Zum ersten Mal hat vor Kurzem in Oberschöneberg eine Lesung mit einem preisgekrönten Autor stattgefunden. Titus Müller, der überwiegend historische Romane, aber auch Sachbücher schreibt, war hier zu Besuch. Vor einigen Jahren hatte er sich den Wunsch erfüllt, über den Mauerbau zu schreiben, obwohl sein Verlag von der Idee nicht begeistert war. Umso mehr freuten sich alle, dass Müller mit der Spionin-Trilogie in die Spiegel-Bestsellerliste einzog. In Oberschöneberg stellte Titus Müller im Rahmen der „Woche der Büchereien“ einem kurzen Abriss der ersten beiden Bände vor.
Im ersten Teil „Die fremde Spionin“ ist Ria Nachtmann die Hauptfigur. Sie arbeitet beim Amt für Außenhandel und wird zur Spionin für den Bundesnachrichtendienst. Dabei gerät sie in Lebensgefahr. Der nächste Teil beginnt zwölf Jahre nach dem Mauerbau. Ria führt ein scheinbar normales Leben, doch sie findet in der DDR keine Ruhe. Im Buch „Der letzte Auftrag“ ist Anni die Protagonistin. Rias Tochter ist inzwischen Kinderkrankenschwester, nachdem ihre Mutter in den Westen floh und sie von der Sportschule flog.
Titus Müller gibt Einblick in die eigene Kindheit
Ohne die Spannung zu verraten, las Titus Müller zwei Textpassagen des Buches. Grundsätzlich ist er an diesem Abend ein großer Erzähler. Er berichtet auch von den Hintergründen, dass er in Leipzig geboren wurde und dann in Berlin aufwuchs. Wie er das beklemmende Gefühl der Mauer noch heute nachfühlen kann. Seine Eltern waren nicht in der Partei. Da war es einerlei, wie die Noten in der Schule waren, denn für diese Kinder kamen Abitur und Studium oftmals nicht infrage. Wenn es nicht zur Wiedervereinigung gekommen wäre, wäre er jetzt vermutlich Bäcker oder Metzger. Aus eigener Erfahrung berichtete Titus Müller von den ersten Telefonanschlüssen in der DDR, die mehrere Haushalte gemeinsam nutzen mussten. So eine Szene kommt auch im Buch vor. Bei Störgeräuschen konnte man davon ausgehen, dass die Leitung abgehört wurde. Oft wurden Verschlüsselungen mit Verwandten abgesprochen, um nicht verdächtig zu werden.
Mit Beschattungen und Wohnungsdurchsuchungen wurden Menschen damals mürbe gemacht. Die Methoden der Staatssicherheit erschüttern und werden in den Büchern wieder wach. Original-Schauplätze, die politische und gesellschaftliche Lage und die damaligen Mächtigen sind eng mit den Romanfiguren verwoben.
Titus Müllers Plädoyer für die Freiheit
Die Gäste in Oberschöneberg hören an diesem Abend gebannt zu, als Titus Müller ein Plädoyer für die Freiheit hält. Natürlich gab es auch Gutes in der DDR, so Müller: günstige Lebensmittel, niedrige Mieten und mehr. Doch für das Recht, seine Meinung sagen zu dürfen und in Freiheit leben zu können, bezahle er gerne etwas mehr.
Im Anschluss ging er auf Fragen aus dem Publikum ein. Aktuell arbeite er an einem Roman, der zeitlich etwas weiter in der Deutschen Geschichte zurückgeht. Er soll im Frühjahr 2025 erscheinen. Mit einem kleinen Geschenk und begeisterten Worten bedankte sich Ulrike Eger vom Bücherei-Team Oberschöneberg für den Abend. Mit viel Applaus ging es zu einer Signierstunde und einige nutzen die Zeit für ein persönliches Gespräch mit dem sympathischen Autor Titus Müller. (AZ)
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