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Diedorf-Biburg: Wie die Ölmühle Hartmann aus Sonnenblumen wertvolles Öl macht

Diedorf-Biburg

Wie die Ölmühle Hartmann aus Sonnenblumen wertvolles Öl macht

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    Marcus Hartmann ist zufrieden mit seinen Sonnenblumen. Er betreibt eine große Ölmühle in Biburg.
    Marcus Hartmann ist zufrieden mit seinen Sonnenblumen. Er betreibt eine große Ölmühle in Biburg. Foto: Diana Zapf-Deniz

    Anfang August erstrahlte ein riesiges Sonnenblumenfeld am Ortsausgang Biburg Richtung Horgau. Doch da waren die sonnigen Blumen, deren ursprüngliche Samen einst spanische Seefahrer von Amerika nach Europa brachten, noch lange nicht erntereif. Das Feld an schöner Hanglage direkt hinter seiner Ölmühle gehört Marcus Hartmann. Doch wie werden die öligen Früchte der göttlichen Blume der Inkas geerntet? Und was ist das Geheimnis eines gesunden Sonnenblumenöls?

    Marcus Hartmann aus Biburg war vermutlich der erste Sonnenblumenanbauer Bayerns

    "Die Ernte beginnt meist um den 20. September herum", erzählt der Ölmüller Hartmann, der 1988 mit gerade 18 Jahren, der erste Sonnenblumenanbauer Bayerns gewesen sein dürfte. Bis spätestens Mitte Oktober muss er seine 50 Hektar Sonnenblumen im Umkreis von 25 Kilometern abgeerntet haben. "Regionalität und die Zusammenarbeit mit den Landwirten hier sind mir wichtig", betont Hartmann. Denn so wisse er, dass die Böden gesund sind und sich bei seinen Ölfrüchten keine Krankheiten bilden.

    Marcus Hartmann hat sich alles selbst beigebracht: "Ölmüller kann man nicht lernen. Aber man lernt durch Erfahrung und Misserfolge", sagt er und holt dabei tief Luft.

    Anfang August erstrahlten die Sonnenblumen in leuchtendem Gelb. Doch erntereif sind sie erst einige Wochen später.
    Anfang August erstrahlten die Sonnenblumen in leuchtendem Gelb. Doch erntereif sind sie erst einige Wochen später. Foto: Diana Zapf-Deniz

    300 Hektar Ölsaaten hat er bei anderen Landwirten und 140 Hektar eigene. Er baut nicht nur Sonnenblumen, sondern auch andere Ölfrüchte wie Hanf, Raps, Lein und Leindotter an. Da die Felder Anbaupausen brauchen, sind die Kooperationen mit den Landwirten unerlässlich. "Jedes 4. Jahr baue ich hier Sonnenblumen an."

    Die Ernte heuer ist vielversprechend, weiß der Biburger. Die Klimaänderung hin zu wärmeren Sommern komme dem Anbau der Sonnenblume entgegen.

    Anfang April hatte er die Samen in einem fast quadratischen Abstand von 37,5 mal 38 Zentimeter ausgesät. 70000 Körner braucht er auf einen Hektar Land. "Bei uns ist alles Bio", berichtet der 50-Jährige. Sonnenblumen seien sehr robust und der einzige Feind sei die Taube. Ihr schmecken die ausgesäten Kerne, wenn sie gerade zu keimen und sprießen beginnen.

    Sechs Tonnen Saaten in wenigen Minuten

    Der Mähdrescher steht bereit und beginnt seine Bahnen durch das mächtige Feld zu ziehen. Dabei schneidet er die mit Kernen prall gefüllten Blütenstände ab und trennt die wertvolle Ölsaat von Blütenboden, Blättern und Stängeln. In wenigen Minuten preschen sechs Tonnen Saaten hinein. Pro Hektar rechnet er mit 1.000 Litern und somit wird es in diesem Jahr 50.000 Liter Sonnenblumenöl geben.

