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Ein Verein will über die Landkreise Augsburg, Dillingen und Günzburg hinaus mehr Hochwasserschutz

Dinkelscherben   

Hochwasserschutz - nicht nur für die ganze Region

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    Ein Verein möchte sich landkreisübergreifend für mehr Hochwasser einsetzen. Nun fand das zweite Treffen des BWN in Dinkelscherben statt.
    Ein Verein möchte sich landkreisübergreifend für mehr Hochwasser einsetzen. Nun fand das zweite Treffen des BWN in Dinkelscherben statt. Foto: Marcus Merk (Archiv)

    Der Veranstaltungsort, die Hospitalstiftung Dinkelscherben, kann auf eine jahrhundertealte Geschichte zurückblicken. Die Juni-Flut von 2024 betrachten viele der Betroffenen noch heute als eine Art tausendjähriges Hochwasserereignis. Letzteres bemühte mit Roland Kempfle der Bürgermeister vom Markt Burtenbach. Der Redner stand als einer von vielen anderen Rathauschefs - zum Beispiel aus dem oberen wie unteren Zusamtal - für die geballte kommunalpolitische Kompetenz beim jüngsten Treffen des Bündnisses Wasser und Natur – kurz BWN. Erst vor einem Vierteljahr entstanden, schaffte es der Verein ein zweites Mal, viel Prominenz aus Politik und Gesellschaft sowie kompetente Referenten an einen gemeinsamen Tisch zu bringen. Einig war man sich auch beim Ziel, den Hochwasserschutz auf Vordermann zu bringen. Und der Freistaat und der Bund dürften sich nicht der Verantwortung entziehen und nur den Kommunen die Lösung der Klimaprobleme überlassen.

    „Du hast heute mal wieder alle entzündet.“

    Hermann Scherer (über Josef Guggemos), Vorstand der Raiffeisenbank Augsburg-Land

    Die Hauptperson des zweieinhalbstündigen Abends, Initiator und Vorstand Josef Guggemos, hielt sich auf bescheidene Art und Weise eher zurück und stellte immer wieder seine Mitstreiter und Helfer ins Rampenlicht der Aufmerksamkeit. Doch Moderator Hermann Scherer, Vorstand der Raiffeisenbank Augsburg-Land, dankte am Ende dem rührigen Senior mit den Worten: „Du hast heute wieder einmal alle entzündet.“

    Die Führung: Josef Guggemos (Dritter von rechts), links davon Alexander Hieber und Wolfgang Deffner. Die Moderation übernahm Hermann Scherer.
    Die Führung: Josef Guggemos (Dritter von rechts), links davon Alexander Hieber und Wolfgang Deffner. Die Moderation übernahm Hermann Scherer. Foto: Günter Stauch

    Ein Feuer war bei den rund 60 Besuchern keineswegs ausgebrochen, aber das Publikum hatte sich von dem quirligen Talent des BWN-Mitgründers in eine einzigartige Aufbruchstimmung versetzen lassen. Sie wird auch notwendig sein. Hatte der Bankier doch zu Beginn davor gewarnt, dass nach dem Verschwinden des Hochwassers mitunter „eine lange Pause und die Einstellung entsteht nach dem Motto: Aus den Augen aus dem Sinn.“ Scherer: „Aber da kommt wieder so etwas“, warnte er mit ernstem Blick in Richtung der aufgestellten Tische, an denen reichlich Kaffee und Kuchen sowie Butterbrezen serviert wurden.

    Experte warnt vor weiteren, massiven Regenereignissen

    Was die Experten und andere Redner dann boten, war alles andere als leichte Kost. So riet Christian Mayr von den LEW den Städten und Gemeinden zur Anschaffung von Pegelstands-Sensoren, die vom Preis her billig, aber von großem Nutzen seien. Kollege Ralf Glocke äußerte sein großes Erstaunen über die Wassermengen vom vergangenen Sommer, bei denen selbst ihm als Hochwasserexperten die Spucke weggeblieben sein muss. „Wir haben damals etwas erlebt, das weit über das HQ100 hinausgereicht hat.“ Es habe schon Übungen aller Beteiligten gegeben, aber nicht mit einem solchen Szenario. Bei der seinerzeitigen Großwetterlage sei davon ausgegangen worden, dass sich der Niederschlag im Alpenraum ausregnen würde. Es kam aber anders. „Dagegen gab es bei uns einen massiven Regen und das wird sich künftig des öfteren ereignen“, warnte der Fachmann vor dieser Verdoppelung der Wassermengen. Aber auch davor, die in diesen Tagen immer wieder gescholtene Wasserwirtschaft an den Pranger zu stellen. „Das ist falsch.“ Mehrere Diskutantinnen und Diskutanten legten jedoch die Finger genau auf diese Wunden.

