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Fischach: Bezahlt der Bund die Reaktivierung der Staudenbahn?

Fischach

Bezahlt der Bund die Reaktivierung der Staudenbahn?

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    Sie Staudenbahn soll ab Ende 2027 wieder regelmäßig fahren. Bis dahin ist an der Strecke aber noch viel zu tun. Den Großteil der Kosten soll der Bund übernehmen.
    Sie Staudenbahn soll ab Ende 2027 wieder regelmäßig fahren. Bis dahin ist an der Strecke aber noch viel zu tun. Den Großteil der Kosten soll der Bund übernehmen. Foto: Marcus Merk

    Sieht so der öffentliche Nahverkehr der Zukunft aus? Auf einem mit grün überwuchertem Gleis zuckelt an diesem Samstagmorgen ein einzelner, altertümlich anmutender Triebwagen mit dem Hinweis „Staudenbahn“ an Front und Heck in den Bahnhof von Fischach. Der stammt übrigens mehr oder weniger in seinem heutigen Erscheinungsbild noch aus der Anfangszeit der Staudenbahn von 1911. Ab dem Fahrplanwechsel im Dezember 2027 soll hier ein täglicher Verkehr zum Vorteil des gesamten Augsburger Westens wieder stattfinden, sagt Max Deisenhofer. Der Grünen-Landtagsabgeordnete für den Landkreis Augsburg hat unter anderem mit Fraktionskollegin Stefanie Schuhknecht (Unterallgäu) zu einer Erkundungsfahrt auf der Strecke bis Markt Wald eingeladen. Wie in nur drei Jahren dort eine moderne, voll elektrisierte Bahnstrecke entstehen soll, haben dabei die Geschäftsführer des Betreibers der Bahnstrecke erklärt. Ein Vorbild für eine andere Linie im Augsburger Land?

    Die Landtagsfraktion der Grünen setzt sich für die Reaktivierung stillgelegter Bahnstrecken ein. Am Samstag waren sie auf der Staudenbahn von Augsburg nach Markt Wald unterwegs.
    Die Landtagsfraktion der Grünen setzt sich für die Reaktivierung stillgelegter Bahnstrecken ein. Am Samstag waren sie auf der Staudenbahn von Augsburg nach Markt Wald unterwegs. Foto: Marcus Merk

    Die wichtige Botschaft vorneweg: Der Zeitplan steht und die Reaktivierung des Abschnitts Gessertshausen - Langenneufnach sei gut umsetzbar, sind sich die Geschäftsführer der swu mobil GmbH, Ralf Gummersbach und Werner Ziegelmeier, einig. Auch wenn es so aussieht, als sei auf der Strecke in den vergangenen Jahren wenig geschehen, sind die vorbereitenden Arbeiten im Hintergrund weit fortgeschritten und die Planungen zu fast 70 Prozent abgeschlossen, möglichst im Februar 2025 soll der Planfeststellungsbeschluss beantragt werden. Im Eisenbahnwesen kommt dieser dem Baurecht gleich. Zwölf bis 15 Monate später sollte dann Baurecht bestehen, so Ralf Gummersbach. „Dann werden wir die Rentabilität der Strecke noch mal durchrechnen und mit dem Ausbau beginnen.“ Geplant ist das für 2026.

    Die Fahrgäste wollen heute bequem einsteigen, ihren Laptop anstöpseln und Platz für ihr E-Bike haben.

    Werner Ziegelmeier, Geschäftsführer swu mobil GmbH

    Und da ist noch einiges zu tun. Es geht nicht allein um die Gleise. Von den heute 30 Bahnübergängen auf der Strecke von Gessertshausen nach Langenneufnach sollen mehr als die Hälfte geschlossen werden, die verbleibenden werden mit Schranken und Blinkanlagen ausgestattet. Die beiden Brücken in Fischach und zwischen Fischach und Wollmetshofen müssen neu gebaut werden. Überdies wird die gesamte Strecke elektrifiziert. Zu den heute vier Bahnhalten ab dem Bahnhof Gessertshausen in Margertshausen, Fischach, Wollmetshofen und Langenneufnach sollen die weiteren Stationen Fischach-Nord und Langenneufnach-Nord hinzukommen. Alle Bahnhöfe sollen barrierefrei ausgebaut werden. Erhalten werden soll zudem der Verladeplatz in Reitenbuch für den Güterverkehr.

    Vor rund einem Jahr waren die Stadtwerke Ulm/Neu-Ulm (swu) mit ihrer Mobil-Sparte als Betreiber in das Projekt Reaktivierung eingestiegen. Ihre Expertise: die Wiederinbetriebnahme der Bahnstrecke Weißenhorn - Senden. Dort habe es am Anfang viel Skepsis für das Projekt gegeben. Die große Frage dahinter: Lohnt es sich überhaupt, so eine Nebenstrecke wieder in Betrieb zu nehmen? Absolut, ist Werner Ziegelmeier überzeugt. „Die Fahrgäste wollen heute bequem in einen Zug steigen, ihren Laptop anstöpseln und Platz für ihr E-Bike haben“, so der Inhaber eines Busunternehmens, der aus den Stauden stammt und inzwischen für die swu mobil tätig ist. Heute sei der Erfolg der Bahnstrecke Weißenhorn - Senden dreimal größer als damals prognostiziert.

