Baudrama in Affaltern: Bremst der Bürgermeister den Traum vom Eigenheim?
Vor einem Jahr gab es eine positive Wende beim Baukrimi im Biberbacher Ortsteil Affaltern. Konnten Julia Fahrmeier und Christian Thiel nun endlich bauen?
Fährt man vom Biberbacher Ortsteil Affaltern in Richtung Lauterbrunn, sieht man am Ortsende linker Hand ein Bauernhaus, das gerade renoviert wird, und viel umgegrabene Erde. Hier wurde der Traum vom Haus von Julia Fahrmeier, 40, und Christian Thiel, 43, zum Albtraum. Vor einem Jahr haben wir über das Paar aus Aystetten berichtet, das wegen einer Veränderungssperre der Marktgemeinde Biberbach nicht mit dem Bau seines Bungalows beginnen konnte – zu unübersichtlich und ungeklärt war die Lage für Bürgermeister Wolfgang Jarasch. Fahrmeier und Thiel standen damals nach eigenen Angaben vor dem Verlust ihrer Existenz. Dann aber kam nur einen Monat später die Wende – die Veränderungssperre wurde aufgehoben, und sie rechneten mit einem Einzug nach einem Jahr. Heute ist der Anblick jedoch fast wie vorher.
Auf dem Areal warten vier bereits verkaufte Grundstücke mit je rund 500 Quadratmetern Fläche noch immer darauf, bebaut zu werden. Seit zwei Jahren. Eines davon gehört Thiel und Fahrmeier. Das Einzige, was heute anders ist, ist, dass die baufällige Scheune abgerissen und ein Kanal und Wasseranschluss gebaut wurden. Und das Schild der Fertighausfirma wurde zur Seite gelegt. "Viele haben gefragt, ob es Probleme mit der Firma gibt", sagt Fahrmeier. Dem sei aber nicht so.
Auch dem Verkäufer Konrad Schamberger macht das Paar keinen Vorwurf. Vor dem Verkauf habe er alles mit der Gemeinde abgeklärt und grünes Licht für sein Vorhaben bekommen. Wieso geht es dann auf der Baustelle nicht voran? "Ich warte auf das Go vom Bürgermeister, der Kanal ist gebaut und mit dem Landratsamt ist alles geklärt", sagt Schamberger. Seit mehr als sechs Wochen warte er auf eine Unterschrift des Bürgermeisters. "Er muss sagen, die Erschließung ist gesichert – dann gibt's Baugenehmigungen."
Bürgermeister Wolfgang Jarasch: Der Fehler liegt beim Bauunternehmer
Der Bürgermeister ist da anderer Meinung. "Von einem Landwirt hat der Schamberger damals einen Teil der Fläche gekauft und angeblich als voll erschlossenes Grundstück zu einem stolzen Preis verkauft", berichtet er aus seiner Sicht. Hier liegt Jarasch zufolge schon der Fehler. Es habe weder einen Bebauungsplan für das Areal gegeben noch seien die Grundstücke erschlossen gewesen. Dass nun die Erschließung abgeschlossen sei, "das war mir nicht bewusst, bis zum heutigen Tag hab' ich das so nicht erhalten."
Julia Fahrmeier entgegnet: "Wir sind erschlossen, haben seit Februar Kanal- und Wasseranschluss." Eine Zufahrtsstraße sei gebaut worden. "Auch die Versickerung von Regenwasser – das ist alles safe", sagt Fahrmeier.
Zu viele Fragen seien dem Bürgermeister zufolge hier aber noch offen. "Ich habe Herrn Schamberger und der Baufirma mehrfach gesagt, wenn alles beieinander ist, dann haben wir einen fertigen Bauantrag und dann können wir eine Aussage treffen." Und zwar für alle vier Grundstücke. Jarasch werfe den Bauwerbern nichts vor: "Ich verstehe, dass die sauer sind und endlich bauen wollen, aber nicht auf uns, sondern auf Herrn Schamberger sollen sie sauer sein", betont er. "Wenn wir sagen, die Erschließung ist gesichert, dann haben wir eine Aussage getroffen, da muss man sich drauf verlassen können."
