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Landkreis Augsburg: Warum die CSU im Augsburger Kreistag für die Linke auf einen Sitz verzichtet

Landkreis Augsburg

Warum die CSU im Augsburger Kreistag für die Linke auf einen Sitz verzichtet

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    Insgesamt 70 Kreisräte sitzen im Augsburger Kreistag, den Ton gibt dort das erneuerte Bündnis aus CSU und SPD an, das bei den Wahlen im März knapp die absolute Mehrheit behauptet hat.
    Insgesamt 70 Kreisräte sitzen im Augsburger Kreistag, den Ton gibt dort das erneuerte Bündnis aus CSU und SPD an, das bei den Wahlen im März knapp die absolute Mehrheit behauptet hat. Foto: Marcus Merk

    Beginnen wir mit einem Gewinner, der es am Ende eilig hatte: Maximilian Arnold. Möglichst schnell wollte der erste und bislang einzige Kreisrat der Linken in der Geschichte des Landkreises Augsburg am Montag die Listen mit der Besetzung der Ausschüsse in Händen halten. Dort steht schwarz auf weiß, dass der Linke Arnold seinen Sitz im Jugendhilfeausschuss dem Verzicht der CSU im Augsburger Kreistag zu verdanken hatte, der das Mandat zugestanden hätte. Jener CSU, deren Spitzenkräfte vor einigen Jahren noch nach einem Verbot für die Linkspartei gerufen haben.

    Flugs versicherte die CSU-Kreistagsversicherung tags darauf auf Nachfrage unserer Zeitung, dass es mit der Linken „keine Gespräche gab und gibt“. Die Personalie sei durch eine Absprache mit der FDP zustande gekommen. Die zwei liberalen Kreisräte wollen mit dem Linken-Politiker Arnold eine Fraktionsgemeinschaft bilden. Diese ist gleichbedeutend mit dem Recht auf Sitze in den Ausschüssen, unterstellt aber, dass beide Partner gleiche politische Ziele verfolgen.

    Maximilian Arnold hat seinen Sitz im Jugendhilfeausschuss dem Verzicht der CSU im Augsburger Kreistag zu verdanken.
    Maximilian Arnold hat seinen Sitz im Jugendhilfeausschuss dem Verzicht der CSU im Augsburger Kreistag zu verdanken. Foto: Sammlung Arnold

    CSU und SPD nutzen ihre Mehrheit im Augsburger Kreistag bei der Postenverteilung

    Bei anderen Gruppierungen im Kreistag löst die linksliberale Liaison deshalb verschärftes Stirnrunzeln aus. Doch dazu später mehr. Insgesamt 70 Kreisräte sitzen im Augsburger Kreistag, den Ton gibt dort das erneuerte Bündnis aus CSU und SPD an, das bei den Wahlen im März knapp die absolute Mehrheit behauptet hat (siehe Grafik). Das zeigte sich auch in der Besetzung der Zweckverbände und Aufsichtsräte für die Tochterfirmen des Landkreises, über die der Kreistag am Montag in der Neusässer Stadthalle entschied, wohin er wegen der Corona-Vorschriften ausgewichen war. Während die Besetzung der Ausschüsse des Kreistags die Kräfteverhältnisse in dem Gremium widerspiegeln muss, entscheidet bei den Zweckverbänden die Mehrheit der Stimmen, wer reindarf und wer draußen bleiben muss.

    Durchaus auch mit Unterstützung von FDP/Linke setzten CSU/SPD in wichtigen Einzelfällen den vom Wähler im Kreistag geschaffenen Proporz außer Kraft. Besonders deutlich wurde das bei der Besetzung des Aufsichtsrats der Wohnungsbaugesellschaft WBL, der knapp 5000 Wohnungen gehören. Neben dem Landrat sitzen dort nun vier CSU- und ein SPD-Kreisrat: 100 Prozent der Sitze für zwei Parteien, die zusammen knapp 52 Prozent der Wählerstimmen erreichten. CSU-Fraktionschef Lorenz Müller sagt, das Parteibuch sei für die Besetzung der Kontrollgremien nachrangig gewesen.