    Später ist die Blume mächtig gewachsen und ihr Kopf hängt schwer nach unten. Er trägt unzählige der beliebten Kerne.
    Später ist die Blume mächtig gewachsen und ihr Kopf hängt schwer nach unten. Er trägt unzählige der beliebten Kerne. Foto: Diana Zapf-Deniz

    Hartmann baut zwei unterschiedliche Sorten an: die ganz normale Sonnenblume und die speziell gezüchtete "high oleic" Ölsaaten ohne Gentechnik, das als Bratöl – im Gegensatz zu normalem Sonnenblumenöl – auch bis 280 Grad erhitzt werden darf.

    Vom Feld geht es mit der Ernteware zur Ölmühle. Dort nimmt Andreas Fischer den Rohstoff an. "Je nach Jahrgang schmeckt die Sonnenblume anders", berichtet der Ölsommelier, der ein Näschen für seine Blumen hat. "Jede Ernte hat ihren einen eigenen Geruch." Die Sonnenblume produziere nämlich ähnlich wie Bäume Harze. Deshalb riecht es beim Abladen harzig.

    Die Kerne werden wind- und siebgereinigt und müssen rasch getrocknet werden, damit keine Fäulnis entsteht. Bei Anlieferung haben sie eine Feuchte von 10 bis 18 Prozent. In der Ölmühle werden sie innerhalb von sechs Stunden auf fünf Prozent Restfeuchte bei 40 Grad mit Abluftwärme vom Nachbarn, der Biogasanlage Kemter, getrocknet. "Hier passiert die Qualität. Das muss flugs gehen."

    Zur Erntezeit sind Nachtschichten nötig

    Hartmann schiebt dafür Nachtschichten, denn mit der Trocknung könne man nicht bis zum nächsten Tag warten. Erntezeit ist für ihn daher die Zeit mit dem wenigsten Schlaf. Nach der Trocknung sind die Kerne theoretisch bis zu 20 Jahre haltbar.

    Links sind die Kerne so, wie sie vom Feld kommen. Rechts ist das ausgesiebte Beiwerk.
    Links sind die Kerne so, wie sie vom Feld kommen. Rechts ist das ausgesiebte Beiwerk. Foto: Diana Zapf-Deniz

    Nach der Pressung, die als Überbleibsel den Presskuchen zur Folge hat, der wiederum an Tiere aus der Region verfüttert wird, tropft das Öl sofort in einen Kühlbehälter mit 9 Grad. Zwei Drittel der Ernte ergeben Presskuchen. Im Anschluss wird das Truböl gefiltert. Ein Nylontuch fängt die Schmutzpartikel auf. Daraus entsteht der sogenannten Filterkuchen, der sich aufgrund der Wachse in der Sonnenblume wachsig anfühlt. "Bei der Kaltpressung ist in einem Öl alles drin, was der Mensch braucht", ist Hartmann überzeugt.

    Zuletzt wird das Öl per Spiegelabfüllung abgefüllt und luftdicht verschlossen. "Ohne Sauerstoff hält das Öl tausend Jahre." Denn Öl brauche Sauerstoff zum Zerfall. Öl könne nicht kaputt gehen. Lediglich Vitamine bauen sich je nach Art ab.

    "Das raffinierte Speiseöl ist ein Abfallprodukt, aus dem Vitamin E für Kapseln und Magnesium für Tabletten herausgepresst und extra verkauft werden." Daher ist kalt gepresstes Öl dickflüssig und aufgrund der Qualität auch teurer. Am Speiseöl zu sparen ist für Hartmann Sparen falsch: "Für das Auto muss es das beste und teuerste Öl sein, aber beim eigenen Körper achten die Leute weniger auf die Qualität." Allerdings finde hier glücklicherweise immer mehr ein Umdenken statt.

    Inzwischen bekommt man die hochwertigen Speiseöle aus Biburg an 1800 Verkaufsstellen in Bayern und Baden-Württemberg sowie im Werksverkauf. Hartmann erklärt: "Das Sonnenblumenöl ist aktuell aufgrund von Corona ausverkauft. Denn während des Lockdowns haben wir viel mehr Öl verkauft, so dass es nicht mehr bis zur neuen Abfüllung ausreicht."

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