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Biberbach: Was weiß Wikipedia? Das liebe Herrgöttle kommt aus Biberbach

Biberbach

Was weiß Wikipedia? Das liebe Herrgöttle kommt aus Biberbach

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    In der Wallfahrtskirche St. Jakobus, St. Laurentius und zum Heiligen Kreuz in Biberbach befindet sich das "Herrgöttle".
    In der Wallfahrtskirche St. Jakobus, St. Laurentius und zum Heiligen Kreuz in Biberbach befindet sich das "Herrgöttle". Foto: Marcus Merk

    "Liebes Herrgöttle von Biberbach!" Diesen Spruch kennen nicht nur Einwohner der Gemeinde im nördlichen Landkreis Augsburg. Alois Pfaffenzeller, der von 2002 bis 2008 Biberbachs Bürgermeister war, sagt, er habe den Ausdruck der Verwunderung oder Entrüstung in letzter Zeit oft gehört, auch von Menschen, die weit entfernt von dem Ort wohnen. "Es wird nur ein Fehler gemacht: Manche sagen liebes Herrgöttle von Biberach", erklärt der 75-Jährige eine gängige Verwechslung mit einer baden-württembergischen Stadt.

    Die Jesusfigur in der Wallfahrtskirche in Biberbach ist über zwei Meter groß.
    Die Jesusfigur in der Wallfahrtskirche in Biberbach ist über zwei Meter groß. Foto: Marcus Merk (Archivfoto)

    Dabei ist eindeutig, dass das Herrgöttle aus Biberbach im Landkreis Augsburg stammt, es hängt sogar in der Wallfahrtskirche Sankt Jakobus, Sankt Laurentius und Heiliges Kreuz, wie das Online-Lexikon Wikipedia weiß: "Das Herrgöttle von Biberbach ist ein großes hölzernes Kruzifix aus dem 13. Jahrhundert", heißt es dort. 2,12 Meter ist es hoch, 2,07 Meter beträgt die Armspannweite der Jesusfigur.

    Mozart maß sich in Biberbach an der Orgel mit einem anderen Wunderkind

    Ein paar Jahrhunderte nach der Entstehung des hölzernen Kruzifixes gab es in Biberbach die nächste Grundlage für eine Legende. Diesmal spielte der wohl berühmteste Komponist aller Zeiten eine Rolle. Wikipedia schreibt: "Am 6. November 1766 kam es in der Wallfahrtskirche zu einem Orgelwettspiel zwischen dem damals zehnjährigen Wolfgang Amadeus Mozart und dem zwölfjährigen Enkel des Biberbacher Organisten, Joseph Eugen Sigmund Bachmann." Der 30-jährige Felix Guffler kennt sich mit der Vergangenheit Biberbachs bestens aus, zusammen mit Pfaffenzeller ist er Mitglied im Arbeitskreis Kultur und Geschichte.

    Alois Pfaffenzeller kennt sich bestens aus mit der Geschichte des Ortes, in dem er sechs Jahre lang Bürgermeister war.
    Alois Pfaffenzeller kennt sich bestens aus mit der Geschichte des Ortes, in dem er sechs Jahre lang Bürgermeister war. Foto: Sonja Diller (Archivfoto)

    Über die Mozart-Anekdote sagt er: "Die Quellen sind dürftig, aber von der Forschung wird davon ausgegangen, dass es diesen Wettstreit gegeben hat, und der ist auch tief im Bewusstsein von Biberbach verankert." Mozart, dessen Vater Leopold gebürtiger Augsburger ist, habe sich beim Zwischenstopp in Biberbach auf der Heimreise aus Frankreich befunden. Wie ist der Wettstreit ausgegangen? "Es soll ein grandioses Unentschieden gewesen sein", sagt Guffler und lacht. Pfaffenzeller ergänzt: "Wobei man damit dem Mozart angeblich etwas geholfen hat."

    In Biberbach lebte ein weit gereister Ritter

    Lange vor dem Duell wurde Biberbach laut Wikipedia zum ersten Mal urkundlich erwähnt: im Jahr 1070. Hier handle es sich um einen Mittelwert, sagt Guffler. Sicher sei nur, dass die erste Erwähnung zwischen 1063 und 1077 liegt. Fast ein halbes Jahrtausend danach wird vom Online-Lexikon ignoriert, da geht es erst 1514 weiter, als Jakob Fugger zum Besitzer des Ortes wurde. Aber die Zeit ist in Biberbach nicht stillgestanden. Ab 1170 etwa habe der Ort dem Ritter Arnold von Biberbach gehört, erklärt Guffler: "Der war einer der wichtigsten Vasallen von Friedrich Barbarossa. Er ist mit ihm nach Italien gezogen und war vermutlich bei der Belagerung von Mailand dabei."

    Auch den Zweiten Weltkrieg lässt Wikipedia aus. "Die Geschichte von Biberbach im Dritten Reich ist ähnlich schlecht aufgearbeitet wie in ganz Schwaben, weil das ein Thema ist, um das man sich immer drückt", sagt Guffler. Als der Krieg aus deutscher Sicht schon fast verloren war, seien noch SS-Männer aus Augsburg nach Biberbach gekommen, um die Einwohner zu einer letzten Verteidigungslinie zu mobilisieren: "Da sollten Leute, denen man das letzte Gewehr in die Hand gedrückt hat, gegen die amerikanischen Panzer kämpfen." Die Amerikaner reagierten mit einem Tiefflieger-Angriff, der mehrere Anwesen im Ort in Brand setzte. Pfaffenzeller sagt, einige Biberbacher haben den Ort damals kampflos übergeben wollen und seien den Amerikanern mit einer weißen Flagge entgegengekommen. Das sei der Grund gewesen, weshalb dann kein Kampf am Boden mehr stattgefunden habe.

    Die Einwohnerzahl stieg in Biberbach in den 1990ern schlagartig an

    Viele Jahrzehnte nach dem Zweiten Weltkrieg verzeichnet Wikipedia den größten Anstieg der Einwohnerzahl Biberbachs: In den späten Neunzigern bekam die Gemeinde laut Online-Lexikon 250 Einwohner in nur fünf Jahren dazu. "Da ist ein großes Baugebiet entstanden", sagt Pfaffenzeller. Was Wikipedia aber nicht weiß, weil die Statistik dort nicht weit genug zurückreicht: "Der größte Zuwachs war direkt nach dem Zweiten Weltkrieg, als viele Geflüchtete nach Biberbach kamen", erklärt Felix Guffler.

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