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Thierhaupten: Wie aus Kartoffeln Pommes werden

Thierhaupten

Wie aus Kartoffeln Pommes werden

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    Auf dem Hof von Familie Oßwald ist Erntezeit.
    Auf dem Hof von Familie Oßwald ist Erntezeit. Foto: Marcus Merk

    Familie Oßwald aus Thierhaupten liebt den Geschmack von Kartoffeln. Fast täglich gibt es die gesunde Knolle: als Bratkartoffel, Rosmarinkartoffel,

    3000 Tonnen Kartoffeln werden hier jährlich geerntet. Pflanz- und Stärkekartoffeln bilden den geringeren Teil. Der Mammut-Teil sind Industriekartoffeln. Etwa 1700 Tonnen Pommes-Kartoffeln ernten die Oßwalds jährlich. Daraus werden in zwei Fabriken in Rain am Lech und Vorarlberg in Österreich Pommes und andere Tiefkühlprodukte hergestellt. Aus den 1700 Tonnen vom Angerhof werden so rund 1000 Tonnen

    Wie viel Geld Josef Oßwald für seine Kartoffeln bekommt, weiß er jetzt noch nicht genau. Zwar ist ein großer Teil des Preises vertraglich geregelt, aber Auf- und Abschläge zum Vertragspreis variieren je nach Qualität. Das entscheidet erst die Untersuchung in der Pommes-Fabrik in Rain am Lech. Der Kartoffel-Profi weiß: „Die Ernte ist der Knackpunkt.“ Ab diesem Zeitpunkt kann vermehrt das passieren, was sich unterm Strich negativ auswirken kann, denn jeder Kontakt mit der Knolle kann sie beschädigen – und das schmälert den Ertrag. Der Kartoffelroder auf dem Feld kann die Knolle bereits beim Ernten beschädigen. Anschließend wird die Kartoffel auf das Transportfahrzeug geladen – erneut eine Gefahrenstelle. Mit dem nächsten Schritt wird sie ins Lager gebracht, wo sie so lange verweilen darf, bis sie zur Pommes-Fabrik nach Rain geliefert oder vom Vertragspartner aus Österreich abgeholt wird. An die Just-in-time-Lieferung hat sich

    Etwa vier Stunden nach der Anlieferung werden die Kartoffeln bei Aviko in Rain zu Pommes verarbeitet – allerdings nur, wenn die Produktprobe ergeben hat, dass die Qualitätskriterien erfüllt wurden. Und dieser Test ist umfangreich. 100 Knollen bilden die Stichprobe, die darüber entscheidet, ob die Lieferung verarbeitet wird. Fällt beim Test beispielsweise auf, dass zu viele Knollen zu grün sind, dann ist das ein K.o.-Kriterium für die komplette Lieferung. Der Grund dafür ist das Solanin, das wie das Grüne an der Tomate giftig ist.

    Doch auch Wachstumsrisse, Missbildungen, Hohlherzigkeit und andere Beschädigungen können zur Ablehnung führen. Hinzu kommt der Frittiertest, der zeigen soll, wie die Kartoffel später als Pommes aussehen wird. Dazu werden 20 Pommes aus der Stichprobe entnommen und frittiert. Die Farbgebung schlägt sich in einer Kennzahl nieder. Summa summarum entscheiden die vom Landwirt mit Aviko festgelegten und vertraglich fixierten Qualitätskennzahlen. Kommt beispielsweise eine Zahl von 30 heraus, gibt es einen Zuschlag für den Landwirt. Ab 60 oder gar 65 muss er eine Preissenkung hinnehmen und ab 70 oder 75 wird die Lieferung komplett abgelehnt.

    Die klassische Pommes-Kartoffel soll möglichst groß sein. Unter einem Durchmesser von 40 Millimeter bleibt sie lieber gleich bei Oßwalds auf dem Hof. Nur 18 Prozent der Lieferung dürfen zwischen 40 und 50 Millimeter klein sein. Zuschläge gibt es für den Landwirt bei großen Kartoffeln über 60 Millimeter, denn diese lasten die Pommes-Maschine bestens aus, durch die sie nach dem Schälen mit einer Geschwindigkeit von 50 Stundenkilometern gedrückt werden: Die Ausbeute ist höher, der Abfall geringer.

    Warum Josef Oßwald trotzdem nicht einfach wartet, bis aus der großen die riesengroße Pommes-Kartoffel geworden ist, ist schnell erklärt: Mit der Größe steigt auch das Risiko. Je größer eine Knolle ist, desto größer ist auch die Angriffsfläche, die sie bietet, und Beschädigungen wirken sich negativ auf den Preis aus. Ist das Wachstum durch zu viel Niederschlag beeinträchtigt, kann der Stärkegehalt darunter leiden – auch dieser ist ein Qualitätsmerkmal. Je mehr „Stress“ die Kartoffel hat – wenn sie zum Beispiel besonders viel Niederschlag ertragen muss – desto deutlicher werden die sogenannten Lentizellen sichtbar. So werden die weißen Pünktchen auf der Kartoffel genannt, die der Zugang für etwaige Keime sind.

    Um aus seiner Ernte einen möglichst attraktiven Ertrag zu generieren, hat Josef Oßwald seine Produktion perfektioniert. Im Sommer werden die Felder mit Grundwasser gewässert, um Wachstumsrisse zu vermeiden. „Um den Grundwasserspiegel braucht sich dennoch niemand zu sorgen, dieser regeneriert sich durch den Regen schnell wieder“, erklärt er. Die Pflanzkartoffeln, die auf dem Angerhof angebaut werden, dienen dazu, Transportkosten zu sparen und einen geschlossenen Anbau-Kreislauf umzusetzen.

    Um eine möglichst optimale Backfarbe der Pommes zu erreichen, setzt Oßwald auf Frischluftbelüftung im Lager. Die Pflanzkartoffel fühlt sich bei drei bis vier Grad wohl, die Chips-Kartoffel braucht neun Grad. Seine Pommes-Kartoffel lagert Oßwald bei etwa 7,8 Grad Celsius, doch er weiß: „Das ist ein Spiel mit dem Feuer.“ Denn: Je kühler es ist, desto ruhiger lagert die Kartoffel, aber: Stärke zuckert bei kälteren Temperaturen auch deutlich schneller um. Und so braucht Josef Oßwald Erfahrung, Fingerspitzengefühl, den Mut, Nuancen zu verändern und ein Fünkchen Glück, um mit allen Besonderheiten der Kartoffel umgehen zu können.

    Bis Mitte Oktober konzentriert sich nun die Angerhof-Belegschaft auf Agria und Fontane. So heißen die zwei Sorten von Pommes-Kartoffeln, die hier angebaut werden. Von Januar bis Mai im darauffolgenden Jahr werden die jetzt geernteten Kartoffeln ausgelagert.

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