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Bahnausbau Ulm-Augsburg (1): Das bedeutet die Bahntrasse an der A8 für die Menschen in der Region

Vier mögliche Trassen werden geprüft für den Bahnausbau zwischen Ulm und Augsburg. Die orange Strecke würde weitgehend entlang der A8 verlaufen.
Bahnausbau Ulm-Augsburg (1)

Das bedeutet die Bahntrasse an der A8 für die Menschen in der Region

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    Wo sollen die Gleise für die Ausbaustrecke der Bahn zwischen Ulm und Augsburg verlaufen? Vier Trassen prüft das Projektteam der Bahn im Moment. Um den Deutschlandtakt einzuhalten, muss der Fernverkehr die Strecke in 26 Minuten schaffen. Ein Ziel, das alles andere als leicht zu erreichen ist. Denn jede der vier vorgeschlagenen Trassen stößt irgendwo zwischen Ulm und Augsburg auf heftigen Widerstand bei den Anrainern. Das gilt auch für die sogenannte Autobahntrasse, die in den Plänen als orange Trasse gekennzeichnet ist. Diese stellen wir hier im Detail vor, die anderen Varianten folgen in den kommenden Wochen.

    Die orangefarbene Trasse überschneidet sich in einigen Abschnitten mit der türkisen Strecke. Beide kommen am Güterverkehrszentrum in Augsburg vorbei. Auf der Autobahntrasse würden ICE und Güterverkehr vom Augsburger Hauptbahnhof kommend im Stadtteil Bärenkeller über die B17/Dayton-Ring fahren und von da an nördlich von der heutigen Bestandsstrecke in Richtung A8 abweichen. Ab Hirblingen verläuft die orange Trasse bis etwa zum Legoland bei Günzburg entlang der Autobahn. Auf Höhe der heutigen Bahnbrücke bei Jettingen-Scheppach wechselt die orange Trasse einmal die Seite und verläuft von hier ab südlich der A8.

    Beim Legoland verlässt die orange Bahntrasse die A8

    Nach dem Legoland, etwa zwischen Bubesheim und Kleinkötz, verlässt die orange Strecke die Autobahn und biegt südwestlich in Richtung Bibertal ab. Nördlich der Ortsteile Schneckenhofen und Kissendorf geht es für die Züge auf die türkise Trasse. Das heißt, die Strecke verlässt den Landkreis Günzburg südlich des Bibertaler Ortsteils Straß und führt im Landkreis Neu-Ulm südlich an Nersingen vorbei. Zwischen den Neu-Ulmer Stadtteilen Pfuhl und Offenhausen geht die Autobahntrasse auf der Bestandsstrecke in die Neu-Ulmer Stadtmitte und weiter zum Ulmer Hauptbahnhof.

    Das Projektteam der Bahn hat berechnet, dass die Züge diesen Weg in 25 Minuten zurücklegen könnten. Nur auf der türkisen Trasse, die bis Streitheim ebenfalls neben der A8 verläuft, wären die Züge noch schneller. Doch zu welchem Preis? Vor allem in den Dörfern und Städten entlang der Autobahn regt sich Widerstand. Er beginnt in Hirblingen, wo Helfer des Bürgervereins vor Kurzem 100 Plakate entlang der geplanten Trasse aufgestellt haben.

    Adelsrieder Bürger sind nicht weniger in Sorge. "Nein zur Monstertrasse" steht auf dem Plakat, das einige Anwohner vor Kurzem hier präsentiert haben. Gemeint sind die türkise und die orange Strecke. Beide würden den Fernverkehr nördlich der Autobahn zwischen der Adelsrieder A8-Abfahrt Richtung Stuttgart und der Keltenstraße aus einem Tunnel direkt weiter auf eine Brücke am Ort vorbeiführen.

    Die interkommunale BI "Nein zu den Monstertrassen - Ja zum Mehrwert für die Menschen" steht mit ihrem Plakat dort, wo die orange Trasse an Adelsried vorbeiführen würde.
    Die interkommunale BI "Nein zu den Monstertrassen - Ja zum Mehrwert für die Menschen" steht mit ihrem Plakat dort, wo die orange Trasse an Adelsried vorbeiführen würde. Foto: Andreas Lode

    Ludwig Lenzgeiger ist Zweiter Bürgermeister in Adelsried. "Es beunruhigt uns natürlich, wenn wir nicht wissen, wie hoch die Brücke wird", erklärt er. Ein Anwohner aus der Keltenstraße findet, dass der Lärm der A8 schon jetzt "an der Grenze des Zumutbaren" sei. Dass hier nun auch noch die Bahn vorbeirauschen soll, kann er kaum fassen. Ein

    Streit um Bahnausbau: Anwohner schimpfen über Lärmbelastung

    Den Streitheimern geht es nicht anders. Im vier Kilometer entfernten Ortsteil von Zusmarshausen wird schon jetzt viel geschimpft über den Lärm, den die Autobahn ins Dorf bringt. "Es ist nicht fair, uns das jetzt auch noch aufzubürden", sagt Birgit Maria Seelentag aus Streitheim. Sie befürchtet, dass die Autobahntrasse den Streitheimern nicht nur mehr Lärm bringt, sondern beim Vorbeifahren der Züge auch noch Vibrationen entstehen, die Risse an Gebäuden verursachen könnten. "Ich lebe mit der Angst, dass sich hier irgendwann niemand mehr ansiedelt", sagt sie.

