War das Betrug? Haben drei Bekannte in Allmannshofen vor mehr als sechs Jahren einen Autounfall verursacht, um Geld bei der Versicherung abzukassieren? Oder geschah hier am Abend des 26. März 2017 ein ganz normaler Unfall, weil eine Autofahrerin die Vorfahrt missachtet hatte? Über diese Fragen musste das Augsburger Amtsgericht jetzt entscheiden. Am Ende wurden der Kfz-Mechaniker aus Wortelstetten, die Physiotherapeutin aus Nußdorf und der Versicherungsagent aus Ehingen vom Vorwurf des Betrugs freigesprochen.
Ein Betrug konnte ihnen nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden. Das unterscheide das Strafverfahren vom Verfahren im Zivilgericht, erklärte Richterin Silke Knigge. Dort waren die drei Angeklagten und eine vierte Beteiligte mit ihren Ansprüchen an die Versicherungen gescheitert. Vor dem Zivilgericht muss der Klagende zweifelsfrei nachweisen, dass es so gewesen ist, wie er es darstellt, um beispielsweise von der Versicherung Geld zu bekommen. Das hatte im Vorfeld der jetzigen Strafverhandlung nicht geklappt. Vor dem Strafgericht hingegen muss das Gericht zweifelsfrei von der Schuld der Angeklagten überzeugt sein, um zu einer Verurteilung zu kommen.
Die Fotos zum Unfall in Allmannshofen lassen den Gutachter zweifeln
Was war damals an der Kreuzung in Allmannshofen passiert? Die Angeklagten selbst machten keinen Angaben, es lagen aber mehrere Gutachten vor. Der Sachverständige Peter Wieland aus München legte noch ein weiteres vor, das er anhand von mehr oder weniger guten Fotos angefertigt hatte, weil die Autos nicht mehr zur Verfügung gestanden hatten. Demgemäß war der Kfz-Mechaniker mit einem auf seine Mutter zugelassenen Mercedes auf der Vorfahrtsstraße unterwegs, als ihm aus einer von rechts kommenden Seitenstraße die Physiotherapeutin unter Missachtung der Vorfahrt in die Beifahrerseite krachte. Der Fahrzeughalter, ein Versicherungsagent, hatte nach früheren Angaben bis zum Crash auf dem Beifahrersitz geschlafen. Danach soll er sich um die Forderungen gegen die Versicherung gekümmert haben. Bei dem Unfall waren Schäden im Bereich von knapp 12.000 Euro entstanden, Personen wurden nicht gravierend verletzt.
Im Zuge des Zivilgerichtsverfahrens waren Zweifel an der Schilderung der Unfallbeteiligten gekommen, die letztlich zu Strafanzeigen geführt hatten. Diese Zweifel stellte Gutachter Wieland jetzt auch vor dem Strafgericht dar. Es ging um die Frage, ob die Unfallbeteiligten den Zusammenstoß abgesprochen und absichtlich verursacht hatten und ob sie möglicherweise zur Verbesserung des Schadensbildes mit den Autos zweimal zusammengefahren sind.
Warum der Gutachter Betrug für möglich hält
Eben dafür gibt es laut Gutachter Anhaltspunkte. Die Fotos von den Unfallwagen würden zweierlei Schadensbilder aufweisen. So gebe es Spuren, die eine Streifkollision abbildeten, also einen Anstoßpunkt und anschließende Schleifspuren am Benz, die vom seitlich aufprallenden Mazda erzeugt worden sind. Es gebe aber auch Spuren, die auf eine Kollision des Mazda mit einem fast oder völlig stehenden Auto, dem Mercedes, schließen lassen. So habe man die Werbeaufschrift an der Beifahrertür des Mercedes nahezu unverzerrt in Spiegelschrift an der Front des Mazda erkennen können. Ein Abbild, das so nicht entstehen könne, wenn der Mercedes noch zwischen 30 und 50 Stundenkilometer schnell unterwegs gewesen wäre, erklärte der Gutachter.
Entscheidende Frage von Staatsanwältin Lorenza Felsch: Könne gutachterlich mit Sicherheit ausgeschlossen werden, dass es nur einen einzigen Zusammenstoß zwischen den beiden Fahrzeugen in Allmanshofen gegeben habe? Könne er nicht völlig ausschließen, so der Sachverständige. Würde man sämtliche Szenarien verschiedener Geschwindigkeiten des Mercedes und des Mazda stufenweise verändern, halte er einen einmaligen Zusammenstoß nicht für völlig ausgeschlossen.
Freispruch vor dem Augsburger Strafgericht
Der Staatsanwältin reichte diese Aussage, um von der Anklage wegen Betrugs abzurücken. Nicht, weil sie von der Unschuld der Angeklagten überzeugt war, sondern weil diese aus ihrer Sicht nicht zweifelsfrei zu verurteilen wären. Das war ganz im Sinne von Rechtsanwalt Ulrich Roßkopf, der den Kfz-Mechaniker verteidigte. Er forderte einen Freispruch für seinen Mandanten, ebenso wie es die ohne Rechtsanwälte erschienenen weiteren Angeklagten für sich forderten. Richterin Knigge sprach die Angeklagten frei. Sie habe keine sicheren Hinweise dafür, dass die Angeklagten in betrügerischer Absicht gehandelt hätten.