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Allmanshofen-Hahnenweiler: Von der Hochzeitsfeier ins zerstörte Zuhause

Allmanshofen-Hahnenweiler

Von der Hochzeitsfeier ins zerstörte Zuhause

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    Vor zwei Jahren ist Erna Roppel mit ihren Kindern Marie und Jonas Knauer zurück ins Elternhaus in Hahnenweiler gezogen. Nachdem das Wasser etwa einen halben Meter hoch im Erdgeschoss stand, lässt sich nun nur noch erahnen, wie es ausgesehen hat.
    Vor zwei Jahren ist Erna Roppel mit ihren Kindern Marie und Jonas Knauer zurück ins Elternhaus in Hahnenweiler gezogen. Nachdem das Wasser etwa einen halben Meter hoch im Erdgeschoss stand, lässt sich nun nur noch erahnen, wie es ausgesehen hat. Foto: Steffi Brand

    Für Erna Roppel und ihre Kinder Marie (16) und Jonas Knauer (24) aus dem Allmannshofener Ortsteil Hahnenweiler lagen am Hochwasserwochenende Freud und Leid nah beieinander. Am Samstag stand eine große Hochzeit im Kalender der Familie: Erna Roppels älteste Tochter Lena (27) feierte ihre Vermählung. Am Sonntag konnten die Mutter und ihre Kinder dann nur noch das Nötigste aus ihrem Haus retten und ihre Tiere in Sicherheit bringen. Am Montagabend kehrte Erna Roppel zu ihrem Elternhaus zurück. Dort musste sie erkennen, dass das Wasser über einen halben Meter hoch gestanden haben muss – im Erdgeschoss des Wohnhauses, im Partystadel, in der Werkstatt von Marie, in der Garage und im Stall. Überall.

    Dass Erna Roppel ihr Elternhaus aus dem Jahr 1895 aufgibt, das sie bereits seit mehreren Jahren Zug um Zug renoviert hat und nun eigentlich fertig gewesen ist, ließen ihre Geschwister, ihre Familie, ihre Freunde und Helfende nicht zu. Scharenweise rückten sie an – Bekannte und Unbekannte, die helfen wollten. Binnen drei Tagen erreichten sie das schier Unmögliche auf dem Hof: Das Mobiliar, das im Wasser stand, kam auf den Müll. Im Partystadl stehen noch einige wenige Überbleibsel an Möbeln, die das Wasser überlebt haben. Böden wurden rausgerissen, Wände abgeschlagen. Die Bautrockner brummen. Und Erna Roppel denkt mit Schrecken an die Stromrechnung, die ihr bevorsteht, aber sie weiß auch, dass die Wände trocknen müssen. Und dafür müssen die Bautrockner brummen. Regelmäßig müssen die Wassertanks geleert werden.

    Marie Knauer und Hündin Kate, die selbst im größten Tumult Ruhe ausstrahlte und durch das Einfordern von Streicheleinheiten zum „Therapiehund“ für die Menschen aus Hahnenweiler wurde, können aktuell nicht zu Hause leben.
    Marie Knauer und Hündin Kate, die selbst im größten Tumult Ruhe ausstrahlte und durch das Einfordern von Streicheleinheiten zum „Therapiehund“ für die Menschen aus Hahnenweiler wurde, können aktuell nicht zu Hause leben. Foto: Steffi Brand

    Für Erna Roppel sowie ihre Kinder Marie und Jonas Knauer ist das aktuell ein Grund für ein Familientreffen, denn seit der Hochwasserkatastrophe können die drei nicht mehr zusammenwohnen. Das Haus in Hahnenweiler ist unbewohnbar. Der Treppenaufgang ist abgeklebt, damit die Bautrockner das Wasser aus den Wänden und Böden im Erdgeschoss saugen, aber nicht ins Obergeschoss pusten, wo die Sachen stehen, die vom

    Aktuell stehen noch die Bautrockner, um das Gebäude trocken zu legen

    An eine Rückkehr denken können aktuell nur die beiden Frauen. Etwa vier bis sechs Wochen werden die Bautrockner stehen. Dann kann der Wiederaufbau beginnen. Marie Knauer und ihre Mutter Erna Roppel können dann wieder einziehen. Ihre Schlafzimmer liegen im Obergeschoss. Nur Jonas Knauer wird noch eine Weile länger im Ausweichquartier bleiben müssen. Sein Zimmer befand sich im Erdgeschoss. Bis die Familie weiter werkeln kann, müssen sie abwarten, hoffen darauf, dass der Kühlschrank, der sich in der Küche befand, vielleicht repariert werden kann, und darauf, dass sie weitere Spenden erhalten, um den