    Dort brauche man Kommunalpolitiker, die sich in den einzelnen Bereichen auskennen. Trotz ihrer Mehrheit mit der SPD habe die CSU auch andere Fraktionen eingebunden und ihnen Sitze überlassen.

    AfD bleibt bei der Postenverteilung außen vor

    Grünen-Sprecherin Silvia Daßler, Anführerin der zweitstärksten Fraktion, wollte das nur zum Teil gelten lassen. Man sei nur in den weniger wichtigen Gremien zum Zuge gekommen. Wenn es wirklich wichtig wurde, so Daßler, hätten SPD und CSU keinen Platz gelassen. Daßler: „Wir finden das nicht lustig.“ Zufrieden zeigte sich die Grünen-Sprecherin dagegen, dass die Absprachen in Sachen AfD funktioniert hätten.

    Die Rechtspopulisten sind mit fünf Sitzen erstmals im Kreistag vertreten und dort fünftstärkste Kraft. Als es um die Besetzung der Zweckverbände und anderen Institutionen ging, brachte die AfD keinen ihrer Bewerber durch, weil diese auf die geballte Ablehnung aller anderen Parteien stießen. Stattdessen wurden kurzfristig nominierte Gegenkandidaten bestimmt. AfD-Fraktionschef Jörg Mikszas sprach im Anschluss von einem „Affront“ sowie „Klüngel- und Selbstbedienungspolitik“. Anstatt seine Partei inhaltlich zu stellen, würden CSU, SPD, Grüne, FW, FDP und Linke sowie ÖDP die AfD schlicht ausgrenzen und sich das Fehlen einer gesetzlichen Regelung zunutze machen. Weil dies auch in anderen Kommunen geschehe, erwäge die AfD eine Verfassungsklage.

    Noch schlechter als die AfD hat es die ÖDP getroffen. Sie ist in keinem einzigen Ausschuss des Kreistags vertreten, weil sie keinen Fraktionsstatus hat. Die Kleinpartei hatte Gespräche mit FDP und Linker über eine Ausschussgemeinschaft geführt, war dann aber vom langjährigen Partner FDP links liegen gelassen worden – wegen „weit auseinander liegenden Überzeugungen,“ wie es damals hieß.

    FDP will im Kreistag mit der Linkspartei eine gemeinsame Fraktion bilden

    Die ÖDP-Chefin Gabriele Olbrich-Krakowitzer bezweifelt, dass es wirklich darum ging. Nach ihrer Darstellung wäre der ÖDP mit 2,7 Prozent der Wählerstimmen die führende Rolle in dem Dreier-Bündnis zugekommen. Das aber habe die FDP nicht gewollt.

    Kritisch sieht das Bündnis zwischen FDP und Linkspartei auch einer, den es nicht unmittelbar berührt. Den FW-Kreisrat und Landtagsabgeordneten Fabian Mehring stört die Rolle der FDP. Er erklärt: „Erst vor wenigen Monaten haben die Liberalen nämlich eine veritable Staatskrise verursacht, weil ihr Abgeordneter Kemmerich sich mit den Stimmen der AfD zum Ministerpräsidenten wählen ließ, um einen Kandidaten der Linkspartei zu verhindern.

    Ein paar Wochen später will die FDP im Augsburger Kreistag nun ausgerechnet mit dieser Linkspartei sogar eine gemeinsame Fraktion bilden. So viel Beliebigkeit ist mit meinen politischen Werten nicht vereinbar.“ Dementsprechend stimmte Mehring in der Kreistagssitzung gegen jeden Kandidaten von FDP/Linker und forderte sie auf, ihren Zusammenschluss noch einmal zu überdenken. Käme es zur Rolle rückwärts, könnte übrigens Maximilian Arnold am Ende wieder verlieren, was er zu Beginn gewonnen hat.

    Lesen Sie dazu den Kommentar von Christoph Frey: Postenverteilung im Kreistag: Ein schiefes Bild

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