Irgendwann sei bei Problemen nämlich die Gemeinde zuständig: "Wenn der Bauunternehmer das Grundstück verkauft hat und das Haus gebaut ist, dann sind nur noch wir da." Zwei der vier Grundstücke gehören indischen Familien, die sich nicht öffentlich äußern wollen. Das vierte Grundstück befindet sich laut Fahrmeier in der Rückabwicklung. Der Käufer habe sich umentschieden.
Bei der Unteren Bauaufsichtsbehörde des Landratsamtes Augsburg seien drei Bauanträge privater Bauherren für die besagten Grundstücke eingegangen, sagt die Pressesprecherin des Landratsamts, Annemarie Scirtuicchio. "Aufgrund fehlender Unterlagen sowie zu klärender Anforderungen bezüglich des angrenzenden landwirtschaftlichen Betriebs konnte bislang keine förmliche Einschaltung der Gemeinde Biberbach zu den Bauanträgen erfolgen." Sobald die Bauanträge vollständig sind, werde die Beteiligung der Gemeinde erfolgen. "In der Stellungnahme wird sich die Gemeinde Biberbach insbesondere auch zu der Frage der gesicherten Erschließung äußern", so Scirtuicchio. Im Falle eines verweigerten Einvernehmens werde seitens der Unteren Bauaufsichtsbehörde geprüft, ob dieses rechtmäßig oder möglicherweise rechtswidrig verweigert wurde.
Fahrmeier und Thiel brauchen das Haus bald auch für ein Pflegekind
Gegebenenfalls sei das Thema Erschließung privatrechtlich mit der Gemeinde zu klären. Mittlerweile habe Konrad Schamberger Fahrmeier und Thiel zufolge seinen Rechtsanwalt eingeschaltet. "Uns sind jetzt schon Mehrkosten von 70.000 Euro entstanden – durch Kostensteigerungen durch die Ankopplung an den baupreislichen Index", sagt Fahrmeier. Die zehnmonatige Preisgarantie für das Haus sei lange abgelaufen.
Wegen einer Gehbehinderung könne Fahrmeier nur halbtags arbeiten, Thiel ist bei einer Automobilfirma tätig. Nicht nur finanziell treffe es sie hart. "Wir haben mehrere Katzen und Hunde und könnten bald endlich ein Pflegekind adoptieren. Das Haus ist essenziell für uns." Sie fordern nun Wolfgang Jarasch schriftlich zu einer Stellungnahme bezüglich der Erschließung auf. "Wenn die rausgeht, hat der Bürgermeister dafür einen Monat Zeit." Fahrmeier und Thiel hoffen darauf, dass das Landratsamt im Falle einer negativen Antwort das gemeindliche Einvernehmen ersetzen werde. Sei die Baugenehmigung erst mal da, könne es ganz schnell gehen.
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Warum soviel "Gedöns" um eine Privatangelegenheit. Die Augsburger Allgemeine hat ja reichlich Platz für so einen Bericht.
Wenn man ein Grundstück erwirbt sollte man sich im Vorfeld versichern ob dieses Gelände erschlossen ist. Da gehört eben auch die Thematik Wasserversorgung, Kanal, Zuwege, etc. mit dazu. Wenn man vom Bauträger versichert bekommt es wäre alles Erschlossen was auf diesem Grundstück keineswegs der Fall war, würde ich mir eher Gedanken machen um das Thema Vertragsbruch/Vertragsverletzung? Weiterhin ist mir auch nicht Schlüssig ob und in welcher Form diese Thematik überhaupt mit dem Bauträger vertraglich festgeschrieben wurde.
Ich kann definitiv die Gemeinde in dieser Situation verstehen, denn wenn das Grundstück nicht erschlossen ist und der Gemeinderat stimmt diesem Bauantrag zu, bleibt die Kommune eventuell auf den Erschließungskosten sitzen.
Ich denke hier wurden schon viel früher Fehler gemacht wo der Bauwerber das Grundstück vom ehemaligen Besitzer gekauft hat.
Man hat sich zu dieser Zeit keinerlei Gedanken gemacht ob und wie dieses Grundstück bebaut werden kann. Bauland ist eben nicht gleich Bauland und ein Landwirtschaftlicher Betrieb fällt eben unter Gewerbe!