Die Kontroverse über Mointainbikestrecken in den Westlichen Wäldern geht weiter. Jetzt haben sich sowohl die untere Naturschutzbehörde im Landratsamt als auch die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA), die Schirmorganisation des Bundesforstbetriebs Hohenfels, dem einige besonders umstrittene Flächen gehören, in den Konflikt eingeschaltet.
Ein Aushang drohte mit Strafen
Neu entzündet hatte sich die Diskussion nach der Sperrung von bei Bikern sehr beliebten Strecken hinter der Waldhausklinik in Deuringen durch den Bundesforstbetrieb. Ein Aushang drohte mit Strafen. Die Reaktion aus der Mountainbikeszene war eine Internetpetition für ein legales Trailareal in den Westlichen Wäldern, die bisher 2380 Menschen unterschrieben haben.
Die BImA zeigt sich auf Anfrage unserer Zeitung kaum kompromissbereit. Das Mountainbiken habe in den letzten Jahren zu „starken Schäden“ geführt: „Das Wachstum der Bäume und Pflanzen sowie die natürliche Verjüngung des Waldes werden beeinträchtigt.“ Außerdem hätten sich die Beschwerden von Spaziergängern über rücksichtsloses Verhalten der Mountainbiker gehäuft. Die BImA habe das Mountainbiken zu keinem Zeitpunkt geduldet.
Ein Sprecher der BImA betont außerdem, dass man sich vor einiger Zeit entschieden habe, den Bereich für ökologische Zwecke zur Verfügung zu stellen. Teil des in Zusammenarbeit mit Forst- und Naturschutzbehörde erstellten Konzepts seien zum Beispiel Wanderkorridore für Fledermäuse und Insekten oder das Belassen von Totholz im Wald. „Es ist daher auch künftig nicht möglich, den Wald oder Teile davon für den Radsport freizugeben“, so die Stellungnahme. Die Bundesforsten würden allerdings planen, den benachbarten Lehenwald zu verkaufen.
SPD: Lehenwald kommt als mögliches Gebiet infrage
Dieses Waldstück greift auch die SPD-Fraktion im Stadtrat Stadtbergen auf. Der Vorsitzende Roland Mair betont in einer Pressemeldung, dass seine Partei der Ausweisung eines legalen Trailareals „grundsätzlich aufgeschlossen“ gegenüberstehe. Der Lehenwald sei bereits in der Vergangenheit Gegenstand von Überlegungen gewesen und komme daher als mögliches Gebiet infrage. Die SPD-Fraktion lehnt allerdings ab, das Trailareal als öffentliche Einrichtung der Stadt zu betreiben. Verantwortung und Pacht müsste ein Verein übernehmen. Der nächste wichtige Schritt sei jetzt ein Runder Tisch mit allen Betroffenen.
Auch das Landratsamt hat sich mittlerweile mit der Möglichkeit eines legalen Wegenetzes auseinandergesetzt. Erste Grundlage sei die Zustimmung der Besitzer – der Bundesforst habe das bisher immer ausgeschlossen. Hinzu komme ein bürokratischer Rattenschwanz, heißt es: Änderung des Flächennutzungsplans, eventuell Bebauungsplan, Baugenehmigung, Herausnahme der Fläche aus dem Landschaftsschutzgebiet, Aufnahme einer Ersatzfläche.
Gespräche mit dem Bundesforst gescheitert
Schon 2018 seien Gespräche der Stadt Stadtbergen mit dem Bundesforst gescheitert. Der Bundesforst habe keine Fläche zur Verfügung stellen wollen und es habe sich kein Träger für das Projekt gefunden. Außerdem sei „fraglich, ob Biker einen kostenpflichtigen Trail annehmen würden“. Zusätzlich müsse man bedenken, „ob es gerechtfertigt ist, für auch überregionale Anhänger einer einzelnen Sportart, Flächen des Landschaftsschutzgebietes zu entwerten und damit auch den übrigen Bürgern für den Naturgenuss zu entziehen“.
Im Zusammenhang mit der Petition für ein legales Wegenetz für Mountainbiker, die mittlerweile über 2300 Menschen unterschrieben haben, scheint die BImA also nicht gesprächsbereit. Ein vorläufiger Dämpfer für die Gruppe von Mountainbikern, die sich aktuell in Augsburg und im Landkreis formiert und die Gründung eines Vereins vorbereitet. Ein legales Netz, auf dem sich ein Großteil der Mountainbiker kanalisiert, wäre auch im Sinne des Naturschutzes, argumentieren sie. Heiko Mittelstädt von der Deutschen Initiative Mountainbike, lässt im Gespräch durchblicken, dass die Mountainbiker so oder so unterwegs sind. Das lehrt ihn die Erfahrung aus Ballungsräumen in ganz Deutschland.
„Der Wald wurde Kfz-tauglich gemacht.“
Das Naturschutzargument hat für Mittelstädt zwar durchaus Gewicht, aber gerade in bewirtschafteten Wäldern, „in denen es alle 40 Meter eine Rückegasse gibt, durch die tonnenschwere Maschinen fahren“, sei es schwer zu vermitteln. In seinen Augen ist die Forstwirtschaft in vielen Waldgebieten seit Jahren privilegiert, das Gleichgewicht aus Naherholung, Naturschutz und Wirtschaft sei schon lange nicht mehr gegeben. Sein Beispiel: „Der Wald wurde KFZ-tauglich gemacht.“ Pfade seien sowohl für Mountainbiker als auch für Wanderer attraktiver. In den letzten 30 Jahren seien aber immer mehr breite Forststraßen angelegt und Wanderpfade dafür vernachlässigt worden.
Auch die Sektion Augsburg des Deutschen Alpenvereins hat sich mittlerweile in die Diskussion eingeschaltet, ihre Unterstützung für die Petition kundgetan und in den sozialen Netzwerken eine Umfrage zum Thema Mountainbiken in den Wäldern geteilt. In der Erhebung geht es um die Gewohnheiten vieler Radler im Wald: Welche Strecken sie bevorzugen, wie oft sie dort unterwegs sind. Außerdem schlägt sie ein Trailareal vor und fragt explizit: „Würdest du dich daran halten?“ Peter Nachtrub, Leiter der Abteilung Mountainbike beim DAV, erklärt: „Die Umfrage kommt nicht von uns, trifft viele Punkte aber ziemlich gut.“
Ein Mountainbikeverein wäre ein wichtigen Schritt
Besonders wichtig findet er die Tatsache, dass die Umfrage auch auf das notwendige Engagement eingeht: die Höhe möglicher Mitgliedsbeiträge, das Übernehmen von Funktionen im Verein, aber auch um die Pflege der Trails und die Unterstützung von Waldbesitzern zum Beispiel beim Müllsammeln. Nachtrub betont: „Vereinsarbeit ist leider nicht mehr so in Mode. Viele rufen nach legalen Trails, aber wenn man entgegnet, dass sie sich dafür engagieren müssen, wird es häufig still.“ Er sieht die Gründung eines spezifischen Mountainbikevereins als einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung.
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