Startseite
Icon Pfeil nach unten
Augsburg Land
Icon Pfeil nach unten

Wirtshausgeschichten: Wien – Zusmarshausen – Brüssel

Wirtshausgeschichten

Wien – Zusmarshausen – Brüssel

    • |
    Einer der Suiten im ehemaligen Heuboden-/Stallungstrakt.
    Einer der Suiten im ehemaligen Heuboden-/Stallungstrakt.

    Von Andrea Faber

    Zusmarshausen. Es sind wahrhaft historische Gemäuer, die dem Hotel und Restaurant „Die Post“ im Herzen Zusmarshausens Raum und Gesicht geben. Als ehemalige „Posthalterei“ stand es seit 1684 für die Strecke Wien-Brüssel unter Vertrag des Fürsten Thurn und Taxis. Zahllose Postkutschen, oft auch Vier- oder Sechsspänner hoher Gäste, gingen dort an und ab.

    Die Liste bekannter Persönlichkeiten, die sich hier aufhielten, ist lang. Sie umfasst Kaiser, Könige, Fürsten, Politiker, Prominente. Nicht umsonst gibt es sowohl Gasträume als auch Zimmer, die nach Napoleon oder Marie Antoinette benannt sind. Ersterer blieb der Historie nach im Jahre 1805 drei Tage lang in der Zusmarshauser Postkutschenstation, um dort mit seinen Generälen die Schlacht von Elchingen vorzubereiten. Die österreichische Erzherzogin

    1985 erhielt ihr Vater Luis Endres, langjähriger Leiter der Zusmarshauser Brauerei Schwarzbräu, das Angebot, die „Post“ zu kaufen. Als gelernter Architekt war es ihm ein Anliegen, moderat zu sanieren und so den historischen Charme des Gebäudeensembles zu erhalten. Ein Trakt, der ursprünglich Heuboden und Stallungen beherbergte, ging vor 15 Jahren wegen einer bis heute ungeklärten Brandstiftung in Flammen auf. „In diesem wiederhergestellten, sehr geräumigen Bereich finden sich nun unsere Suiten“, erläutert Auernhammer, die die Hotel- und Gaststättenleitung gemeinsam mit ihrer Schwester Bettina übernommen hat.

    König Carl Gustav, Heino und ein Fußballprofi waren auch schon da

    Logierten seinerzeit Gäste wie Zar Alexander II., die Bayernkönige Max I. sowie Ludwig I., Fürst Metternich, der übrigens das hiesige Bier dem Schaumwein vorzog, oder auch der König von Württemberg, so gab es aber auch Gefangene, die beim Zwischenstopp über Nacht untergebracht werden mussten. „Der Kerker in unserem Keller war über eine Tür unter der eigentlichen Treppe direkt begehbar. Das ist noch heute ersichtlich“, weiß die Hotelchefin.

    Plötzlich stürzte ein Teil des Kellergewölbes ein

    Während eines ersten Rundgangs ihres Vaters mit einem Bauarbeiter im Kellerbereich vor Renovierungsbeginn sei damals ein Teil des Gewölbes plötzlich eingestürzt. „Das war ein riesiger Schrecken“, erinnert sich die Tochter. Passiert sei den beiden aber zum Glück nichts. Heute kann man dort ein „Kerkeressen“ zu sich nehmen, ohne Gefahr zu laufen, am nächsten Tag weiter zum Gefängnis transportiert zu werden - und stattdessen lieber den Wellnessbereich mit Schwimmbad aufsuchen.

    Prominente Gäste gibt es bis in die jetzige Zeit: in den siebziger Jahren war es Heino, später dann Franz Josef Strauß, 1989 König Carl Gustav von Schweden, weil er in den Westlichen Wäldern zur Jagd unterwegs war. 2005 übernachteten in der ehemaligen Posthalterei Gitte und Wencke Myhre, später auch Fußballprofi Alexander Zickler. „Aber natürlich haben wir überwiegend normales Publikum, zum Beispiel Messegäste oder Gäste, insbesondere italienische und rumänische, die das Legoland besuchen“, so Auernhammer.

    Ein magischer Ort, auch für Mädchenträume

    Servierte man anno dazumal vorzugsweise Wild, Fasan und Rebhuhn, so findet sich heute in der „Post“ eine moderne Gastronomie, samt Pastabuffet und Kochkurse – aber ebenso wie früher vornehmlich aus regionalen Produkten. Letztes Jahr hat hier eine Frau geheiratet, die schon als Mädchen „später einmal in der Post Hochzeit feiern“ wollte. Dieser Traum wurde für sie wahr, ebenso wie bei den Eltern Endres oder auch Christina Auernhammer selbst. Auch für sie war die „Post“ schon immer ein ganz besonderer, fast magischer Ort.

    Mit dieser Liebe zur Lokalität scheinen die Einträge im Gästebuch auch nicht ungewöhnlich, die vom „Auftanken“ in der „Post“ berichten, und dass „wir uns sehr wohlfühlen bei Ihnen, weil Sie die Gabe besitzen, uns für einige Zeit Last abzunehmen“. Ein Ort des gediegenen Rastens und exponierten „Zwischenstopps“. Auch lange nach der Postkutschenzeit.

    Mit dieser Folge endet unsere Serie Wirtshausgeschichten.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden