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Westendorf: Von Ägypten nach Westendorf: Eine Perle mit besonderer Geschichte

Westendorf

Von Ägypten nach Westendorf: Eine Perle mit besonderer Geschichte

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    Diese Keramikperle wurde auf einem Acker bei Westendorf gefunden und wird vom Arbeitskreis für Vor- und Frühgeschichte ausgestellt.
    Diese Keramikperle wurde auf einem Acker bei Westendorf gefunden und wird vom Arbeitskreis für Vor- und Frühgeschichte ausgestellt. Foto: Gisela Mahnkopf

    Was William Farquhar 2014 auf einem umgepflügten Acker bei Westendorf fand und dem Arbeitskreis für Vor- und Frühgeschichte überbrachte, war etwas ganz Besonderes: eine nur etwa 1,4 Zentimeter große Perle mit Gesichtern. Diese nur wenige Millimeter großen Masken sind dennoch erstaunlich detailreich gearbeitet.

    Der Münchner Archäologe Professor Bernd Päffgen hat den Fund untersucht: „Ein wirklich einzigartiges Stück“, sagt er. Sie besteht aus weißem Glas mit einem roten Band, welches von drei schwarzen Feldern gegliedert ist. In den Feldern sind Gesichter dargestellt.

    Wo es noch Funde ähnlich der Westendorfer Perle gibt

    Aufgrund der Gestaltung der Perle ordnet Päffgen sie entweder ins erste oder vierte Jahrhundert nach Christus ein. Ähnliche Funde aus einem Gräberfeld bei Straubing werden dem späteren Zeitpunkt zugeordnet. Eine der Westendorfer sehr ähnliche Perle liegt auch im Fundkomplex vom Militärlager Augsburg-Oberhausen vor und ist dem ersten Jahrhundert nach Christus zuzuordnen.

    Westendorf gehörte damals zum sogenannten Barbaricum, den Außengebieten des Römischen Reichs an der Grenze zu Germanien. Die Gegend war 15 vor Christus von den Römern erobert worden, um Pässe über die Alpen zu sichern. Das Römerlager in dieser Gegend trug den Namen Augusta Vindelicum, benannt nach dem kaiserlichen Titel Augustus („der Erhabene“) und dem dort vorher ansässigen Keltenstamm der Vindeliker. Aus diesem Römerlager entwickelte sich im Laufe der Jahrhunderte die Stadt, die heute den Namen Augsburg trägt. Auch bei Westendorf wurden die Reste einer Römersiedlung aus der Kaiserzeit gefunden.

    Vom anderen Ende des Römischen Reichs nach Westendorf

    Die Gesichtsperle von Westendorf stammt ursprünglich allerdings vom anderen Ende des Römischen Reichs: „Sie ist in der sogenannten Millefiori-Technik gearbeitet. Die beherrschte man damals nur im Orient“, erklärt Päffgen. Er vermutet einen Ursprung in Ägypten.

    Die Millefiori-Technik ermöglicht die Herstellung von buntem Glas und Keramik. Gerade in der frühen Kaiserzeit kam sie häufig bei wertvollem Geschirr zum Einsatz. Nachdem die Technik in Ägypten in Vergessenheit geriet, wurde sie erst rund 1000 Jahre später in Venedig wiederentdeckt. Dort erhielt die Technik ihren heutigen Namen, der 1000 Blumen bedeutet.

    Perlen wie die aus Westendorf waren noch lange nach den Römern in Mode. Selbst 700 Jahre nach dem Fall des Weströmischen Reichs wurden römische Perlen noch auf Halsketten in ganz Europa aufgezogen. Dort zierten sie die Hälse von Männern und Frauen. Meist konnten die Menschen im Mittelalter ihre Ketten allerdings nur mit „antiken“ Einzelstücken bereichern. „Der übrige Teil blieb leer oder wurde mit organischem Schmuck, wie Samenkörnern, Beeren oder durchbohrten Käfern, ergänzt“, heißt es in einem Aufsatz zur Chronologie der römischen Perlen. Außerdem wurden Perlen auf Kleider aufgenäht oder als Ohrringe zweitverwendet. Zweifelsohne genossen sie hohen Wert, denn sie wurden ausschließlich in reich ausgestatteten Gräbern gefunden.

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