    Betreiber sehen großes Potenzial auf der Staudenbahn

    Aus der Sicht der swu mobil-Geschäftsführer hat die Staudenbahn noch größeres Potenzial. Denn es geht nicht allein darum, dass Menschen aus den direkt anliegenden Gemeinden zu ihrem Arbeitsplatz oder zur Schule nach Augsburg fahren. Schon heute wird der Zubringerverkehr zu den Bahnhöfen per Linienbus geplant, so Werner Ziegelmeier. Die Staudenbahn sei zudem keine Einbahnstraße: Arbeitsplätze nicht nur in den Großbetrieben der Molkerei Müller in Aretsried und Topstar in Langenneufnach sorgten schon jetzt für Pendlerverkehr auch in der Gegenrichtung. Ein Argument, das übrigens auch für den geplanten Bahnhof Zusamtal in Zusmarshausen im Regionalverkehr auf der neuen Fernverkehrsstrecke zwischen Ulm und Augsburg gilt. Schon heute fahren jeden Tag von Augsburg aus rund 1000 Personen nach Zusmarshausen zu ihren Arbeitsplätzen bei Sortimo oder Chefs Culinar. Dafür organisieren die Arbeitgeber bislang extra Busverbindungen.

    Doch auch, wer nicht in die Staudenbahn einsteigt, soll profitieren. Max Deisenhofer, der aus Krumbach stammt, ist jahrelang nach Augsburg über die B300 gependelt, morgendliche und abendliche Staus eingeschlossen. Er setzt auf eine deutliche Entlastung für den gesamten Augsburger Westen durch die Bahnlinie. Bleibt nur noch die große Frage: Wer soll die nötigen Arbeiten bezahlen? Unbedingt der Bund, sind sich Politik und Betreiber einig. Neue Vorgaben würden die Kommunen deutlich entlasten, so Ralf Gummersbach. So sieht die Vereinbarung vor, dass der Betreiber in Vorleistung geht und rund 90 Prozent der Kosten vom Bund erstattet bekommt. „Wir haben schon Gespräche geführt, wir haben sehr hohe Aussichten auf die Mittel“, ist er zuversichtlich. So würden Landesmittel und die klammen Anliegergemeinden geschont. Übrig blieben für diese noch die Kosten für die Anlage von Park + Ride-Plätzen. Gerald Eichinger, Bürgermeister von Langenneufnach, erwartet dafür Zuschüsse in Höhe von 75 Prozent. „Der Rest sollte zu machen sein“, sagt er.

    Hubert Teichmann war für den Erhalt der Strecke ganz wichtig

    Dass die Staudenbahn bis Langenneufnach heute so gute Chancen auf eine gelingende Reaktivierung hat, sei, außer dem Zusammenhalt im Landkreis, einem weiteren Mann zu verdanken, nämlich Hubert Teichmann, betonten Ralf Gummersbach und der Fischacher Bürgermeister Peter Ziegelmeier gleichermaßen. Er habe sich seit der Stilllegung des regelmäßigen Verkehrs auf der Strecke 1991 für den Erhalt der Trasse und der Gleise eingesetzt. Und dass die Trasse erhalten bleibe, das sei überhaupt das Wichtigste, blickte Werner Ziegelmeier noch auf eine andere Bahnstrecke im Landkreis, nämlich die Weldenbahn. Dort gebe es zumindest noch einen Radweg. Dass der gerade gegründete AVV in den Achtzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts gleich zu Beginn seines Bestehens diese Strecke stillgelegt hatte, hält er noch heute für einen Fehler. Ein Blick auf ein neues Projekt?

    Die Grünen-Landtagsabgeordnete Stefanie Schuhknecht will, dass die gesamte Staudenbahn bis Türkheim reaktiviert wird.
    Die Grünen-Landtagsabgeordnete Stefanie Schuhknecht will, dass die gesamte Staudenbahn bis Türkheim reaktiviert wird. Foto: Sandra Neubauer

    Da ist wohl zunächst die Verlängerung der Staudenbahn bis Türkheim aktuell. Die Landtagsabgeordnete der Grünen für das Unterallgäu, Stefanie Schuhknecht, sagte am Bahnhof von Markt Wald: „Unser erklärtes gemeinsames Ziel ist es, dass auch der Lückenschluss gelingt und die Staudenbahn wieder von Augsburg bis Türkheim-Bahnhof durchfahren kann. Ich hoffe auf ein positives Signal durch das Gutachten, das der Landkreis Unterallgäu in Auftrag gegeben hat, denn ich bin überzeugt, dass die Strecke einen großen Mehrwert fürs Unterallgäu, aber auch für die Region Augsburg entfalten kann.“ Auch Landrat Alex Eder war zum Treffpunkt am Bahnhof in Markt Wald gekommen.

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    1 Kommentar
    Günter Köhler

    Auch ich halte eine Reaktivierung der Staudenbahn für sinnvoll, notwendig und erstrebenswert. Dass die hierfür notwendig werdenden Arbeiten zu 90 Prozent vom Bund übernommen werden, halte ich allerdings für reine Tagträumerei der hier Beteiligten. Es dürfte doch mittlerweile hinlänglich bekannt sein, in welch prekärer finanziellen Situation sich der Bund befindet und dass er nicht weiß, wie er die vorhandenen Finanzlöcher stopfen und die dringend notwendigen Investitionen in verschiedensten Bereichen tätigen soll. An dieser Situation dürfte sich auch so schnell nichts ändern. Jedenfalls so lange nicht, wie die Schuldenbremse für den Bundeshaushalt noch Gültigkeit hat. Das Finanzierungskonzept für die Staudenbahnreaktivierung dürfte wohl noch eine gründliche Überarbeitung erfahren.

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