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Die Vereine im Landkreis Augsburg bekommen immer weniger Geld für das Altpapier

Landkreis Augsburg

Landkreis-Vereine schlagen „Altpapier-Alarm“

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    Die Vereine sammeln Altpapier und unterstützen damit zum Teil ihre Jugendarbeit. Nur: Die Papierabgaben schrumpfen.
    Die Vereine sammeln Altpapier und unterstützen damit zum Teil ihre Jugendarbeit. Nur: Die Papierabgaben schrumpfen. Foto: Siegfried Rebhan (Symbolbild)

    Sinkende Rohstoffpreise, zunehmende Digitalisierung, örtliche Wertstoffhöfe, komfortable Blaue Tonnen vor dem eigenen Haus – was für viele Landkreis-Bewohner und -Bewohnerinnen zu den Annehmlichkeiten des heutigen Alltagslebens gehört, bringt zahlreiche Vereine immer mehr existenzielle Notstandslagen ein. Wir haben uns im Landkreis umgehört und festgestellt: Viele Vereine sind auch in unserer Region davon betroffen.

    Durch die regelmäßigen Altpapiersammlungen vor den Haustüren und den anschließenden Weiterverkauf an Recyclingunternehmen wird in den allermeisten Fällen die komplette Betreuungs- und Jugendarbeit finanziert – so etwa auch bei der Pfadfinderschaft DPSG Neusäß: „Die Altpapiersammlungen stellen für uns Pfadfinder die einzige große Einnahmequelle dar, über die Lager und andere Aktionen der Jugendarbeit finanziert werden“, sagt DPSG-Stammesvorsitzender Brian Miehle dazu. „Wir sind jeder Bürgerin und jedem Bürger sehr dankbar, der uns unterstützt.“

    Aktuell würden die Sammlungen nur noch etwa ein Sechstel des Umsatzes im Vergleich zu einigen Jahren zuvor erzeugen. Da die DPSG Neusäß zudem auch noch die Fahrzeuge sowie die Verpflegung der Helfer eigenhändig stellen muss, seien die Sammlungen mittlerweile zu einem reinen „Nullsummenspiel“ geworden. Die Hauptgründe für den Erlös-Rückgang sind laut Miehle dabei vor allem in den sinkenden Rohstoffpreisen der Wertstoffunternehmen zu sehen. Die Corona-Epidemie hätte jedoch zusätzlich dafür gesorgt, dass die Blaue Tonne eine größere Verbreitung unter den Neusässer Mitbürgern gefunden hatte.

    Die Hiltenfinger Gemeindesekretärin Sabine Düringer sieht für ihre eigene Kommune noch ein ganz anderes Problem: „Ganz stark merken wir das Desinteresse in den Neubaugebieten. Die Menschen dort haben größtenteils auch die Aufkleber ‚Keine Werbung/Zeitungen‘.“

    Stellen die Vereine die Altpapiersammlung bald ein?

    Auch im Beach Handball Club Königsbrunn (BHC) bekommt man deutlich zu spüren, dass die Erlöse aus den Altpapiersammlungen derzeitig dramatisch schrumpfen. Dem Ersten Vorsitzenden Philipp Herzog zufolge greifen diesbezüglich gleich mehrere Ursachen ineinander: „Die Anzahl der Sammler geht zurück, da es immer weniger ältere Menschen gibt, digitale Medien das Papier ersetzen und viele die Blaue Tonne bevorzugen.“ Darüber hinaus fehle häufig das Interesse, die Vereine zu unterstützen. Obwohl auch der BHC Königsbrunn die Altpapier-Erlöse dringend nötig hat, wird laut Herzog jetzt geklärt werden müssen, ob es die Sammelaktionen zukünftig überhaupt noch geben wird. „Irgendwann lohnt sich der Aufwand nicht mehr. Bei der letzten Abgabe haben wir 70 Euro pro Tonne erhalten!“

    Herzogs Angaben können von der Pfarrjugend Stadtbergen nur bestätigt werden, doch dort sieht die Situation fast noch schmerzlicher aus. So hätten Pfarrjugendleiter Marco Blank zufolge vor Corona die Erlöse durch Altpapier bei bis zu 120 Euro pro Tonne Altpapier gelegen, während heute nur noch 40 Euro pro Tonne zusammenkommen würden. Dennoch müssen davon die Gruppenstunden und Jugendlager der Pfarrjugend finanziert werden, was vielen Bürgern vielleicht gar nicht wirklich bewusst sein dürfte. „Die Blaue Tonne ist bequem und junge Leute haben keine Lust, Altpapier zu sammeln“, steht für Blank fest. „Sammeln. Sammeln. Sammeln“, so sein nachdrücklicher Aufruf an die Bürger.

    „Bitte geben Sie beiden Vereinen Ihr Papier und nutzen Sie die Blaue Tonne für Kartonagen.“

    Hannes Neumeier, Vorsitzender des Fördervereins Leichtathetlik Dinkelscherben

    Besonders schmerzlich ist die aktuelle Entwicklung auch für den Förderverein Leichtathletik Dinkelscherben, da dessen Mitglieder nunmehr schon seit ganzen 40 Jahren zusammen mit dem Roten Kreuz die Altpapiersammlungen durchführen und nun ebenfalls ernsthaft darüber nachdenken müssen, ob sie diese Aktionen überhaupt noch beibehalten können. „Bitte geben Sie beiden Vereinen Ihr Papier und nutzen Sie die Blaue Tonne für Kartonagen“, lautet der Kompromissvorschlag von Vorsitzendem Hannes Neumeier dazu. Die Leichtathletik-Abteilung des TSV Zusmarshausen kämpft mittlerweile buchstäblich schon ums nackte Überleben, wie Abteilungsleiter Reinhard Kindig anhand von zwei nüchternen, aber alles aussagenden Zahlen vor Augen führt: „Sammelmenge 2010: 123 Tonnen, Sammelmenge 2023: 36 Tonnen.“

    Bei den Altpapierssammlungen geht es nicht nur ums Geld

    Doch dass das Sammeln keineswegs nur in den größeren Gemeinden des Landkreises angeboten wird, macht exemplarisch die Stadt Gersthofen deutlich: So fuhr der CSC Batzenhofen-Hirblingen bisher bei jedem Wetter nicht nur Batzenhofen und Hirblingen, sondern auch Edenbergen und Rettenbergen ab. Auch dort ruft man zur tatkräftigen Unterstützung seitens der Bürger auf und liefert die einfache, aber wichtige „Sammelanleitung“ auf der Vereinswebseite gleich mit dazu: „Wir bitten darum, das Altpapier jeweils gebündelt und wenn möglich gegen Nässe geschützt am Straßenrand bereitzustellen.“

    Ohne die Mithilfe der Bürger werden letztendlich zahlreiche Vereine in eine echte Notlage geraten – und dennoch geht es bei den Sammlungen keineswegs ausschließlich um das Geld: „Es ist eine gesellschaftliche Aufgabe im Sinne der Nachhaltigkeit und der Tradition in der Marktgemeinde“, heißt es etwa aus Dinkelscherben. Und in der Stadtberger Pfarrjugend weist man darauf hin, was beim Wegbrechen der Altpapier-Aktionen ebenfalls verloren gehen würde: „Die Zusammenarbeit und der Spaß zwischen jeglichen Altersklassen.“ Äußerst pessimistisch ist mittlerweile der TSV Zusmarshausen eingestellt: „Eine Lösung ist nicht in Sicht, da sich die gewerblichen Sammler wohl nicht zurückdrängen lassen.“

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