    Nördlich der A8 bei Streitheim könnte die türkise oder  orange Trasse verlaufen. Stefan Vogg (BLZus), Birgit Maria Seelentag, Karl Fischer und Karin Möckl sind besorgt.
    Nördlich der A8 bei Streitheim könnte die türkise oder orange Trasse verlaufen. Stefan Vogg (BLZus), Birgit Maria Seelentag, Karl Fischer und Karin Möckl sind besorgt. Foto: Andreas Lode

    An Zusmarshausen vorbei wird der Bahnverkehr über ein für die Region ungewöhnlich großes Brückenbauwerk weiter in den Landkreis Günzburg geleitet. Der Ortssprecher des dort gelegenen Ortsteils Vallried, Markus Böck, ist besorgt, weil das Dorf beim Ausbau der A8 schon sechs Hektar Wald verloren habe, wie er sagt. Noch wisse niemand, wie viel Wald für die Bahntrasse geopfert wird.

    Die Bedenken gehen im Landkreis Günzburg weiter. Nicht alle sind von der orange Strecke begeistert. In Bubesheim wird sie abgelehnt, weil sie das Gemeindegebiet zerschneiden würde, wie es heißt. Sowohl bei der orangen als auch bei der violetten Trasse würde ein viergleisiger Überholbahnhof auf Bubesheimer Flur gebaut werden. Das bedeutet wiederum: Viel Lärm und auch ein großer Flächenverbrauch.

    In Bibertal wurden Schilder aufgestellt, die den möglichen Verlauf der neuen Bahnstrecke sichtbar machen. Tobias Sauter (links) und Adolf Stapf haben organisiert und mit angepackt.
    In Bibertal wurden Schilder aufgestellt, die den möglichen Verlauf der neuen Bahnstrecke sichtbar machen. Tobias Sauter (links) und Adolf Stapf haben organisiert und mit angepackt. Foto: Sandra Kraus

    Zwischen Ulm und Augsburg organisieren sich Bürger gegen den Bahnausbau

    Alle vier Trassenvarianten des Bahnprojekts, violett, türkis, blau-grün und auch orange, zerschneiden Waldstücke und Äcker der Bibertaler. Dass die Bürgerinnen und Bürger ihren Lebensraum behalten wollen, machen sie aktuell mit einer Plakataktion deutlich. An vier Nachmittagen waren Freiwillige aus den Bibertaler Ortsteilen unterwegs, um Protestschilder aufzustellen. Die reichen bis in den Landkreis Neu-Ulm, wo sich auch die Bürgerinitiative Schwabentrasse gründete.

    Der Günzburger Oberbürgermeister Gerhard Jauernig sieht aber einen Vorteil dieser Trasse, wie er auf Anfrage unserer Redaktion mitteilt: "Die orange Bahntrasse als autobahnnahe Trassenvariante ist derzeit mit dem geringsten Eingriff in Natur und Boden im gesamten Landkreis Günzburg verbunden." Allerdings müsste mit dieser Variante die Chance und Verpflichtung auf einen effektiveren Lärmschutz für die Bürgerinnen und Bürger der südlichen Stadtteile Leinheim, Deffingen und Wasserburg ergriffen werden.

    Protest gegen die ICE-Trassenvariante Bibertal: Zwischen Silheim und Straß (Landkreis Neu-Ulm) hat die Bürgerinitiative Schwabentrasse (bischt) auf den Feldern entlang der Straße Schilder mit der Aufschrift "Achtung ICE-Trassenvariante" aufgestellt, die den Verlauf der ICE-Schnelltrasse zwischen Ulm und Augsburg markieren.
    Protest gegen die ICE-Trassenvariante Bibertal: Zwischen Silheim und Straß (Landkreis Neu-Ulm) hat die Bürgerinitiative Schwabentrasse (bischt) auf den Feldern entlang der Straße Schilder mit der Aufschrift "Achtung ICE-Trassenvariante" aufgestellt, die den Verlauf der ICE-Schnelltrasse zwischen Ulm und Augsburg markieren. Foto: Bernhard Weizenegger

    Auch die gewerbliche Entwicklung und die Siedlungspolitik Günzburgs dürfen nach Einschätzung Jauernigs durch diese Strecke nicht beeinträchtigt werden. "Für abschließende Beurteilungen ist es allerdings noch zu früh. Zunächst gilt es weitere Untersuchungen voranzutreiben, um die bestmögliche Perspektive für die Region zu schaffen", sagt Jauernig weiter.

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