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Thierhaupten: Wie Richard Schaller vom Gourmetkoch zum Straußen-Experten wurde

Thierhaupten

Wie Richard Schaller vom Gourmetkoch zum Straußen-Experten wurde

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    Richard Schaller ist auf den Strauß gekommen. Vor knapp 20 Jahren begann er, Staubwedel und Straußeneier zu vermarkten. Im Jahr 2021 will er Lederartikel aus Straußenleder unter seinem eigenen Modelabel vertreiben.
    Richard Schaller ist auf den Strauß gekommen. Vor knapp 20 Jahren begann er, Staubwedel und Straußeneier zu vermarkten. Im Jahr 2021 will er Lederartikel aus Straußenleder unter seinem eigenen Modelabel vertreiben. Foto: Steffi Brand

    Wäre es nach seiner Familie gegangen, hätte das Leben von Richard Schaller ganz anders verlaufen sollen: Die Dorfwirtschaft Schaller, die im 19. Jahrhundert gegründet und bis 2006 betrieben wurde, war lange Zeit ein großer Name im Ort – der auch auf eine der ältesten Familien im Ort hinwies. In den 1980er-Jahren habe es auch noch so ausgesehen, als würde

    Der gelernte Koch schwang den Kochlöffel auf Michelin-Level und erhielt sogar Auszeichnungen für seine Kochkunst. Von einem „wilden Leben“ in der Gastronomie berichtet der 54-Jährige heute, der sich davon aber verabschiedet hat – zugunsten eines hierzulande durchaus ungewöhnlichen Federtiers: dem Strauß.

    Richard Schallers Straußenprodukte gibt es auch online

    Über den Einzelhandel sowie im Internet vertreibt Schaller heute zahlreiche Straußenprodukte und manövrierte sich damit selbst in die Rolle eines Vogels – nämlich eines „komischen Vogels“, denn kaum einer hat einst an sein Geschäftsmodell geglaubt. Dieses begann mit einer Hand voller Straußenfedern, die Schaller von Südafrika nach Thierhaupten brachte und seinem Vater präsentierte. Staubwedel wollte er daraus machen und diese verkaufen. Die Verzweiflung war seinem Vater ins Gesicht geschrieben, doch davon ließ sich der Unternehmer nicht beirren.

    Und Schaller sollte recht behalten: Aus dem kargen Absatz von 5000 Staubwedeln im Jahr 2002 wurden 150.000 Staubwedel im Jahr 2019. Insgesamt sind bis heute etwa zwei Millionen Straußen-Staubwedel an Schallers Kunden in Europa gegangen. Neben zwei amerikanischen Vermarktern ist Schaller der drittgrößte Händler weltweit.

    Mit Straußenfedern und Straußeneiern erweiterte Schaller sein Sortiment. Aktuell sind Federn mit 60 Prozent seine Hauptabsatzquelle, Eier folgen mit 30 Prozent. Auf seine neue Produktgruppe, Lederprodukte aus Straußenleder, entfallen aktuell zehn Prozent des Firmenumsatzes.

    Der Lederwarenbereich soll noch wachsen

    Beim Blick in die Zukunft und auf das Jahr 2023 verrät Schaller, dass er vor allem den Lederwarenbereich vergrößern will – auf 30 Prozent.

    Dabei ist sich Schaller seines Marktes durchaus bewusst: Seine Kunden sind 40 Jahre oder älter und haben ein Jahresgehalt von über 50.000 Euro. Von dieser Personengruppe kaufen etwa fünf Prozent Straußenprodukte – im Idealfall bei ihm. Aktuell stammen die Geschäftspartner, die Schallers Produkte vertreiben, aus Österreich, Deutschland, Tschechien und England. Skandinavien möchte Schaller als nächstes für sich erschließen.

    Seit den Jahren 2013/2014 tüftelt er bereits an der Ausweitung seines Sortiments mithilfe von Accessoires aus Straußenleder. In den Anfangszeiten hat Schaller noch selbst die Haut abgeholt und gewaschen. Berührungsängste zu dem tierischen Produkt hatte der Sohn eines gelernten Metzgers dabei nie.

    Es gibt schon Versuche mit Taschen, Geldbörsen und Gürteln

    Mittlerweile sind aus den Produktversuchen Taschen, Geldbörsen, Gürtel und Kugelschreiber geworden, die aktuell über die Homepage www.derstraussenprofi.de vertrieben werden. 2021 soll dann der Direktverkauf an den Kunden starten, unter dem eigenen Modelabel „Schaller“, um das sich die Modedesignerin im Team kümmert. Die Besonderheit an seinen Straußenlederprodukten ist die Regionalität. Stolz erklärt der Unternehmer: „Wir können hier produzieren und sind konkurrenzfähig.“ Das Leder stammt von Tieren, die in Deutschland groß werden. Gegerbt wird das Leder in einer kleinen Gerberei in Finsterwalde (Brandenburg), gefertigt werden die Accessoires dann in Italien, in der Nähe der Modemetropole Mailand. Kritikern, die auf das Tierwohl verweisen, erklärt Schaller gerne, wie wichtig ihm – auch aus der Sichtweise eines gelernten Kochs und als sparsamer, „bayerischer Schwabe“ – die Komplettverwertung des Tieres ist.

    Deswegen befinden sich im Lager auch nicht nur großflächige Lederwaren, sondern auch kleine Lederteile, die von den Beinen der Tiere stammen.

    Verwertet wird der sogenannte Diamantenbereich, der genoppte Lederbereich, der das Rückenteil des Tieres darstellt. Diese Teile des Straußenleders sind die teuersten Teile. Doch auch der Hals- und Nackenbereich, der deutlicher dünner ist, findet Verwendung, beispielsweise in Voll-Straußenleder-Gürteln.

    Es werden nur kleine Chargen der Straußenprodukte produziert

    Produziert wird in kleinen Chargen und unabhängig von asiatischen Lieferanten. „Die letzten 23 Jahre sind wie im Film vergangen“, erklärt Schaller rückblickend. Damals, im Jahr 1997 ist er in Südafrika „gelandet“, hat ein Restaurant geführt und eine Eiscreme-Produktion gestartet. 2001 verkaufte er diesen Betrieb, war anschließend Disco-Chef.

    Nach den Anschlägen des 11. Septembers 2001 packte Schaller einen Container voller südafrikanischer Weine, karrte diesen ins Lechtal und legte den Grundstein für sein Import-Export-Unternehmen. Nur ein Jahr später ergab sich die Besuchsmöglichkeit auf einer nahezu insolventen Straußenfeder-Produktionsfirma in Südafrika. In abgeschnittenen Jeans und T-Shirts legte der Unternehmer damals den Grundstein für seinen Betrieb im Lechtal.

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