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Ettelried: Wie der kleine Ort Ettelried zum Protest-Dorf gegen den Windpark wird

Ettelried

Wie der kleine Ort Ettelried zum Protest-Dorf gegen den Windpark wird

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    Mit kreativen Aktionen stellen sich mehrere Ettelrieder gegen das Millionenprojekt eines Windparks im nahe gelegenen Forst. Sie haben ihren Ort in ein Protest-Dorf verwandelt.
    Mit kreativen Aktionen stellen sich mehrere Ettelrieder gegen das Millionenprojekt eines Windparks im nahe gelegenen Forst. Sie haben ihren Ort in ein Protest-Dorf verwandelt.

    Auffällig langsam fahren zwei Autos am Dorfplatz vorbei. Die Fahrer blicken auf eintausend kleine Holzkreuze. Über sie ragt im Hintergrund ein meterhohes Windrad aus Holz. Die Kreuze stehen für tausende Bäume, die für den geplanten Windpark im Wald bei Ettelried gefällt werden müssten. Dahinter steckt eine große Gruppe an Ettelriedern. Mit kreativen Aktionen stellen sie sich gegen das Millionenprojekt. Sie haben ihren Ort in ein Protest-Dorf verwandelt.

    Dort plant die Firma Juwi AG zehn Windrad-Riesen. 250 Meter hoch sollen die Anlagen werden. Insgesamt soll der Windpark 140 Hektar einnehmen – mitten im Wald. Dauerhaft gerodet werden müsste eine Fläche von 0,5 Hektar je Anlage, sagt der Investor. Das Millionenprojekt, das Strom für 25 000 Haushalte verspricht, steht allerdings noch ganz am Anfang des Genehmigungsverfahrens. Im Gemeinderat ist noch kein Beschluss gefällt. Geht es nach den Ettelriedern, dürfte die Abstimmung eindeutig ausfallen.

    Etliche Protest-Plakate finden sich im Dinkelscherber Ortsteil Ettelried

    Wenige Tage nachdem der Windpark-Investor seine Pläne im Gemeinderat vorstellte, folgte der stille Protest. Angefangen hat alles im Juli mit einer Zeichnung am Ortseingang. Zu sehen sind ein paar Häuser und die Ettelrieder Kirche. Weit über den Kirchturm hinaus ragen vier riesige Windräder. Auf die Aktion folgten dutzende weitere. Inzwischen ist an kaum einem Haus in Ettelried kein Protestplakat zu sehen. Zu lesen sind Sprüche wie: „Wir wollen Dorf bleiben“, „Willkommen im Windpark Westliche Wälder“, oder „I bin a Dorfkind, darauf bin i stolz, und i brauch koi Windrad in unserm schönen Holz“.

    Die allermeisten der Banner stammen von der „Kreativgruppe“ der Initiative „LebensWerte Reischenau“. Einer der Initiatoren der Gruppe ist Alfred Erdt. Er sagt, eine Umfrage unter den Menschen im Ort habe ergeben, dass etwa 80 Prozent gegen den Windpark sind. Gemeinsam überlegen sie sich Sprüche für die Plakate oder kreative Aktionen wie die Kreuze vor der Kirche. „Wer will, kann ein Plakat bestellen. Wir überlegen uns dann gemeinsam, welcher Spruch passt“, erzählt eine Frau der Gruppe. Wie einige andere, will sie ihren Namen nicht in der Zeitung lesen.

    Waldbesitzer hat einen Vertrag mit dem Investor Juwi AG unterschrieben

    Die Dorfgemeinschaft spielt in dem kleinen Örtchen eine große Rolle. Man kennt sich in Ettelried. Auch Caspar Freiherr von Schnurbein lebt hier. Ihm gehört ein großer Teil des Waldgrundstücks, auf dem zehn Windräder entstehen sollen.

    Entsprechende Vorverträge sind bereits unterschrieben. Das nehmen ihm viele Ettelrieder offenbar übel. Vor dem sechs Meter hohen Modell-Windrad auf dem Dorfplatz steht das Haus des Freiherren im Miniaturformat. Wichtig ist den Protestlern allerdings, zu betonen, dass man sich persönlich gut mit dem Freiherrn und seiner Familie verstehe.

    Dass er sein Waldgrundstück für riesige Windräder hergibt, kann die 24-jährige Anna Kronwitter allerdings überhaupt nicht verstehen. Grundsätzlich habe sie nichts gegen Windenergie. „Ich ziehe meine persönliche Grenze, wenn dafür in das Ökosystem Wald eingegriffen werden muss“, sagt sie. „Das ist verheerend“. Doch das ist nicht das einzige Argument der Initiative.

    Anwohner fürchten Lärm, Schmutz und gesundheitliche Folgen durch die Windräder

    Alfred Erdt und seine Mitstreiter haben Zweifel an der Wirtschaftlichkeit der Anlagen. Das zeige ein Blick auf benachbarten Anlagen. Außerdem sei die Lage im Wald für Windräder nicht gut geeignet. Und: Es sei unklar, ob der Bau der riesigen Anlagen Auswirkungen auf das Grundwasser haben könnte. Daneben fürchten sie den Lärm der Anlagen, Folgen für die Gesundheit und einen Wertverlust ihrer Immobilien. Oberstes Ziel der Initiative „LebensWerte Reischenau“ ist mindestens die Einhaltung der 10-H-Regelung. Der Investor Juwi hält dagegen. Aus dessen Sicht ist der Windpark nur dann wirtschaftlich, wenn die Windräder besonders groß sind. Den Abstand, den die 10-H-Regel festlegt, könne man nicht einhalten. In der Vergangenheit betonte der Investor, dass sämtliche für den Windpark gerodete Bäume standortnah wieder aufgeforstet werden sollen. Zum Thema Naturschutz stehe man in Absprache mit den Behörden. Ein entsprechendes Gutachten läuft.

    Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Ettelrieder wehren sich gegen geplanten Windpark: So geht kreativer Protest

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