Kurz vor dem Aus kam die Rettung. Die jüngere Geschichte des Seniorenheims in Dinkelscherben kann man getrost als bewegt bezeichnen. Das Spital, wie die Dinkelscherber die Einrichtung nennen, sollte vor rund vier Jahren geschlossen werden. Die Zimmer entsprachen nicht mehr den Standards, das Gebäude wirkte wenig einladend. Inzwischen ist das anders. Das Heim entwickelt sich mehr und mehr zu einem Vorzeigeprojekt mit Strahlkraft. Was ist passiert?
2019 sollte das Seniorenheim geschlossen werden
Um das zu verstehen, muss man mit einem Blick zurück beginnen. 2019 verkündeten die damaligen Verantwortlichen die Nachricht von der anstehenden Schließung des Heims. Eine Sanierung sei zu teuer, hieß es damals. Es schien, als führe am Ende der jahrhundertealten Einrichtung kein Weg vorbei. Doch es formierte sich Widerstand. Was folgte, war ein beispielloser Protest der Dinkelscherber, der zu einer Bewegung wurde. Vermutlich war es die Hartnäckigkeit einiger, die zum Erfolg führte. Inzwischen gibt es ein neues Führungsteam im Spital. Es gibt politischen Rückenwind, eine Millionenförderung zur Sanierung und vor allem: Tausende Unterstützer aus der Bevölkerung.
An der Spitze des Fördervereins steht Josef Guggemos. Ein Dinkelscherben ohne Spital wollte der 73-Jährige nicht akzeptieren. Hartnäckig nutzt er jede Gelegenheit, um Unterstützer zu finden. Als Guggemos einmal sagte, der Förderverein solle einmal mehr Mitglieder als der Bundesligaverein FC Augsburg haben, sorgte das für Lacher. Inzwischen lacht keiner mehr. Guggemos ist einer, der hartnäckig bleibt, der vielleicht auch mal nervt, um sein Ziel zu erreichen. Als der bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek vor ein paar Tagen in Dinkelscherben vorbeischaute, verließ er den Ort nicht, ohne vorher einen Mitgliedsbeitrag zum Förderverein zu unterschreiben. Mann kann sich vorstellen, wie das ablief.
Unterstützung auch von Kommunen aus der Region
So ist es vermutlich auch zu erklären, dass die Mitglieder inzwischen aus der ganzen Region kommen. Auch von einigen Kommunen gibt es finanzielle Unterstützung. Von den beiden Marktgemeinden Dinkelscherben und Zusmarshausen natürlich. Aber auch von Horgau, Kutzenhausen und Ziemetshausen. "Für Einrichtungen des Landkreises gibt es doch auch von allen Kommunen Geld", stellt Guggemos klar. Sein Ziel sei es deshalb, möglichst viele Gemeinden in der Umgebung für das Seniorenheim zu gewinnen. Was die davon haben?
Horgaus Bürgermeister Thomas Hafner erklärt: "Natürlich hätte jede Gemeinde gerne ein Seniorenheim. Aber das geht leider nicht." Deshalb sei es wichtig, die bestehenden Einrichtungen zu fördern. Denn klar sei: "Wir werden alle älter und benötigen diese Einrichtungen." Ziemetshausens Zweiter Bürgermeister Edwin Räder erklärt: "Alle schreien nach dem Staat." In Dinkelscherben sehe man aber, was durch Engagement möglich sei. Ähnlich sieht das Kutzenhausens Rathauschef Andreas Weißenbrunner: "So etwas geht nur mit Ehrenamt." Profitieren könnten die umliegenden Gemeinden auch von einer Pflegeschule, über die seit einiger Zeit gesprochen wird. Die Vision: eine Schule für Pflegeberufe für die gesamte Region. Konkret sind die Pläne dafür aber noch nicht.
Förderverein hat inzwischen mehr als 1700 Mitglieder
Inzwischen hat der Förderverein über 1700 Mitglieder. Etliche davon arbeiten auf der Baustelle im Spital mit. Weit über 20.000 Arbeitsstunden seien so zusammengekommen, erzählt Guggemos. Obendrein wurden über 600.000 Euro an Spendengeldern gesammelt. Ein Teil davon floss in die Sanierung des jahrhundertealten Spitals. Wie weit sie inzwischen fortgeschritten ist, wird bei einem Rundgang mit Einrichtungsleiterin Katrin Stark deutlich. Momentan wird der zweite große Teilbereich des Seniorenheims saniert. Für die Einrichtung ist das eine besondere Herausforderung, weil der Betrieb im Spital weitergeht. Zwischenzeitlich müssen deshalb Zimmer doppelt belegt werden. Dass sich die Anstrengung lohnt, zeigt ein Blick in eines der neuen Zimmer.
So sehen die neuen Zimmer in Seniorenheim in Dinkelscherben aus
Während einige Zimmer vor der Sanierung nicht vollständig barrierefrei wahren, entspricht nun alles den Anforderungen. Jedes Zimmer hat ein eigenes Bad, das auch mit einem Rollstuhl befahren werden kann. Ein langer Gang, der vorher nach altem Krankenhaus aussah, wirkt jetzt offen und modern. Ebenso wie der neue Aufenthaltsraum, der bereits fertig ist. Dort findet nun am Wochenende ein offener Mittagstisch für alle statt.
Der helle Saal sei der "Dreh- und Angelpunkt" in der Einrichtung, erzählt Stark. Sie steht an der Spitze der Einrichtung, die inzwischen einige neue Mitarbeitende hat und ausbildet. Allerdings: Es fehle – wie in der gesamten Branche – an Nachwuchs, erzählt Stark und wirbt für eine Ausbildung zur Pflegefachfrau: Je nach Ausbildung sei dafür ein Abschluss der Mittel- oder Realschule nötig. Das Ausbildungsgehalt im ersten Lehrjahr lief aktuell bei knapp 1200 Euro brutto. Nach der Ausbildung und ein paar Jahren Erfahrung seien bis zu 4000 Euro brutto möglich.