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Fischach: Corona-Rückzahlungen bedrohen Kosmetiksalon in Fischach

Fischach

Corona-Rückzahlungen bedrohen Kosmetiksalon in Fischach

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    Alexandra und Erwin Gastel wollten ein glückliches und auskömmliches Leben führen. Doch nun droht das berufliche Aus.
    Alexandra und Erwin Gastel wollten ein glückliches und auskömmliches Leben führen. Doch nun droht das berufliche Aus. Foto: Thomas Hack

    Alexandra und Erwin Gastel haben einen Lebensstil, den viele Menschen als erfüllend und harmonisch bezeichnen würden: Alexandra Gastel führt in Fischach einen kleinen Kosmetiksalon, während ihr Ehemann mittlerweile drei Tage in der Woche so viel dazuverdient, dass es für ein zufriedenes und auch zeitlich aufeinander abgestimmtes Zusammenleben reicht. Doch jetzt könnte der Kosmetiksalon vor dem Ende stehen. Grund ist, tatsächlich, immer noch die Corona-Pandemie, oder besser gesagt: staatliche Corona-Hilfen, die nun zurückgezahlt werden müssen. Kein Einzelfall, sagt die Industrie- und Handelskammer (IHK) für Schwaben.

    Rückblick: „Wir körpernahen Dienstleister waren die Ersten, die zusperren mussten – und die Letzten, die wieder aufmachen durften“, erinnert Alexandra Gastel an den Beginn der Pandemie. Wie viele betroffene Betriebe beantragte das Paar Corona-Unterstützung beim Staat. Doch die Hilfen blieben erst einmal aus. „Es hieß, dass wir in ein Überprüfungssystem fallen. Aber das Programm dafür war bisher nicht entwickelt worden.“ Die beiden Eheleute hatten sich daraufhin unverzüglich an die Industrie- und Handelskammer (IHK) gewandt. Geholfen worden sei ihnen dort nicht. „Die hatten damals weder die Erfahrungen noch das Wissen dazu.“ Gastel und mehrere Berufskolleginnen gründeten schließlich Deutschlands ersten Landesverband für das Kosmetikhandwerk, den LVBKH.

    Am Anfang ist das Kosmetikstudio in ein System der Überprüfung gefallen

    Als nach mehreren Wochen dann doch die Staatshilfen kamen, hatten sie den Kosmetiksalon bereits verkleinert und waren vom Fischacher Marktplatz nach Wollmetshofen umgezogen. Die nächste Enttäuschung ließ nicht lange auf sich warten: Das Paar erreichte eine Forderung nach der kompletten Rückzahlung der Überbrückungshilfen. Im Falle des Fischacher Ehepaars sei der Grund dafür die sogenannte 51 Prozent-Regelung. Diese besagt, dass bei Soloselbständigen nur dann ein Anspruch bestanden hätte, wenn mindestens 51 Prozent des Gesamteinkommens ausschließlich aus der reinen Selbstständigkeit gekommen wären – was beim Ehepaar Gastel aufgrund weniger Prozentpunkte jedoch nicht der Fall gewesen sei.

    Heide Becker, Leiterin des Beratungszentrums Recht und Betriebswirtschaft der IHK Schwaben, erklärt, wie damals gerechnet wurde: „Die Soforthilfen wurden den Unternehmen während der Corona-Krise auf Grundlage einer Prognose möglicher Umsatzausfälle sowie des Sach- und Finanzaufwands gewährt. Bereits im Bewilligungsbescheid wurde den Soforthilfeempfängern mitgeteilt, dass sie im Nachgang verpflichtet sind zu überprüfen, ob diese Prognosen zutreffend waren oder Soforthilfe zurückgezahlt werden muss.“ Ein üblicher Vorgang also bei den Gastels?

    Die Zahl der betroffenen Unternehmen im Landkreis Augsburg hält sich in Grenzen

    Einerseits, Ja, sagt Heide Becker. Allerdings hielten sich die Fälle doch in Grenzen. „Bislang haben sich nur vereinzelt Unternehmen aus der Region gemeldet, die große Schwierigkeiten mit der Rückzahlung von Corona-Soforthilfen haben.“ Es gibt aber auch Lösungen: „In einigen Fällen konnten Liquiditätsengpässe dadurch vermieden werden, indem die Rückzahlung von einer Einmalzahlung auf Raten umgestellt wurde. Wichtig ist, dass Unternehmen rechtzeitig reagieren“, rät Heide Becker. Tatsächlich sei die Zahl der Firmeninsolvenzen 2023 wieder gestiegen, liege jedoch immer noch unter dem Niveau vor Corona. So verzeichnet das Statistische Landesamt für Bayern für den Landkreis Augsburg für das Jahr 2020 ganze 24 Unternehmensinsolvenzen, im vergangenen Jahr waren es dann 66, im Jahr 2019 waren es 46. Einen Höhepunkt an Unternehmensinsolvenzen verzeichnet die Statistik für 2015 mit ganzen 81 Firmeninsolvenzen.

    „Den Wenigsten ist überhaupt bewusst, dass da jetzt Rückforderungen kommen“, so Kosmetikerin Alexandra Gastel. Ihr sei klar, dass das rein rechtlich seine Ordnung habe. Für sie unverständlich sei jedoch, dass sämtliche Betroffenen vom Staat „über einen Kamm geschert werden“ und keine flexiblen Einzelfallprüfungen stattfinden würden. Eine vollständige Rückzahlung der Coronahilfe würde das endgültige Aus für ihr Kosmetikstudio bedeuten, sagt die Kosmetikerin. Heide Becker von der IHK hingegen plädiert für Ehrlichkeit. Es gebe „Unternehmen, die früher schon am Rand einer Insolvenz standen. Sie konnten sich dank staatlicher Hilfen über Wasser halten. Jetzt stellt sich heraus, dass ihr Geschäftsmodell auf Dauer nicht tragfähig ist und sie sich langfristig nicht am Markt durchsetzen können.

    Droht jetzt eine Welle von Firmenpleiten?

    Droht jetzt womöglich eine Welle von Firmenpleiten im Landkreis Augsburg? Diese Entwicklung sieht die Fachfrau der IHK nicht generell. In der jüngsten Konjunkturumfrage der Kammer hätten 87 Prozent der Mitgliedsbetriebe von einer guten oder befriedigenden Liquidität zu sprechen. Allerdings macht Heide Becker eine Einschränkung: „In unserer Beratung spüren wir derzeit eine leichte Zunahme von Anfragen von Einzelhandelsunternehmen, die von Krisensituationen sprechen. Sie beklagen die fehlende Kaufkraft, gestiegene Kosten oder leiden unter spezifischen regionalen Problemen wie etwa fehlende Kundenfrequenz.“

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