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Biberbach-Markt: Peter Kerschbaum: Der Schamane von der Markter Burg

Biberbach-Markt

Peter Kerschbaum: Der Schamane von der Markter Burg

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    Über 25 Jahre war Peter Kerschbaum Hüttenwirt in der Abgeschiedenheit der deutschen und österreichischen Bergwelt. Für ihn ist es deshalb besonders wichtig, am Horizont die Alpen zu sehen. In seinem Markter Domizil beschäftigt er sich seit vergangenem Herbst wieder mit der energetischen Räucherei. 
    Über 25 Jahre war Peter Kerschbaum Hüttenwirt in der Abgeschiedenheit der deutschen und österreichischen Bergwelt. Für ihn ist es deshalb besonders wichtig, am Horizont die Alpen zu sehen. In seinem Markter Domizil beschäftigt er sich seit vergangenem Herbst wieder mit der energetischen Räucherei.  Foto: Oliver Reiser

    Wer den Berg zur Burg Markt erklimmen will, der muss zunächst durch einen dunklen und geheimnisvollen Hohlweg, vorbei an der Villa Lillefors des Carl-Anton Fürst Fugger-de Polignac, bis er dann vor einem schmiedeeisernen Tor steht. Nach dem Klingeln öffnet sich dieses wie von Zauberhand.

    Zur Markter Burg gehört auch der Ondersbacher Turm, der von Peter Kerschbaum und Harriet Panitz bewohnt wird. Hier geht es eine Treppe mit 34 Stufen durch die dornröschenhaft ungezügelte Vegetation hinauf zur Eingangstür. „Wir lassen alles so, wie es die Natur will. Rundum ist alles wild. Hier leben jede Menge Insekten und Vögel, sogar Zaunkönige“, erzählt der Hausherr. Braun gebrannt und mit einem rotem Stirnband sieht der 72-Jährige aus, wie eine Mischung aus Bergsteiger-Legende Luis Trenker und Indianer-Häuptling Winnetou.

    Er hat 26 Jahre verschiedene Berghütten bewirtschaftet

    Zwischen diesen markanten Personen verläuft auch sein spannendes Leben. Aufgewachsen in Kärnten in der Landwirtschaft des Großvaters, der in Sachen Natur, Kräuter und Räucherei sein Mentor war, ist Kerschbaumer zur Umgehung der Wehrpflicht nach Garmisch und Gauting gezogen, um dort eine Lehre als Bäcker, Konditor und Koch zu absolvieren. Das kam im zu Gute, als er 26 Jahre verschiedene Berghütten bewirtschaftet hat, die nur zu Fuß zugänglich waren. In Ebbs am Wilden Kaiser, im südlichen Karwendel oder im Halltal in Tirol. Während er auf den Hütten gearbeitet hat, hat seine inzwischen verstorbene Frau Susanne in Wien studiert. „Wir waren nur am Wochenende zusammen.“

    Einmal war Peter Kerschbaumer acht Wochen eingeschneit. „Als die Vorräte zu Ende waren, habe ich Schnee geschmolzen und das warme Wasser getrunken“, erzählt er von einer intensive Zeit mit sich selbst, in der er zwölf Kilo abgenommen hat. „Tägliche Meditation in der Kapelle des ehemaligen Klosters St. Magdalena hat mir dabei geholfen.“

    Ein anderes Mal hat ihn ein Freund fotografiert und gesagt: „Du bist zu schön für diese Einöde. Du musst als Model nach Wien.“ Und der junge Mann ließ sich überreden. „Der Bergler war plötzlich zum Model geworden“, erinnert sich Kerschbaumer an Fototermine und Modenschauen in Kaufhäusern und Boutiquen. „Es gab auch Anfragen vom Fernsehen, aber dazu war ich zu feige.“ Schließlich kehrte er in die Einsamkeit der Berge zurück.

    Leben auf drei Stockwerken des historischen Gebäudes

    Auf einer dieser Hütten hat auch immer wieder seine heutige Lebensgefährtin Harriet Panitz gearbeitet und dort auch ihren Mann Jürgen geheiratet, von dem sie heute getrennt lebt. Der war Mitglied der Musik- und Kabarettgruppe „Die Mehlprimeln“ und zudem Wirt des Gasthofs „Thaddäus“ in Kaisheim mit er bekannten Kleinkunstbühne. Harriet Panitz gab ihren Beruf als Zahntechnikerin auf und schmiss fortan die Küche. Zurück in die Gegenwart: Seit 2014 leben Kerschbaum und Panitz auf den drei Stockwerken des historischen Gebäudes. Die Immobilie haben sie im Internet entdeckt. „Wow! Das müssen wir uns ansehen“, waren sie sich sofort einig. Und nach der Besichtigung vor Ort stand fest: „Es war Liebe auf den ersten Blick.“

    Seitdem genießen sie täglich ihr kleines Reich, das durchaus modern mit Pellets beheizt wird und mit einer Fußbodenheizung ausgestattet ist. Im Erdgeschoss befindet sich die Küche, in der ausschließlich vegetarisch gekocht wird, und das Wohnzimmer. Anstatt eines Fernsehers gibt es einen Meditationsplatz am Fenster, von dem aus der Augsburger Gaskessel und der Hotelturm und manchmal auch die Berge der Alpen zu sehen sind. Im ersten Stock sind Schlafzimmer, Büro und Bad untergebracht und im 2. Stock gibt es einen Salon, in dem verschiedene Massagen sund Klagschalen-Therapien, die von dem Paar angeboten werden, durchgeführt werden können.

    Die Aussicht raubt einem den Atem

    Die Krönung des Turmes ist die Dachterrasse, die man nach weiteren 47 Stufen erreicht. Die Aussicht nach allen Seiten Richtung Alpen, über das Zusam- und das Lechtal raubt einem den Atem. „Wir wohnen nicht wie jedermann“, strahlt Harriet Panitz, die im Sommer oft auf der Dachterrasse im Freien schläft und nach den Sternschnuppen schaut, „aber wir genießen es.“ Ihre 22-jährige Tochter ist in zwischen nach Augsburg gezogen. „Ihr war es hier zu öde“, lacht Panitz. Sie selbst arbeitet wieder in Augsburg. Halbtags. „Wenn ich hierher zurückkehre, ist das wie Urlaub.“ Oftmals räuchert Peter Kerschbaum seine Partnerin ab, wenn sie gestresst aus der Stadt kommt.

    Im letzten Herbst hat er wieder mit der energetischen Räucherei begonnen, deren Geheimnisse er sich vom Großvater und auf Auslandsreisen nach Mexico und Peru von Eingeborenen abgeschaut hat. Dort hat er sich verschiedene Techniken für Heilmassagen angeeignet und man hat ihm sogar den Titel „Tlahayo“ verliehen. In einem Tongefäß verräuchert er Kobal, Birken-, Linden- und Eichenharz sowie verschiedene Kräuter. „Es ist kein Hokus-Pokus, aber es tut sich was. Man muss sich hingeben und mögen, dann kann es geschehen“, sagt der Schamane vom Onoldsbacher Burgturm und lächelt weise.

    Bereits erschienen in unserer Serie "Hausbesuche":

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