Nicht nur im Zusamtal hing jahrzehntelang der Hochwasserschutz in der Luft. Auch für die Schwarzach können Rückhaltebecken seit mehr als zehn Jahren nicht gebaut werden. Die betroffenen Gemeinden Bobingen und Gessertshausen versuchen schon lange in zähem Ringen die nötigen privaten Grundstücksflächen zu erwerben. Nach dem vergangenen Junihochwasser geht Bobingens Bürgermeister Klaus Förster (CSU) in die letzte Verhandlungsrunde.
Gleichzeitig machen sich die Anwohnerinnen und Anwohner an der Schwarzach, südlich des Bahndamms in Gessertshausen, große Sorgen. 2002 und 2005 stand das Wasser 20 bis 50 Zentimeter hoch in ihrem Wohngebiet. Im Juni 2024 wurden 1,20 Meter gemessen. Seit das Wasser wieder zurückgegangen ist, kämpfen sie mit den Schäden und wollen wissen, wie sie sich und ihre Angehörigen in Zukunft schützen können. Sie haben Unterschriften gesammelt und einen Brief an ihren Bürgermeister Jürgen Mögele (CSU) gerichtet, in dem sie um Transparenz bitten. „Wir fordern eine öffentliche Kommunikation zum Hochwasserschutz für Gessertshausen“, schreiben sie darin. Denn die Überschwemmungen hätten nicht nur ihr Eigentum getroffen, sondern auch einige Anwohner in eine schwierige Lage gebracht. „Der Hubschrauber hat über den Häusern gekreist, während die Wasserwacht Menschen über Balkone aus ihren Häusern befreit und mit Booten evakuiert hat“, berichtet ein Anwohner im Gespräch mit der Redaktion.
Nach Dammbruch in Burgwalden flossen Wassermassen nach Anhausen
Dass Wasser gefährlich werden kann, hatten die Einwohner von Diedorf schon 2002 erlebt. Damals waren drei Menschen beim Hochwasser ums Leben gekommen. 2004 gründeten die Gemeinden Bobingen, Diedorf, Gessertshausen, Großaitingen und Schwabmünchen deshalb einen Zweckverband für Hochwasserschutzmaßnahmen. Passiert ist in Diedorf seitdem einiges. Rückhaltebecken wurden geplant und entwickelt, ein Sturzflutkonzept und eine Strömungskarte wurden erstellt. Trotzdem war man in Diedorf noch lange nicht fertig, als im vergangenen Juni die Wassermassen Anhausen überrollten. Im Anhauser Tal fehlte noch immer das große Rückhaltebecken. Nach dem unvorhergesehenen Dammbruch der Fischteiche bei Burgwalden hätte dieses Becken die Flut abmildern können.
Auch für die Schwarzach laufen die Planungen zum Hochwasserschutz seit Jahrzehnten. Die Gemeinde Gessertshausen bemüht sich laut Bürgermeister Mögele seit 20 Jahren um Retentionsraum. Die fehlenden Quadratmeter liegen jedoch auf Privatgrund und seien für die Gemeinde bisher nicht zu erwerben gewesen, erklärte er im Sommer. Das zweite geplante Becken liegt bei Waldberg-Kreuzanger und damit auf Bobinger Gemarkung. Dafür gibt es seit 2013 einen Planfeststellungsbeschluss. Bürgermeister Förster berichtet von Ankäufen der Gemeinde Bobingen in den vergangenen Jahren. Die Ahrtal-Flut habe dazu beigetragen, dass man seither gemeinschaftlicher denke. Einige Besitzer seien aber bisher nicht bereit, ihr Land für den geplanten Damm und die Aufstauungsflächen zur Verfügung zu stellen.
