Peter Großhauser und die Kulturwirtschaft Walden bei Nordendorf, das war vor Corona wie Liebe auf den ersten Blick. Er sah es und dachte sich: Genau das ist es. Rückblickend ist Großhauser glücklich über ein Publikum, das bis aus München anreist. Dankbar, dass immer wieder Musiker auf ihn zukommen. „Wenn sie unterwegs von Berlin nach Italien sind, machen sie gerne bei mir Station“, sagt er und lacht. „Sie wissen, dass sie es hier gut haben.“ Das klingt nach einer echten Erfolgsgeschichte. Ganz so einfach ist es nicht.
Findet man erstmal den Weg von Nordendorf über die Schmutter nach Blankenburg, weisen Schilder den Weg zur Walden Kulturwirtschaft. Fast in Serpentinen geht es immer höher hinauf. Immer weiter, bis sogar die asphaltierte Straße endet. Ein Feldweg führt leicht hinab zu den Parkplätzen, dahinter steht das ehemalige Waldcafé und wiederum dahinter öffnet sich auf der großen Terrasse der Blick hinunter ins Lechtal. Vielleicht ist es der Weg. Denn ein Selbstläufer ist die Waldwirtschaft nicht.
Großhauser, der schon in Neukölln in Berlin als Netzwerker Kunst und Livekultur verband, wusste von Anfang an, dass das Café an der Grenze zwischen den Landkreisen Augsburg, Donau-Ries und Dillingen, nicht auf Anhieb erfolgreich sein würde. „Ich stamme aus Donauwörth, ich kenne ja diese Sturschädeligkeit“, sagt er nüchtern. Zuerst seien eher Gäste aus München als aus Augsburg gekommen. Inzwischen besuchen sie ihn auch immer öfter, den Mann, der Atmosphäre schaffen will. Nicht nur mit vielen Bildern und Büchern, Lämpchen, Blümchen und Kerzen, aussagekräftigen Schildern und Aufklebern, Stofftischdecken und alten Wirtshausmöbeln, sondern vor allem mit der Livekultur jenseits des Mainstreams. Dazu eine bodenständige Küche und das Gefühl, für einen Tag im Urlaub zu sein.
Erst nach Blankenburg, dann zu Elbphilharmonie
Bei den Künstlern hat sich das Walden längst herumgesprochen. So habe der nächste, „Angela Aux solo“, Termin ist am Freitag, 29. November, um 20 Uhr, bei ihm direkt angefragt. Der Dichter Clemens Schittko kam mehrmals. Auch Fabian Lehnte oder Erich Mühsam, Autoren kleiner Verlage, landen in Blankenburg. Oder der ehemalige BR-Zündfunk-Redakteur Kai Bruckmair. Er wird im Rahmen seiner Tour „Der Letzte macht das Licht aus“ am 4. Januar um 20 Uhr gastieren. Und auch Jazztrompeter Matthias Schriefl, Träger des Deutschen Jazzpreises 2023, und im Mai auf der Bühne der Hamburger Elbphilharmonie, war davor in der Kulturwirtschaft am Rande des Lechtals.
Dennoch sind da die Momente, wo Großhauser sich umsieht und fragt, wofür er so viel Energie in die Gastwirtschaft steckt. Dann wiederum erinnert er sich an famose Liveauftritte - oder die Begeisterung der Gäste: „Im vergangenen Jahr haben wir ein Silvestermenü angeboten. Währenddessen haben die Gäste aus ihren Lieblingsliedern eine Playlist zusammengestellt. Bei jedem Song hat derjenige, dessen Song das war, einen pinken Hut aufgesetzt und alle haben getanzt - auch der Ernstl“, erinnert sich der Wirt mit leuchtenden Augen. Der etwas ältere Herr ist nicht nur Stammgast im Walden, sondern „hängt“ als großes Foto über dem Stammtisch.
Die Silvesterparty findet dieses Jahr wieder statt. Gemeinsam werden um Mitternacht alle hinunter auf das Feuerwerk-Panorama im Lechfeld schauen. Im neuen Jahr will der Wirt einen Kulturförderverein nach dem Vorbild des Thaddäus in Kaisheim starten und vielleicht per Crowdfunding Geld sammeln. Er ist überzeugt davon, dass es das Walden braucht, als Gegenpol zu Chaos und Krisen. „Wenn man hier oben sitzt, denkt man sich: Die Welt bleibt draußen.“
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