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Emersacker: Nach dem Großbrand im Schloss hat Emersacker endlich wieder eine Kneipe

Emersacker

Nach dem Großbrand im Schloss hat Emersacker endlich wieder eine Kneipe

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    Jonny, eigentlich Christian Czichon, hinter dem Tresen. Die Kneipe ist und bleibt sein Leben.
    Jonny, eigentlich Christian Czichon, hinter dem Tresen. Die Kneipe ist und bleibt sein Leben. Foto: Marcus Merk

    Christian Czichon, der Kneipenwirt, den alle nur Jonny nennen, ringt nach den richtigen Worten. Jonny steht hinter dem neuen, elf Meter langen Tresen im "Night Rider" und denkt an diesen einen Novembermontag, der für ihn alles veränderte. Er wirkt nachdenklich. Dann bricht es aus ihm heraus: "Ich war daheim", sagt er. Es war frühmorgens, der Hund bellte. "Dann höre ich die Sirene und denke mir: Das ist nichts Gutes." Es war nichts Gutes. An diesem Montag verlor Kneipenwirt Jonny sein Lebenswerk.

    Großbrand in Emersacker: Schloss und Kneipe standen in Flammen

    Vermutlich war es ein Kühlschrank, der das Feuer auslöste. Der "Night Rider, die Pilskneipe mit Pfiff" ging in Flammen auf und mit ihr große Teile des Schloss Emersacker. Das Feuer fraß sich rasend schnell über die alten Fehlbodendecken bis ins Gebälk des historischen Gemäuers der Schlossanlage. Der Schaden ging in die Millionen. Was nicht verschmorte, wurde von einer Schmutzschicht aus Ruß und Löschschaum überzogen. 

    Etwa 200 Helfer aus der Region löschten den Großbrand, der viele Menschen in der Region betroffen machte. Mit dem Wahrzeichen der Holzwinkelgemeinde verschwand übrigens auch die alte Papagei-Dame Karina. Der Rauch hat das Leben des Kneipenmaskottchens genommen. Jonny hat den Vogel in seinem Garten beerdigt. Das ist jetzt vier Jahre her. 

    So lange schon wartet Jonny, der seinen Spitznamen von seinem Vater erhalten hat, darauf wieder loszulegen. Jahrelang wurden Schloss und Kneipe für viel Geld saniert. Am Samstag ist es endlich so weit. Dann steht der Wirt wieder hinter dem selbst gebauten Tresen und zapft Pils oder er geht nach nebenan, um eine Bonsa auf den Grill zu werfen. 

    Dass er wieder Wirt sein kann, stand eine Zeit lang auf der Kippe. Es gab Überlegungen, aus der Pilskneipe ein richtiges Wirtshaus zu machen, vielleicht mit Biergarten. Aber Jonny hatte Glück. "Die Gemeinde hat mich gefragt, ob ich es machen will. Da habe ich nicht überlegt", sagt der 66-Jährige. 

    Zuletzt arbeitete der ehemalige Automechaniker und Bierfahrer als Lagerist. Aber sein Herz – das ist klar – schlägt für die Kneipe. "Alle lieben Jonny und Jonny liebt sie alle" – lautet die Überschrift in einem Text über die Gemeinde Emersacker, der sich auf deren Webseite findet. Woran das liegt? Vielleicht an den vielen Anekdoten und Geschichten, die der 66-Jährige auf Lager hat. 

    Die Pilskneipe im Erdgeschoss des älteren Zischenbaus im Schloss von Emersacker war komplett zerstört.
    Die Pilskneipe im Erdgeschoss des älteren Zischenbaus im Schloss von Emersacker war komplett zerstört. Foto: Marcus Merk (Archivbild)

    Der Wirt erzählt von seinen „Ice-Remember-Partys“ mit 500 Gästen und den US-Car-Treffen in Emersacker. Heuer will er wieder ein solches Treffen mit amerikanischen Oldtimern organisieren – nach jahrelanger Pause. Ob jetzt alles wieder so wird wie früher? "Das kann man nicht sagen", meint Jonny. Die Zeiten hätten sich geändert. Die Gruppe junger Männer etwa, die früher jeden Abend in seiner Pilskneipe saß, ist längst erwachsen. "Die kommen heute mit ihren Kindern zum Essen." Die jüngere Generation gehe nicht mehr so oft feiern wie früher, ist sich der 66-Jährige sicher. Vielleicht liege das an der Pandemie, in der die jungen Leute das Feiern verlernt hätten. Egal, Jonny will weitermachen. 

    Im "Night Rider" riecht es noch nach frischer Farbe. Der Tresen ist jetzt grau und schwarz, nicht mehr schwarz-weiß kariert.
    Im "Night Rider" riecht es noch nach frischer Farbe. Der Tresen ist jetzt grau und schwarz, nicht mehr schwarz-weiß kariert. Foto: Marcus Merk

    Im "Night Rider" riecht es noch nach frischer Farbe. Der Tresen ist jetzt grau und schwarz, nicht mehr schwarz-weiß kariert. Auf dem Boden ist neues Parkett ausgelegt. Das alte Muster mit Kuhflecken ist verschwunden. Die Wände wirken noch etwas leer. "Jonny, das bist nicht du", habe kürzlich ein alter Stammgast zu ihm gesagt. "Aber mit der Zeit wird sich das schon noch füllen", ist sich der Wirt sicher. 19 Jahre lang gab es die "Pilskneipe mit Pfiff". Nun, nach vier Jahren Pause ist der "Night Rider" wieder von Donnerstag bis Sonntag ab 18 Uhr geöffnet. Der Name seiner Kneipe, erzählt Jonny, sei übrigens kein Schreibfehler. 

    Jonnys Kneipe "Night Rider - die Pilskneipe mit Pfiff" eröffnet am Samstag um 18 Uhr.
    Jonnys Kneipe "Night Rider - die Pilskneipe mit Pfiff" eröffnet am Samstag um 18 Uhr. Foto: Marcus Merk

    "Knight Rider" die Fernsehserie aus den 1980ern mit David Hasselhoff schreibt man bekanntlich anders. Jonny weiß das als Fan natürlich. In seiner Garage steht ein alter Pontiac, also das Auto, das durch die Fernsehserie als "K.I.T.T." Kultstatus erreichte. Wieso also "Night" (engl. Nacht) statt "Knight" (engl. Ritter)? "Ich habe David mal in München getroffen", erzählt Jonny. Da ergriff er die Gelegenheit und fragte den US-amerikanischen Schauspieler, ob er seine Kneipe in Emersacker nach der TV-Serie benennen dürfe. Hasselhoff gab ihm zu verstehen, dass er dafür Geld haben möchte. Vielleicht war das ein Scherz. Aber Jonny ging lieber auf Nummer Sicher. 

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