Startseite
Icon Pfeil nach unten
Augsburg Land
Icon Pfeil nach unten

Allmannshofen: Zwei Quereinsteiger arbeiten an einem besonderen Forst im Augsburger Land

Allmannshofen

Zwei Quereinsteiger arbeiten an einem besonderen Forst im Augsburger Land

    • |
    So sieht eine Agroforstfläche aus.
    So sieht eine Agroforstfläche aus. Foto: Patrick Pleul, dpa (Symbolbild)

    Wenn Carola und Peter Linder „Urlaub machen“ und das Fischmobil – sehr zum Leidwesen ihrer Marktkundschaft – seine Runden nicht dreht, dann steht meist ein Großprojekt auf dem eigenen Hof an - das es so im Landkreis noch gar nicht gibt. Zuletzt widmeten sie sich in der Brunnenmahdsiedlung in Allmannshofen, ihrem Agroforst, der ebenso unbekannt wie zukunftsträchtig ist.

    Carola und Peter Linder werkeln am Projekt Agroforst.
    Carola und Peter Linder werkeln am Projekt Agroforst. Foto: Steffi Brand

    Lena Landefeld, Diplom Permakultur-Designerin aus Zusmarshausen, die diese Art von Bepflanzung vorgeschlagen hat, erklärt: „Beim Agroforst-Modell werden die natürlichen Waldschichten nachempfunden und zwar mit Bäumen und Sträuchern, die ertragreich und klimaresilient zugleich sind.“ 

    Das bedeutet: Carola und Peter Linder pflanzen in Allmannshofen Bäume und Sträucher in unterschiedlichen Größen und nach einem durchdachten Konzept, das zahlreiche positive Nebeneffekte hat und die Nahrungsmittelproduktion mit dem Klimaschutz in Einklang bringt.

    Der Allmannshofer Agrofrost soll den starken Ostwind abbremsen

    Zum einen soll der Agroforst, der auf 7000 Quadratmetern angepflanzt wird, den starken Ostwind abbremsen, der sonst ungehindert an der Hofstelle in der Brunnenmahdsiedlung aufschlägt. Darüber hinaus kann der Agroforst dem Hitzestau zwischen den Gebäuden im Hochsommer entgegenwirken und das Mikroklima verbessern. Zwischen Obststräuchern und -bäumen wird es eine Totholzhecke geben, was unter anderem Insekten anlockt. So wird der Agroforst über die Jahre hinweg zum eigenen Ökosystem direkt vor der Haustür. In puncto Pflege wird die Wald- und die Feldarbeit miteinander verquickt, erklärt Lena Landefeld. Später kann die Obsternte dann im Hofladen verkauft werden – ein weiteres Urlaubsprojekt des Paares, das vielleicht im Jahr 2026 Wirklichkeit wird.

    Bei dem Allmannshofer Projekt wird schon an den Nachwuchs gedacht

    Bis Birnen, Holunder, Zwetschgen, Äpfel und Mispeln aus dem Agroforst im eigenen Hofladen verkauft werden können, wird es freilich dauern. „Vielleicht verkaufen unsere Kinder oder Enkel ja unser Obst im Hofladen“, scherzt Carola Linder und denkt an ihren Nachwuchs, der noch im Krippenalter ist. „Für die Enkel mitzudenken, ist genau der Ansatz, der vielen entfallen ist“, lobt Lena Landefeld den Weitblick von Carola und Peter Linder. Sie spricht von einem Vollertrag des Agroforstes binnen durchschnittlich 50 Jahren, was bedeutet, dass auf einem Hektar etwa 40 Tonnen Lebensmittel erwirtschaftet werden könnten. Zum Vergleich: Auf einem Hektar Getreide werden jährlich sechs bis neun Tonnen erwirtschaftet.

    Kräuter, Pilze und Beeren soll es in Allmannshofen bald geben

    Dieser Blick in die Zukunft muss jedoch nicht bedeuten, dass das Paar erst in einem halben Jahrhundert aus den Vollen schöpfen kann, denn die Strauch- und Baumarten sind auch so ausgewählt, dass beispielsweise Kräuter und Pilze darunter rascher gedeihen. Auch Beeren vom Strauch können sicherlich früher geerntet werden und neben dem Agroforst-Areal stehen bereits einige Obstbäume, die durch eine Förderung des Obst- und Gartenbauvereins gepflanzt werden konnten. 

