen klugen Köpfen wie Konrad Adenauer, Willy Brandt, Helmut Schmidt oder Helmut Kohl ermöglicht wurde.“ Ein Europa der Einzelstaaten könne nicht die Lösung für die Herausforderungen der Zukunft sein, machte der Landrat deutlich.

    Europaminister Eric Beißwenger räumte ein, dass die EU in vielen Aspekten sperrig erscheinen möge, betonte aber: „Wir müssen Europa gegen Extremismus verteidigen – und vor allem immer wieder erklären.“ Seine Kritik richtete er vor allem gegen die AfD: „Extremistische Parteien und Gruppierungen schwadronieren von einem Exit aus der EU – das käme einem Kopfschuss gleich. Man soll sich doch nur mal die Lage in Großbritannien nach dem Brexit anschauen.“ Die 440 Millionen Europäer seien im Verhältnis zur gesamten Menschheit mit acht Milliarden zu wenige, als dass sie wieder mit Einzelstaatlichkeit anfangen könnten. „Wer, wenn nicht überzeugte Europäer, sollten ständig die EU verteidigen“, betonte er. Auch Landrat Sailer war sich sicher: „Die AfD müssen wir inhaltlich stellen, wo immer es geht.“ Es gehe darum, die jungen Menschen ernst zu nehmen und ihnen politische Zusammenhänge zu erklären, beispielsweise bei den Jugendsprechstunden im Landratsamt.

    Auch an der Gersthofer Mittelschule wird der Ton rauer

    Betroffen waren die Teilnehmer auf dem Podium über den Umstand, dass so viele junge Menschen den rechten Parteien ihre Stimme geben. Dies hatte auch Sigrid Puschner, jahrzehntelang Leiterin der Gersthofer Mittelschule, gesagt: „Es ist eine bunte Schule mit 40 Nationen und das Zusammenleben läuft klasse – aber es hat sich etwas verändert: Rechtes Gedankengut wird immer mehr in der Unterrichtspraxis zum Thema.“ Dabei sei auch das Zuhören wichtig, so Puschner. „Schon bei Sätzen wie ,Ich habe nichts gegen …, aber ...' muss man einschreiten.“ Dringend sei es erforderlich, die Medienkompetenz der Jugendlichen zu fördern, forderte Jugendbeiratsvorsitzende Anna Mölle.

    „Von den Extremisten, nicht nur der AfD, wird mit der Angst der Menschen gespielt“, sagte Ilona Kramer, Vorsitzende des Seniorenbeirats. „Und die älteren Menschen haben Angst, sie haben sie noch im Krieg erlebt und sind daher auf diese Weise oft beeinflussbar.“ Einen klaren Kurs gab die evangelische Pfarrerin Anna Barth aus: „Eine Partei, die mit Feindbildern arbeitet und somit zur Gewalt aufruft, das kann Kirche nicht unterstützen.“ Eine Vermittlung der menschlichen und demokratischen Werte sei immer wichtiger, war auch der katholische Stadtpfarrer Markus Dörre überzeugt.

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