    Auch ein Politiker aus Wertingen war vom Hochwasser privat betroffen

    „Der massive Abbau des Personals bei den Wasserwirtschaftsämtern seit dem Jahr 2000 war ein großer Fehler“, bewertete die seit 21 Jahren als SPD-Landtagsabgeordnete wirkende Simone Strohmayr solche Entscheidungen und versicherte, wonach ihre Partei bei jedem Haushalt auf Mittelverstärkungen in diesem Sektor gedrängt habe. Auch Marina Jakob (Freie Wähler) gestand zu, dass Maßnahmen im Hochwasserschutz viel zu lange dauerten und noch mit viel Bürokratie behangen seien. Etwa bei den artenschutzrechtlichen Gutachten. So würden Jahre verstreichen. „Das Hauptaugenmerk liegt hier auf dem Hochwasser, das ist verständlich – aber es gibt noch andere wichtige Bereiche wie Wirtschaft und Bildung, die auch berücksichtigt werden müssen“, sagte Jakob.

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    Viele Straßen und Keller sind überflutet, Menschen mussten sich in Sicherheit bringen. Helfer von Feuerwehr, Rettungsdienst, Polizei und THW sind pausenlos im Einsatz.

    Die beiden politischen Akteurinnen von der Isar hatten sich eingebracht, nachdem vor allem Alfred Schneid, Landratsstellvertreter in der Nachbarregion Dillingen an der Donau, kritisch den Fokus auf den Freistaat gerichtet hatte. „Man kann als Kommune bei dem Thema viel unternehmen, aber Bayern sollte auch immer selbst mitmachen“, forderte der Gast von der Wertinger Zusam, dessen Haus ebenfalls unter Wasser stand.

    Könnte der Verbund eines Tages bis in Unterallgäu reichen?

    Dass die 35-Millionen-Euro-Bemühungen im Mindeltal Früchte trugen und weniger Schäden zu beseitigen waren, nahmen die Vorsteher der anderen Kommunen mit großem Interesse zur Kenntnis. „Was wir da vor zwei Jahrzehnten gestartet haben, hat sich ausgezahlt“, betonte der Burtenbacher Roland Kempfle, dessen Gemeinde von den Fluten weitgehend verschont wurde. Ein Ergebnis langer Vorarbeit und auch nicht geringer Kosten. Josef Guggemos warb eindringlich für den Zusammenhalt. Wie damals, als es um den Kampf für den Erhalt der Hospitalstiftung in Dinkelscherben ging. „Das Aus war eigentlich schon längst beschlossen, aber dann hielten wir zusammen und sollten das auch jetzt wieder tun“, appellierte der umtriebige Mann in den Saal, in dem bei einer Blitzumfrage unter den Anwesenden einige Wünsche aufgekommen waren.

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    Überflutete Häuser, gesperrte Straßen und Brücken: Das Hochwasser richtet am Samstag und Sonntag in der Region große Schäden an. Fotos aus ganz Schwaben.

    An der Spitze der Liste standen ein gelingender Wasserrückhalt und die Bedeutung interkommunaler Zusammenarbeit, gefolgt von der Vertrauensbildung und dem Ausbau des Messpegelnetzes. Schließlich die Zuständigkeiten im Hochwasserschutz und die Gefährdung durch Unterführungs – und Brückendurchlässe. Wichtige Themen für die wichtigen Entscheider der Städte und Gemeinden, die beim BWN zusammenkommen sollen. Guggemos möchte auch den Landkreis Unterallgäu mit ins (Rettungs-)boot holen. Etwa mit einem Vertreter vom dortigen Markt Wald? Dort beginnt schließlich die Zusam ihren fast hundert Kilometer langen Lauf. Vorbei an Zusmarshausen, der einzigen Gemeinde, die das kleine und immer wieder mal wütende Flüsschen in ihrem Ortswappen andeutet.

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