    Das Hahnenweiler Mut-Board soll der Familie zeigen, was sie gemeinsam mit Freunden und Familie bereits geschafft haben – und Mut machen für den Wiederaufbau.
    Das Hahnenweiler Mut-Board soll der Familie zeigen, was sie gemeinsam mit Freunden und Familie bereits geschafft haben – und Mut machen für den Wiederaufbau. Foto: Steffi Brand

    Dankbar sei sie für die Unterstützung, erklärt sie, während sich ihre Augen vor Rührung mit Tränen füllen. Die Familie sei auf Spenden angewiesen. Eine Versicherung haben sie nicht. Anträge, die sie gestellt haben, um von offiziellen Stellen Hilfe zu bekommen, blieben erfolglos. Dafür steht die Familie für etwas, was Geld niemals aufwiegen kann: Sie halten zusammen. Viele Familienmitglieder haben handwerkliche Berufe und warten schon darauf, bis der Wiederaufbau starten kann. Und es gibt jede Menge Mutmacher, die der Familie eine mentale Stütze sind. Auf dem Hahnenweiler-Mut-Board ist dokumentiert, was die Helfertruppe bereits geschafft hat. Die Liste beginnt beim Ausräumen des Erdgeschosses und endet beim Freilegen des Haussockels „und könnte noch weitergeführt werden“, erklären Mutter und Tochter einstimmig. Mut machen auch die kleinen Dinge, die vom Wasser verschont geblieben sind: Die Holzwiege, in der einst die Kinder geschlafen haben und die Erna Roppel bald an ihre älteste Tochter Lena weitergeben möchte, stand auf dem unebenen Boden im ehemaligen Stall so hoch, dass sie vom Wasser verschont wurde. Und auch ihre Honigschleuder habe es nicht erwischt, freut sich die Hobby-Imkerin.

    Fünf Minuten nachdem Erna Roppel und ihre Tochter Marie Knauer ihr Zuhause verlassen haben, wurde der Allmannshofener Ortsteil Hahnenweiler überflutet. Das Luftbild zeigt die dramatische Situation.
    Fünf Minuten nachdem Erna Roppel und ihre Tochter Marie Knauer ihr Zuhause verlassen haben, wurde der Allmannshofener Ortsteil Hahnenweiler überflutet. Das Luftbild zeigt die dramatische Situation. Foto: Markus Stettberger

    Und während sie auf das große Plakat blicken, steigen mit den Tränen wieder die Erinnerungen daran hoch, wie herausfordernd das erste Juniwochenende gewesen ist. Ganz traditionell begann der Samstag, der 1. Juni, mit dem zu einer Hochzeit gehörenden Friseurbesuch. Die kirchliche Trauung fand in Holzen statt. Die Festgesellschaft meisterte die Hürde zur Feierlocation zu kommen, auch wenn schon einige Straßen nach Wörleschwang unpassierbar waren. Angekommen im Landgasthof Demharter gab es ein Versprechen von Mutter Erna Roppel und Tochter Marie Knauer gegenüber der Frischvermählten Lena: „Wir bleiben hier und feiern mit dir.“ Schließlich waren sie in

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    Überflutete Häuser, gesperrte Straßen und Brücken: Das Hochwasser richtet am Samstag und Sonntag in der Region große Schäden an. Fotos aus ganz Schwaben.

    Den Sonntag schildern Mutter und Tochter bewegt. Nur in Begleitung der Feuerwehr durften sie kurz zurück, um ihre Tiere zu holen. Bereits am Samstag hatten Freunde Vorbereitungen getroffen: Die Bienenstöcke der Hobbyimkerin setzen sie höher. Geistesgegenwärtig packte Marie Knauer Kleidung für sich, ihren Bruder und ihre Mutter ein und dachte sogar an die Arbeitskluft ihrer Mutter, die in einer Meitinger Allgemeinarztpraxis arbeitet. Ihr Freund stellte alles ein Stück weit nach oben, was er zu fassen bekam. Dann fischte Marie Knauer ihre Hasen im Stall aus dem Wasser, drückte sie einem

    Spendenkonto: Gemeinde Allmannshofen, Spendenkonto Hochwasserhilfe, IBAN DE 40 7206 2152 0007 1012 60. Verwendungszweck: Hochwasser 2024.

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