1.500 Wettbewerbsteilnehmer, 60 Wettkampf-Disziplinen und eine spektakuläre Eröffnungsfeier, die einer halben Million anwesender Zuschauer in Erinnerung bleiben wird – hierbei ist nicht etwa die vergangene Olympiade gemeint, sondern die sogenannten „WorldSkills“, eine Weltmeisterschaft der unterschiedlichsten Menschheitsberufe, die in wenigen Tagen im französischen Lyon mit einer gewaltigen Showinszenierung ihren Anfang nehmen wird. Ebenfalls unter den Wettbewerbern mit dabei: Elias Kleespies, der als Deutscher Meister der Möbelschreiner dort nun seine Handwerkskünste gegen 21 weitere Landesmeister aus sämtlichen Kontinenten der Welt zu verteidigen hat. Trainiert wird Kleespies derzeitig von Florian Langenmair, der seit nunmehr neun Jahren den jeweiligen Deutschen Möbelschreinermeister in seinem eigenen Schreinereibetrieb in Dinkelscherben für die Berufs-Weltmeisterschaften vorbereitet.
So bereitet sich der Schreiner auf die „WorldSkills“ vor
Und Langenmairs Trainingskonzept ist bis ins kleinste Detail durchdacht, denn der junge Elias Kleespies findet in Dinkelscherben momentan die gleichen Arbeitsbedingungen vor, die ihn in einigen Tagen auch in Lyon erwarten werden: ein äußerst begrenztes Arbeitsareal von 15 Quadratmetern, einen bereitgelegten Stapel an verschiedenen Holz-Rohmaterialien, ein exakt festgelegtes Kontingent an Bearbeitungswerkzeugen – und nicht zuletzt eine ganz bestimmte Zeitspanne, in welcher er sein spontan vorgegebenes Werk zu verrichten hat. In diesem allerletzten Übungsszenario ist es ein Dielenschrank, der letztendlich mit sauber gefertigten Schubladen bestückt werden soll. Doch trotz all des offensichtlichen Arbeitsdrucks scheint sich Kleespies nicht aus der Ruhe bringen zu lassen: „Ein bisschen Anspannung ist schon da.“, lässt er gelassen dazu verlauten, während er noch einmal mit hochkonzentriertem Blick die Kanten seines entstehenden Möbelstückes überprüft. „Aber da muss man cool bleiben.“
Um bei den WorldSkills mit dabei zu sein, darf man laut Kleespies das 22. Lebensjahr noch nicht überschritten haben. „Damit sollen einfach die jungen Leute gefördert und eine gewisse Vergleichbarkeit geschaffen werden.“ Eine ernsthafte Konkurrenz könnte für den jungen Mann unter anderem aus der Nation China erwachsen, wie Langenmair mit dennoch hoffnungsvoller Zuversicht erzählt: „Deren Vertreter machen nichts anderes, als ganze zwei Jahre lang für die Weltmeisterschaft zu trainieren. Doch die Deutschen können sich dafür sehr schnell auf etwas ganz Neues einstellen.“
„“enn der olympische Geist erst einmal übergesprungen ist und am Ende die Medaillen vergeben werden, ist das schon ein Wahnsinnsgefühl.“
Florian Langenmair, Schreiner
Auch Langenmair selbst ist dieser Tage in seinem Dinkelscherber Betrieb mit dem Training seines Schützlings stark gefordert. Doch damit aufzuhören, die deutschen Meister für die Weltmeisterschaft vorzubereiten, das möchte er noch keineswegs: „Es ist schwierig, deutschlandweit jemanden zu finden, der sich mit den WorldSkills auskennt. Und wenn der olympische Geist erst einmal übergesprungen ist und am Ende die Medaillen vergeben werden, ist das schon ein Wahnsinnsgefühl.“
„WorldSkills 2024“ vom 10. Bis 15. September
Für den deutschen Wettbewerbsvertreter Elias Kleespies bleibt zu hoffen, dass er in Lyon wenigstens ein kleines bisschen Zeit findet, auch die Wettkämpfe in den anderen 60 Berufssparten ein wenig mitzuverfolgen – denn dort wird jede Menge Action und Spannung auf die Zuschauer warten: Konditoren aus aller Welt versuchen sich gegenseitig mit den spektakulärsten Tortenskulpturen zu übertrumpfen, Gartenbaumeister lassen in dem gigantischen Areal zahllose Freiluftkunstwerke aus dem Boden wachsen, Mechatroniker überbieten sich im professionellen Reparieren von defekten Lkws. Und die teilnehmenden Hotelfachkräfte werden nochmals mit ganz anderen Herausforderungen konfrontiert, wie die vergangenen Meisterschaften bereits gezeigt hatten.
So etwa mussten sich die Wettbewerber einmal an einer simulierten Hotelrezeption möglichst feinfühlig um „völlig betrunkene Gäste“ kümmern, die freilich allesamt von Schauspielern in Szene gesetzt worden waren. Auch die miteinander konkurrierenden Pflegekräfte aus aller Welt waren bereits schon bis aufs Äußerste gefordert worden – denn bei ihnen sind es die simulierten Patienten selbst, die am Ende über den Erfolg ihrer beruflichen Fähigkeiten entscheiden werden. Ob Elias Kleespies vielleicht doch schon eine gewisse Vorahnung hat, was in wenigen Tagen auf dem riesigen Eurexpo-Gelände in Lyon auf ihn zukommen wird? Der junge Mann zuckt lächelnd mit den Schultern. „Alles was ich weiß ist, dass mein Werkstoff Eichenholz sein wird. Meine ausgesuchten Werkzeuge sind bereits schon auf dem Weg nach Lyon.“
Info: Die „WorldSkills 2024“ werden in 60 Berufssparten vom 10. Bis 15. September im französischen Lyon stattfinden. Die vergangene Weltmeisterschaft war im russischen Moskau abgehalten worden.
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