Vor nicht allzu langer Zeit wurden Plastikverpackungen langsam, aber sicher aus den Regalen der Supermärkte heraus rotiert. Laut Industrievereinigung Kunststoff ging der Umsatz von Plastiktüten im Jahr 2018 um 18 Prozent zurück, neuere Zahlen gibt es nicht. Dann kam Covid-19 und mit der Pandemie eine steigende Nachfrage nach Verbrauchsgütern, die in Plastik verpackt sind. Die Verpackungshersteller in der Konsumgüterindustrie verzeichneten zwischen Mitte März und Mitte April nach Angaben ihrer Industrievereinigung Zuwachsraten im zweistelligen Bereich.
Anja Dördelmann vom Dorfladen Herzstück in Diedorf kann das nicht verstehen. Sie verfolgt eine andere Strategie. "Wo es geht, vermeiden wir Plastik." Dafür arbeite sie eng mit Landwirten zusammen, die "den Weg mitgehen". Die Unternehmerin bringt zugleich einen anderen, ebenso häufig verwendeten Rohstoff ins Spiel, der in der öffentlichen Debatte um Nachhaltigkeit oftmals untergeht: Palmöl. "Das ist in so vielen Lebensmitteln oder Verpackungen drin, und wir Menschen wissen das gar nicht. Dabei brennen deshalb Regenwälder ab", sagt Dördelmann.
Nicht nur in Dorfläden wird nachhaltig gedacht
Um Müll zu vermeiden, werden im Herzstück, das Anfang nächsten Jahres auch in Horgau eröffnen soll, viele Artikel unverpackt angeboten. "Die füllen sich die Kunden dann selbst in ihre mitgebrachten Behälter", erklärt die Mitbegründerin. Üblich ist es zudem seit einigen Jahren, Glasbehälter, in denen zum Beispiel Joghurt war, in den regulären Pfandautomaten abzugeben. Das funktioniert auch im Herzstück. "Mehrweggläser kann man hier an der Kasse abgeben", sagt Anja Dördelmann. Für einen eigenen Automaten, wie in Supermärkten, sei kein Platz.
Nicht nur in Dorfläden wird nachhaltig gedacht, auch in Supermärkten. Wie im Rewe Gallauch in Langweid-Stettenhofen. Gemüse wie Tomaten oder Paprika würden seit einigen Monaten nicht mehr in Plastikverpackungen im Regal liegen, sondern offen. Filialleiter Manuel Gallauch achtet auch privat darauf, umweltschonend zu leben. Er rät: "Man sollte zum Beispiel nichts kaufen, was dreimal verpackt ist."
Supermärkte sind auf Mithilfe der Lieferanten angewiesen
Seit Juli setzt Edeka Stoll in Meitingen für bestimmte Artikel auf ein ähnliches System wie das Herzstück. Nudeln, Reis oder Gummibären können sich die Kunden selbst aus einem Regal nehmen - unverpackt. Die Lebensmittel würden allesamt aus Bio-Herstellung stammen, sagt der stellvertretende Filialleiter Patrick Brunn. Wie kommt der Automat bei den Kunden an? "Sie haben das gut angenommen. Es dauert aber ein bisschen, bis sich das herumgesprochen hat", glaubt Brunn.
Noch gebe es aber einiges zu tun. Das geht aus einer Mitteilung von Edeka Südbayern hervor. "Wir engagieren uns beim Thema Plastikvermeidung als Händler schon seit vielen Jahren. Unser Einfluss erstreckt sich aber in erster Linie auf unsere Eigenmarken", schreibt die Pressestelle. Und weiter: "Rund 75 Prozent unseres Sortiments sind Markenartikel, die uns - inklusive Verpackung - fertig geliefert werden." Deshalb müssten "alle Teilnehmer der Prozesskette in die Pflicht genommen werden".
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