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Augsburg: Was hat das Tempolimit auf der A8 bisher gebracht?

Augsburg

Was hat das Tempolimit auf der A8 bisher gebracht?

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    Mithilfe von in Echtzeit erfassten Daten soll die Telematik Autobahnen, wie auf der A8 bei Dachau, sicherer machen.
    Mithilfe von in Echtzeit erfassten Daten soll die Telematik Autobahnen, wie auf der A8 bei Dachau, sicherer machen. Foto: Marcus Merk

    Dichter Nebel hängt über der A8 bei Zusmarshausen im Landkreis Augsburg. Es ist Sonntagnachmittag, 16.50 Uhr, und schon wieder hat es gekracht: Ein 36-Jähriger fährt mit seinem Mercedes auf einen Laster auf. Die Retter müssen den Mann aus seinem Fahrzeug schneiden. Er hatte Glück, ist nicht verletzt. Unzählige andere Beispiele zeigen, dass es auch anders hätte ausgehen können. Seit Ende Juli gibt es auf der A8 zwischen Neusäß und Friedberg nun ein Tempolimit. 120 Stundenkilometer, von 6 bis 20 Uhr. Aber was bringt das?

    Mehr als 300 Fahrzeugführer mussten ihrer Führerschein abgeben

    Wenn die neuen Schilder entlang der sechsspurigen Autobahn Raser ausbremsen sollen, haben sie ihren Zweck bereits hundertfach erfüllt. Etwa 300 Autofahrer mussten in den vergangenen drei Monaten ihren Führerschein abgeben, weil sie zwischen Neusäß und Friedberg mehr als 40 Stundenkilometer zu schnell fuhren. Insgesamt waren zu dieser Zeit mehr als 3000 Verkehrsteilnehmer zu schnell, bilanziert Josef Sitterer, Chef der Autobahnpolizei in Gersthofen. Spitzenwert: Tempo 243 – wohlgemerkt bei erlaubten 120 Kilometern pro Stunde.

    Dass auf der Strecke noch weitaus mehr geht, beweist ein junger Mann, der im vergangenen Jahr mit Tempo 310 über die A8 bei Gersthofen bretterte – und viel zu dicht auffuhr. Er wurde vor kurzem zu einer Geldstrafe von 2600 Euro verurteilt. Weil es damals noch kein Tempolimit gab, war nicht das Rasen, sondern Drängeln der Grund dafür. Der Abschnitt zwischen Neusäß und Friedberg gilt als besonders unfallträchtig. Nun soll es auf der Strecke ruhiger zu gehen.

    Josef Sitterer spricht gar von einer „Harmonisierung des Verkehrs“. Soll heißen: Seit Einführung des Tempolimits fließt der Verkehr gleichmäßiger. Laut dem Chef der Autobahnpolizei gibt es auch weniger Unfälle. Wie viel weniger, könne man nicht sagen. Nach wenigen Monaten Tempolimit seien die absoluten Zahlen noch nicht aussagekräftig genug. Aber: „Eine Tendenz ist ganz klar feststellbar.“ Und: „Wir stellen auch fest, dass die Unfallfolgen zurückgehen.“ Wenn es kracht, dann seien die Schäden weniger schlimm. Sollte das Tempolimit also ausgeweitet werden?

    Sollte das Tempolimit auf der A8 ausgeweitet werden?

    Geht es nach Stefan Vogg, ist die Antwort klar. Er wohnt einem kleinen Ort bei Zusmarshausen, dessen Gemeindegrenze wenige hundert Meter entfernt von der A8 liegt. Sein Heimatort habe mittlerweile traurige Bekanntheit erreicht: „Zusmarshausen, das kennen viele nur aus Staumeldungen im Radio“, sagt Vogg. Er meint, das liege auch an der fehlenden Geschwindigkeitsbegrenzung. Seine Briefe an Politiker in München und Berlin füllen ganze Aktenordner. Der Zusammenhang zwischen freier Fahrt und einer hohen Zahl an Unfällen ist umstritten. Auch politisch. Allein das Wort Tempolimit mag manchen Autofahrer provozieren. Weitaus unumstrittener wird es durch den Zusatz „flexibel“. Ein Limit auf Abruf. Stichwort: Telematik.

    Telematik auf der A8 rund um Augsburg geplant

    Für diese Technik auf der A8 von München bis Ulm machen sich Bürgermeister und viele Verantwortliche, Lokalpolitiker und Anwohner schon seit Jahren stark. Mithilfe von in Echtzeit erfassten Daten soll die Telematik eine intelligente Verkehrssteuerung ermöglichen und für mehr Sicherheit sorgen – etwa durch ein flexibles Tempolimit. Die digitalen Schilderbrücken auf der Autobahn rücken näher und sollen rund 37 Millionen Euro kosten. Das geht aus einem Schreiben, das unserer Redaktion vorliegt, von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer hervor.

    Demnach sollen nun „zügig die nächsten Schritte zur Errichtung der Verkehrsbeeinflussungsanlage“ angegangen werden können. Was das Wort „zügig“ bedeutet, führt Scheuer nicht aus. Bislang war von einem Baubeginn ab 2022 die Rede. Vorgesehen ist die Technik derzeit in Richtung Ulm zwischen Dachau und Augsburg-West sowie in Richtung München zwischen Adelsried und München-Eschenried. So weit die bislang theoretischen Pläne.

    Ganz praktisch sieht Feuerwehrkommandant Stefan Weldishofer die Sache. Er rückt aus, wenn es wieder gekracht hat. Etwa 60 Mal im Jahr. Auch am Sonntagnachmittag, als der dichte Nebel über der A8 hing. Er war dabei, als der 36-Jährige aus seinem Auto geschnitten werden musste. Für den Feuerwehrmann sind weder Tempolimit noch Telematik ein Allheilmittel. Er sagt: „Aggressive Autofahrer sind das Hauptproblem.“ Weldishofer vermisst Umsicht auf der Straße. Telematik hin oder her, solange nicht mehr Rücksicht aufeinander genommen wird, werde es wieder krachen, sagt Weldishofer. Dann wird er helfen und zusammen mit seinen Kollegen ausrücken.

    Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Die Telematik auf der A8 ist eine teure Technik mit Lücken

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