Fahrradstraßen können Sicherheit bieten. Das erlebt die Leiterin des Gymnasiums in Königsbrunn, Eva Focht-Schmidt, jeden Tag. „Nicht nur unsere Schüler fahren hier, auch viele jüngere Kinder nutzen die Straße, um zur Grundschule zu kommen“, sagt sie. Der Alte Postweg in Königsbrunn, der zum Gymnasium führt, ist bislang die einzige Fahrradstraße im ganzen Landkreis. Hier haben Radler Vorrang, die Straße kann aber auch vom motorisierten Verkehr genutzt werden. In Stadtbergen ist gerade der Versuch gescheitert, Fahrradstraßen einzuführen. Warum scheiterte der Antrag der Grünen-Fraktion?
In Stadtbergen hatte die Stadtratsfraktion der Grünen nun die Idee, den Kirchenweg, den Oberen Stadtweg und die Pferseer Straße in eine Fahrradstraße umzuwandeln. Die sollten vor allem den Pendlerströmen in Richtung Augsburg nutzen, so die Antragsteller. Ordnungsamtsleiter Markus Voh machte auf der Sitzung des Verkehrs- und Sicherheitsausschusses sehr schnell deutlich, dass Konzepte anderer Kommunen nicht einfach eins zu eins übernommen werden könnten, dies vor allem aus rechtlichen und bautechnischen Gründen.
Es könnte in Stadtbergen um 126 Schilder für die Fahrradstraße gehen
So etwa kämen laut Straßenverkehrsordnung Fahrradstraßen nur dann in Betracht, wenn der Radverkehr dort ohnehin bereits die vorherrschende Verkehrsart ist. „In Stadtbergen ist auf keiner Straße der Fahrradverkehr vorherrschend“, erläuterte Voh, räumte aber ein, dass dies eine subjektive Aussage sei und diesbezüglich noch keine verbindlichen Verkehrszählungen durchgeführt wurden.
Dazu kämen die Fragestellungen, wie man letztendlich mit motorisierten Anliegern oder mit Speditionsfahrzeugen bei Umzügen verfahren solle. Markus Voh demonstrierte die Folgen dieser Regelung anhand einer Planungsgrafik: Alleine an einer einzigen Kreuzung einer solchen angedachten Fahrradstraße müsste man im Bedarfsfall 21 neue Verkehrsschilder aufstellen, bei sechs Kreuzungen wären dies bereits 126 Schilder für eine Straße, die im Grunde genommen Dorfcharakter hat.
Einfacher geht es in Königsbrunn: Dort wurden Fahrradstraßenzeichen auf die Straße aufgemalt. Auch der Allgemeine Deutsche Fahrradclub (ADFC) sieht die Auslegung der Straßenverkehrsordnung nicht ganz so kompliziert. Fahrradverkehr müsse nicht vorherrschend sein auf einer Fahrradstraße, sie solle aber von diesem Verkehrsmittel stark frequentiert sein, heißt es in den Richtlinien des Clubs zur Einrichtung von Fahrradstraßen. Geeignet seien besonders Parallelstraßen zu Hauptverkehrsachsen – wie eben die Pferseer Straße und der Obere Stadtweg zur Bismarckstraße in Stadtbergen.
Umbauten sind für Fahrradstraßen nicht nötig
Fahrradstraßen dürfen auch eingerichtet werden, ohne bauliche Veränderungen an der Straße vorzunehmen. In den Richtlinien des ADFC heißt es aber auch ganz deutlich: „Ob die in der Straßenverkehrsordnung verankerte Möglichkeit, Fahrradstraßen auszuweisen, vor Ort genutzt wird, hängt vom örtlichen Engagement der beteiligten Ämter und/oder dem Engagement von Bürgern und Verbänden ab.“ Diese Erfahrung hat auch die Schulleiterin in Königsbrunn gemacht: Nicht von heute auf morgen sei der neue Schwerpunkt der Straße akzeptiert worden, gibt Focht-Schmidt zu. Auch heute noch würden mehr „Elterntaxis“ die Straße benutzen, als das im Sinne der Schule ist. Dass die Fahrradstraße überhaupt eingerichtet wurde, gehe auf die Initiative von Bürgermeister Franz Feigl zurück. Heute würden etwa die Hälfte der Schüler mit dem Rad zum Unterricht kommen, so Focht-Schmidt.
Eine Fahrradstraße wie in Königsbrunn wünschen sich jetzt auch Schulleitung und Elternbeirat des Schmuttertal-Gymnasiums in Diedorf für die Dammstraße. Unterstützung erhalten sie von der örtlichen SPD: Gerade unter dem Umweltaspekt finden Vorsitzender und die beiden Gemeinderäte der Partei die Idee gut und wollen sich im Gemeinderat für eine entsprechende Beschilderung einsetzen.
Auch der Landkreis will die Verkehrswende
Auch außerhalb von Ortschaften sind Fahrradstraßen möglich und hier könnte die Zahl in Zukunft steigen: Der Landkreis hat sich vorgenommen, mit der richtigen Unterstützung den Radverkehr bis 2027 auf knapp ein Viertel des Gesamtverkehrsaufkommens zu steigern, aktuell liegt er bei 17 Prozent. Mit einem Grundsatzbeschluss zur Radverkehrsförderung hat der Kreistag in dieser Woche noch einmal den eingeschlagenen Weg bekräftigt.
Geplant sind unter anderem sieben gut ausgebaute Hauptnetzrouten, die vor allem von Pendlern genutzt werden: der Radweg auf der ehemaligen Weldenbahn gehört dazu wie auch Strecken von Schwabmünchen, Nordendorf, Gessertshausen, Dinkelscherben sowie dem Lechfeld nach Augsburg und eine Querverbindung von Königsbrunn nach Mering. Im Radwegekonzept des Landkreises heißt es, dass die Ausweisung von Fahrradstraßen große Vorteile mit sich bringen könnte.