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Aufräumen nach der Flut: Eine Katze überlebt im überfluteten Keller

Allmannshofen

Aufräumen nach der Flut: Eine Katze überlebt im überfluteten Keller

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    Sichtlich gezeichnet vom Ausnahmezustand der letzten Tage sind Jürgen Vent (links), Rosa Vent (rechts) und Tochter Sarah Henke (Mitte). Ihre Garage in Allmannshofen ist Treffpunkt für Betroffene und Helfer geworden - zum Austausch und zur Stärkung.
    Sichtlich gezeichnet vom Ausnahmezustand der letzten Tage sind Jürgen Vent (links), Rosa Vent (rechts) und Tochter Sarah Henke (Mitte). Ihre Garage in Allmannshofen ist Treffpunkt für Betroffene und Helfer geworden - zum Austausch und zur Stärkung. Foto: Steffi Brand

    „Unsere Tiere haben überlebt“, ruft Rosa Vent aus Allmannshofen und berichtet freudestrahlend, dass sie ihre letzte vermisste Schildkröte wiedergefunden habe. Dann: Tränen – vor Glück, vor Erschöpfung. Und dann beginnt sie zu erzählen, wie es ihr und den im Unterdorf lebenden Menschen wenige Tage nach dem Hochwasser geht. Die Wohnsiedlung liegt nur einen Steinwurf von der Schmutter entfernt. 

    Ihren Fisch hat Rosa Vent beim Sandsackdamm gefunden. So heftig sei die Welle gekommen, die entlang der Schmutter zwar durch Betonbausteine im Flussbett gehalten werden konnte. Doch die Wassermassen suchten sich andere Wege, um den Teil des Orts beinahe von allen Richtungen kommend zu fluten. Doch bevor Rosa Vent ihren Mann Jürgen von den Schäden erzählen lassen will, spricht das Paar von den Tieren. Ihren Hund konnten sie direkt bei der Evakuierung mitnehmen. Die Katzen nicht. Eine ihrer zwei

    Jürgen Vent zeigt, dass in den 80er Jahren das Hochwasser bis unter die Steckdose gereicht hat. Doch Nässe und Schmutz an der Wand zeigen auch, dass diesmal das Wasser deutlich höher stand.
    Jürgen Vent zeigt, dass in den 80er Jahren das Hochwasser bis unter die Steckdose gereicht hat. Doch Nässe und Schmutz an der Wand zeigen auch, dass diesmal das Wasser deutlich höher stand. Foto: Steffi Brand

    Es sei nur ein Sachschaden, versucht sich Jürgen Vent selbst aufzubauen, bevor ihm die Stimme versagt. Die Bilder der letzten Tage haben sich eingebrannt. Als freiwilliger Helfer habe er sich bei der Feuerwehr eintragen lassen, mit angepackt, um die Schmutter im Flußbett zu halten. In zwei Runden wurden die Menschen östlich der Schmutter evakuiert – darunter auch die Unterdorf-Bewohner Allmannshofens sowie die Bewohner des Ortsteils Hahnenweiler und der Brunnenmahdsiedlung. Letztere sei glimpflich davongekommen.

    Hochwasser in Allmannshofen: Hahnenweiler hat die Flut stark getroffen

    Ob die Mutter in ihr Häuschen zurückkehren kann, sei noch nicht absehbar. Beim Gedanken daran laufen Rosa Vent und ihrer Tochter Sarah Henke die Tränen übers Gesicht. Dann berichten sie vom frühen Sonntagnachmittag – und damit auch von der dramatischen Zeitspanne, in der klar wurde, dass das Hochwasser nicht zu bändigen ist.

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    Überflutete Häuser, gesperrte Straßen und Brücken: Das Hochwasser richtet am Samstag und Sonntag in der Region große Schäden an. Fotos aus ganz Schwaben.

    Er ist ein Freund der Familie. Doch unter den Helfenden waren nicht nur Bekannte. Es kamen Menschen, die von Haus zu Haus gegangen sind, mit angepackt haben und als gerade nichts mehr zu tun war, einfach im nächsten Haus Hilfe angeboten haben, berichtet Sarah Henke gerührt. Der Arbeitgeber von Rosa und Jürgen Vent, die Bäckerei Hierl, brachte täglich Verpflegung für das Paar und die Helfenden, deren Garage seit der Rückkehr zum Treffpunkt geworden ist. Hier fand ein Austausch darüber statt, wo am dringendsten angepackt werden muss. Und hier saßen Menschen zusammen, die seit Jahren kein Wort mehr miteinander gewechselt haben, verrät Sarah Henke und betont, wie stark der Zusammenhalt untereinander geworden ist. 

    Das kleine Badezimmer im Keller von Familie Vent in Allmannshofen kommt der Kulisse aus einem Horrorfilm gleich.
    Das kleine Badezimmer im Keller von Familie Vent in Allmannshofen kommt der Kulisse aus einem Horrorfilm gleich. Foto: Steffi Brand

    Und eben diesen Zusammenhalt und diese Hilfsbereitschaft wird es brauchen, um den Folgen des Hochwassers Herr zu werden. Der Putz muss an den Innen- und Außenwänden in der Kelleretage runter. Ein Blick in den Keller von Rosa und Jürgen Vent lässt erahnen, wie groß die Naturgewalt des Wassers gewesen sein muss. Diese war so stark, dass Fliesen von der Wand fielen. Aufgequollene Wände zeigen an, dass das Wasser höher stand als bei einem Hochwasser vor vielen, vielen Jahren. Die Abwicklung der Schäden mit der Versicherung wird aufwändig, befürchtet Jürgen Vent und doch sei er froh, dass sie versichert seien – was nicht auf alle Menschen in seiner Nachbarschaft zutreffe. Und beim Gedanken daran, als Jürgen Vent von seinem Hilfeaufruf im Internet berichtet, kommen ihm erneut die Tränen – überwältigt von der Hilfsbereitschaft, körperlich und psychisch erschöpft.

    Manches Essen in der Gefriertruhe ist sogar noch verwertbar

    Überall in der Nachbarschaft werden Keller geräumt. Holzbretter, aufgequollen vom Wasser, landen im Vorgarten und warten darauf, abgeholt oder weggebracht zu werden. Elektrogeräte, verschmutzt von oben bis unten, reihen sich daneben. Von ihrer eigenen Gefriertruhe kann Sarah Henke hingegen Positives berichten: Zwar sei die Gefriertruhe im Keller umhergeschwommen – allerdings war sie geschlossen und die Familie musste nur einen geringen Teil des Essens wegwerfen. Das Eis, das sie nicht verschenken konnten, musste sie entsorgen. Eingefrorenes Obst wurde abgeholt und zu Marmelade verarbeitet. Aus angetauten Vorräten wurden Helfermenüs kreiert. 

    Zu nutzen, was noch nutzbar ist, scheint die Devise zu sein und das bedeutet auch: An den Zäunen hängt das zum Trocknen aus, was aus dem Keller noch gerettet werden konnte. „An einem Tag waren es Faschingskleidung, am nächsten Tarnanzüge“, verrät Sarah Henke und kann beim Gedanken an die viele Kleidung im Garten ihrer Mutter sogar kurz lachen. Und dann kommen sie wieder. Die Tränen – weil der geliebte Weihnachtsschmuck von Sarah Henke komplett auf den Müll wandern musste oder alte Funkgeräte, die für Jürgen Vent persönlich wertvoll waren, zum Elektroschrott mussten. 

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