    Für so ein Projekt wie in Allmannshofen gibt es Förderprogramme

    Durch die unterschiedlichen Pflanzzeiten ergeben sich auch unterschiedliche Erntezeiten. Der Anbau als Polykultur soll zudem vor kompletten Ernteausfällen schützen. Für Konzepte wie das von Carola und Peter Linder gibt es aktuell sogar ein passendes Förderprogramm vom Amt für ländliche Entwicklung (ALE) in Krumbach, in dem Maßnahmen mit einem Zuwendungsbedarf zwischen 3000 und 50.000 Euro gefördert werden können.

    Bernhard Bacherle vom ALE-Sachgebiet Landwirtschaft und Landnutzung schwärmt förmlich vom Förderprogramm, das Struktur- und Landschaftselemente für artenreiche und klimafeste Landschaften fördert, denn: Förderfähig sind ganz unterschiedliche Projekte, die Vereine, Verbände, Privatpersonen, Landwirte oder auch Kommunen ins Leben rufen, um die Biodiversität in der Flurlandschaft zu fördern. Hinter „FlurNatur“ verbirgt sich unter anderem die Planung und Anlage von Hecken, Feldgehölzen, Streuobstwiesen, Trocken- und Feuchtbiotopen, begrünten Abflussmulden, Erdbecken und Geländestufen, die mit bis zu 75 Prozent der förderfähigen Kosten bezuschusst werden können. 

    Was das Paar aus Allmannshofen plant, gibt es so im Kreis Augsburg noch nicht

    Eine reich strukturierte Kulturlandschaft ist nämlich nicht nur Grundlage für die Artenvielfalt, sondern bietet auch Schutz vor den Folgen von Starkregenereignissen und Hitzewellen. Das Projekt von Carola und Peter Linder ist das erste dieser Art im Landkreis Augsburg, weiß Bernhard Bacherle und ergänzt: Es steigert die Biodiversität und verbessert den Wasserrückhalt. 

    Bei der Auswahl der Bäume und Sträucher wurde das Paar von einer Baumschule beraten, denn auf dem Areal mit Blick auf den Schwaighof und Kloster Holzen ist der Boden extrem nass. „Der Agroforst wird nach und nach wachsen“, verrät Carola Linder. Binnen einem Jahr sollen die meisten Bäume und Sträucher eingepflanzt sein, heißt es im ambitionierten Plan, der seit dem Kauf des Anwesens vor dreieinhalb Jahren nie zu ruhen scheint. 

    Und einige Ergebnisse sind bereits mehr als sichtbar: Das Wohnhaus ist zu einem solchen geworden. Im ehemaligen Schweinestall befindet sich nun der Lebensmittelbetrieb, also das Fischmobil und der Räucherofen, und auf der Wiese, wo nun Obstbäume gedeihen sollten, standen einst noch Brennnessel und Wintergerste.

    Das steht in den Pfingstferien in Allmannshofen an

    Aufgrund der positiven Fördersituation hatte das Paar samt einiger fleißiger Helferinnen und Helfer aus dem Familienkreis die Anlage des Agroforsts nun auf die Osterferien gelegt. In den Pfingstferien steht der Radlergarten an, in dem es Sitzmöglichkeiten und Automaten mit Verpflegung geben soll. Und auch die Idee des Hofladens wird weiterverfolgt, was aktuell bedeutet: Das Lager muss hergerichtet werden, so dass die Verpackungsmaterialien, die aktuell noch im Hofladen lagern, umziehen können. 

    Zwischenzeitlich arbeitet das ambitionierte Paar daran, das Angebot, das es im Fischmobil gibt, bei regionalen Wiederverkäufern im Umkreis anzubieten. Auch Direktlieferungen in Carolas alte Heimat, in den Landkreis Göppingen (Baden-Württemberg), gehören schon zum festen Auftrag, der außerhalb der Ferien zum Hauptgeschäft des Paares gehören.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden