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Zusmarshausen: So gelingt die Kommunikation mit Demenzkranken

Zusmarshausen

So gelingt die Kommunikation mit Demenzkranken

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    Gespräche mit Demenzkranken sind oft schwierig und anstrengend. Tipps bekommen Angehörige bei einem Kurs in Zusmarshausen. (Symbolfoto)
    Gespräche mit Demenzkranken sind oft schwierig und anstrengend. Tipps bekommen Angehörige bei einem Kurs in Zusmarshausen. (Symbolfoto) Foto: Daniel Naupold/dpa

    Ausreden, Notlügen und immer wieder die gleichen Fragen und Geschichten: Gespräche mit Demenzkranken können anstrengend und nervenaufreibend sein. In dem Kurs „Du machst mich noch verrückt ... Kommunikation mit verwirrten Menschen“ sollen Angehörige von Demenzkranken in Zusmarshausen lernen, auf das schwierige Verhalten zu reagieren. Eine Referentin ist Doris Schäffler von der Fachstelle für pflegende Angehörige des Landkreises. Sie erklärt, welche Probleme sich bei der

    Frau Schäffler, bei Demenzkranken verändert sich ja viel: körperlich, geistig, psychisch. Was aber ändert sich speziell in der Kommunikation?

    Schäffler: Das fällt am Anfang der Demenz als erstes auf. Der Betroffene hat Wortfindungsschwierigkeiten, bricht Sätze ab, weil er den Faden verliert. Er zieht sich zurück, weil er dem Gespräch nicht mehr folgen kann. Außerdem behaupten Demenzkranke viele Dinge, die nicht stimmen – und lassen sich auch nicht vom Gegenteil überzeugen. Sie reden viel über die Vergangenheit, denn das Langzeitgedächtnis arbeitet noch sehr lange. Irgendwann merken die Angehörigen, dass der Demenzkranke immer dieselben Geschichten erzählt.

    Wie gehen Betroffene mit dieser Situation um?

    Schäffler: Der Demenzkranke entwickelt eine Schutzstrategie: Er leugnet, zieht sich zurück, erfindet Ausreden: „Ich war schon immer schusselig.“ „Ich wollte nie Karten spielen.“ „Die anderen wollen mich beim Kegeln nicht mehr dabei haben.“ Er macht das unbewusst, nicht absichtlich. Er sagt, er hat keine Lust mehr – weil er nicht zugeben will, dass er es nicht mehr schafft. Wir Denkenden versuchen ja auch, Schwächen zu kaschieren.

    Zu welchen Problemen kann das führen?

    Schäffler: Angehörige sehen das gerade am Anfang als Angriff auf sich selbst, glauben er macht das absichtlich. Dann kommt es zu Streitereien, Aggressionen, Wut, Misstrauen und gegenseitigen Beschuldigungen wie „Du hast den Geldbeutel verlegt“. Das ist vor allem für Paare belastend. Umso enger die Beziehung ist, desto schwerer ist es. In unserem Kurs stellen wir die Situation mit zwei Inseln dar: Auf der einen ist der Demenzkranke, auf der anderen sind wir. Der Demenzkranke lebt in einer anderen Welt, wir können ihn nicht mehr in die Realität holen. Wir als Denkende können aber von unserer Insel auf die des Demenzkranken kommen. Dazu müssen wir surfen lernen. Doch das ist nicht einfach, es gibt Barrieren, man fällt ins Wasser, scheitert oft.

    Wie kann man also auf das unangepasste Verhalten richtig reagieren?

    Schäffler: In unserem Kurs wollen wir das erarbeiten: weg vom Defizit, hin zur Kompetenz. Wichtig ist: nicht auf Fehler hinweisen und korrigieren, also in die Realität holen. Das frustriert den Demenzkranken nur, und Frust führt zur Aggression. Stattdessen geht es darum: Was ist der Mensch noch? Er hat schließlich in seinem Leben etwas geschaffen. Das müssen wir wertschätzen. Wenn man weiß, was den Mensch in seinem Leben angetrieben hat, was seine Motivation war, dann kann man ihn bei diesen Themen gut packen. Ein großes Problem bei der Demenz ist ja der Verlust der Identität.

    Wie könnte das also aussehen?

    Schäffler: Nehmen wir zum Beispiel eine Hausfrau, die ihr Leben lang gut geputzt und gekocht hat. Durch ihre Krankheit hat sie verlernt zu kochen. Falsch wäre nun zu sagen: „Komm’ lass’ das, ich nehme es dir ab.“ Dann ist die Frau frustriert, hat das Gefühl: Ich bin nichts mehr wert. Besser wäre es nebenbei zu erwähnen, dass sie die beste Köchin sei und immer so gut gekocht hat. Dann kann man fragen: „Was ist dein Lieblingsgericht?“ Schweinebraten. „Und wie machst du den?“ So lockt man etwas heraus – und plötzlich weiß sie wieder etwas. So wird der Umgang positiver, konfliktfreier.

    Was sollte man auf keinen Fall tun?

    Schäffler: Es ist falsch, den Kranken wie ein Kind zu behandeln. Manchmal haben Demenzkranke lichte Momente, in denen man mit ihnen ganz normal sprechen kann. Aber man darf eben nicht davon ausgehen, dass er das am nächsten Tag noch weiß. „Aber gestern wusstest du das noch!“ ist also falsch. Das Verhalten auch auf keinen Fall ins Lustige ziehen. Sarkasmus verstehen Demenzkranke nicht.

    Gibt es denn einen Unterschied zwischen Angehörigen und Unbeteiligten?

    Schäffler: Natürlich sollten auch Bäckerei- oder Bankangestellte wissen, wie man mit Demenzkranken umgeht, sie könnten ja ihre Kunden sein. Aber Angehörige haben, auch im Gegensatz zu Pflegepersonal, die Belastung 24 Stunden lang. Da steht der Partner zum Beispiel immer wieder nachts auf und will nach Hause. Und der Angehörige sagt tausendmal „Du bist doch zuhause“ – und trotzdem kommt er immer wieder. Oft hilft es, ihn dann in den Arm zu nehmen, ihm das Gefühl zu lassen und zu bestätigen: „Gell, daheim ist es doch am schönsten. Wir gehen jetzt heim“. Und ihn dann wieder ins Bett zu bringen.

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