Wenn die Verhandlungen in Bobingen scheitern, drohen Enteignungen
Nach dem Sommerhochwasser habe Förster einen neuen Gesprächsversuch gestartet. Den letzten, wie er sagt, jedoch: „Wir als Gemeinde haben keine landwirtschaftlichen Grundstücke zum Tausch und die Eigentümer wollen lieber tauschen als verkaufen.“ Das habe betriebswirtschaftliche Gründe. Doch jetzt müsse eine Lösung her. Denn wenn die Verhandlungen nicht gelingen, gebe es nur noch den Weg des Enteignungsverfahrens. „Mir persönlich ist das nicht angenehm, aber ich habe einen Schutzauftrag“, betont Förster.
Der Rückhalt bei Waldberg wird der Erste sein, der jetzt vorangetrieben wird, erläutert Anna Röder, Geschäftsführerin des Hochwasserzweckverbandes und Umweltfachfrau im Rathaus Diedorf, und erklärt: „Man baut immer von oben nach unten.“ Da sich die Hochwasserschutzmaßnahmen auch auf andere Flächen auswirken würden, müsse für die Schwarzach zuerst mit dem höchstgelegenen Becken in Waldberg begonnen werden. Von ehemals geplanten drei Becken sei man abgekommen. Momentan gehe es nur um die genannten zwei Becken und sonstige Maßnahmen wie die Anpassung der Mäharbeiten, um den Boden abzumagern und damit aufnahmefähiger für Regenwasser zu machen.
In Dietkirch wurden Maßnahmen zum Hochwasserschutz ergriffen
Gegen diese Planungen bei Waldberg hatte der Bund Naturschutz gemeinsam mit einer Bürgerinitiative 2014 geklagt. Wie damals berichtet, fürchteten die Naturschützer, dass der geplante Dammbau südlich von Waldberg das dahinterliegende Hangquellenmoor bedrohe. 2017 waren sie damit vor Gericht in zweiter Instanz gescheitert. Auch die folgende Landtagspetition hatte keinen Erfolg gehabt.
In Gessertshausen gab es zuletzt für den Ortsteil Dietkirch und damit zumindest für die Anwohner der Schmutter Entspannung. Wie berichtet wurden die Schwellen, die den sofortigen Abfluss an den neuen B300-Durchlässen blockiert hatten, entfernt. Zuletzt hatte dafür eine wasserrechtliche Genehmigung gefehlt, erklärt das Wasserwirtschaftsamt Donauwörth auf Nachfrage. Denn wenn das Wasser schneller abfließen könne, müsse auch an anderer Stelle der Rückhalt funktionieren. Die Genehmigung kam 2023, die Haushaltsmittel für die Öffnung standen erst 2024 bereit.
Bei der Bürgerversammlung wird über Hochwasserschutz gesprochen
Was dieser Abfluss der Schmutter für die Anwohner der Schwarzach am Bahndamm Gessertshausen bedeutet, ist noch offen. Beim Hochwasser im Sommer hatte sich das Wasser südlich des Bahnhofs über einen Meter aufgestaut. Ob eine Vergrößerung des Durchlasses am Bahndamm das Wasser der Schwarzach in jedem Fall besser abfließen lassen würde, ist ungewiss. „Sollte bei einem speziellen Regenereignis eine Hochwasserwelle von der Schmutterseite schneller anrollen, als die aus der Schwarzach an dem besagten Durchlass ankommt, dann drückt das Schmutterwasser massiv in Richtung Schwarzach“, sagt Bürgermeister Mögele. Um solche Szenarien zu vermeiden, setzt er auf eine vertiefte Studie, die bis zum Frühjahr 2025 vom Büro Aquasoli erstellt wird. Die Kosten dafür liegen im niedrigen sechsstelligen Bereich und werden von den Gemeinden Gessertshausen und Bobingen geteilt. Zur Studie und den geplanten Hochwasserschutzmaßnahmen will er sich auf der Bürgerversammlung Ende November äußern.
Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.
Registrieren sie sichSie haben ein Konto? Hier anmelden