Würde es eine Checkliste für die Punkte geben, die eine kleine Gemeinde attraktiv, vital und lebenswert machen, so hätte diese Liste in der Gemeinde Ehingen einige grüne Haken. Das war – kurz zusammengefasst – das, was Gertrud Bittl-Dinger, Landschaftsarchitektin bei Eger & Partner, im Rahmen der Ehinger Gemeinderatsitzung präsentierte. Sie stellte die ersten Ergebnisse des sogenannten Vitalitätschecks dar, bei dem es mit Blick auf Demographie, statistische Daten, den Immobilienmarkt, die Erreichbarkeit und die Versorgung sowie die Themen Kinderbetreuung und Wohnen im Alter um Entwicklungspotenziale der Gemeinde geht.
Gertrud Bittl-Dinger präsentierte Zahlen, Daten und Fakten, lobte den Ort für die Vielzahl an Vereinen, für die Angebote für Jung und Alt – wie zum Beispiel für den Fahrdienst für Senioren, den Jugendraum, das Ferienprogramm und die Betreuungsangebote für Kinder –, betonte die Nähe zu Nordendorf, wo es zahlreiche Versorgungseinrichtungen gibt und hob auch hervor, dass es sogar in Ehingen selbst einen Hofladen, einen Gastronomiebetrieb, kleinere Gewerbebetriebe sowie ein Bürgerhaus in Ortlfingen und eine Kneippanlage am Bach gibt. Doch hier und da zeigte die Landschaftsarchitektin auch auf, dass sich ein Wandel im Ort abzeichnet – in sozialer, städtebaulicher und funktionaler Form.
Die Gruppe der älteren Bewohnerinnen und Bewohner wird größer
Die Gruppe der älter werdenden Menschen, die mitunter neue Anforderungen an den Ort stellen könnten, wird größer. Das Konzept des Mehrgenerationenwohnens ist immer seltener vertreten. Leerstehende Wohngebäude, stillgelegte landwirtschaftliche Betriebe, Gewerbebrachen und Baulücken nehmen zu. An dieser Stelle richtete Gertrud Bittl-Dinger einen Appell an das Gremium, den sie auch statistisch untermauerte: Bis ins Jahr 2041 wird es im Ort einen Wohnbaulandbedarf von über zehn Hektar geben; aktuell ließe sich das Potential innerorts auf knapp 12 Hektar beziffern. Diese 12 Hektar stehen jedoch nicht ad hoc zur Verfügung, stattdessen sind sie beispielsweise im Privatbesitz – mit oft unbekannter Zukunftsprognose.
Was die Landschaftsarchitektin damit gedanklich anstoßen wollte, war eine neue Denkrichtung, die bei den Mitgliedern des Gemeinderatsgremiums erstmal sacken musste und die darauf abzielte, dass sich die Bürgerinnen und Bürger in Ehingen Gedanken um ihre Zukunft und um die Zukunft ihrer Grundstücke machen sollten. Gertrud Bittl-Dinger plädierte für eine Sensibilisierung der Bürgerinnen und Bürger, sich um den eigenen Nachlass zu kümmern und dabei auch zu überdenken, ob Gebäude weiterhin genutzt werden, ob eine Renovierung, Sanierung oder Umnutzung eine neue Nutzung ermöglichen würde oder ob gar ein Abriss eine Option wäre, um beispielsweise auf dem Grund und Boden eines ehemaligen landwirtschaftlichen Betriebs kleinere Wohneinheiten, beispielsweise für Senioren, zu realisieren. Auch zur Aufstellung einiger Grundregeln zur Bebauung in Ehingen und Ortlfingen mithilfe eines Bebauungsplans ermunterte die Landschaftsarchitektin – mitunter auch, um den dörflichen Charakter und damit auch den Charme des Ortes erhalten zu können.
Gemeinderäte nennen ihre Lieblingsorte und "Un-Orte" in Ehingen
So ganz ließ sich das Gremium noch nicht auf die Reise ein, die die Landschaftsarchitektin anstrebte. Final konnte sie jedoch einige schriftliche Impulse mitnehmen, wie etwa, dass einige Gremiumsmitglieder das Ortlfinger Bürgerhauses als ihren „Lieblingsort“ deklarierten und andere das Gemeindezentrum Ehingen. Um ihre ganz persönlichen „Un-Orte“ im Gemeindegebiet zu notieren, waren den Mitgliedern des Gemeinderats bunte Punkte auf einer Karte deutlich lieber, als die Stellen oder Grundstücke im Ort zu benennen, bei denen Handlungsbedarf besteht.
Klare Worte fanden die Mitglieder des Gemeinderats eher als es um ihre Zukunftsvisionen für den Ort ging. Die Kneippanlage solle schöner gestaltet werden, beispielsweise mit einem Wasserspiel für die Kinder. Das Kriegerdenkmal müsste ebenfalls umgestaltet werden. Auch eine Seniorenberatung vor Ort, ein Fernwärmenetz sowie der Baulückenschluss wurde als Zukunftsvision formuliert. Darüber hinaus wurden auch weniger griffige Punkte formuliert, wie etwa die Unterstützung der Vereine und Vorstände um – ganz im Sinne des Vitalitätschecks – auch in Zukunft vital bleiben zu können.
Um die Bürgerinnen und Bürger mit Blick auf die innerörtliche Entwicklung mit ins Boot zu nehmen, wurden gleich zwei Termine festgelegt: Am Samstag, 2. März, soll es einen gemeinsamen Dorfrundgang geben. Um 14.30 Uhr trifft man sich dazu am Rathaus; im Stüble soll der Rundgang gemeinsam ausklingen. Am Dienstag, den 5. März, findet ab 19 Uhr eine Vital-Werkstatt im Rathaus statt, wo gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern erarbeitet werden soll, was die Wohnqualität bedingt, wo Optimierungsbedarf besteht, welche Hürden es zu meistern gibt und auch, welche guten Beispiele es bereits im Ort gibt.