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Schloss Emersacker: Kneipenwirt Jonny verlor beim Brand sein Lebenswerk

Schloss Emersacker

Kneipenwirt Jonny verlor beim Brand sein Lebenswerk

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    Die Kneipe war sein Lebenswerk, nun ist Christian Czichon alias Jonny noch ein Album mit Party-Flyern und Erinnerungsfotos geblieben.
    Die Kneipe war sein Lebenswerk, nun ist Christian Czichon alias Jonny noch ein Album mit Party-Flyern und Erinnerungsfotos geblieben. Foto: Andreas Lode

    „Jonny“ Christian Czichon steht vor den Trümmern seiner Existenz: Am Montagmorgen hat ein Brand im Schloss von Emersacker zerstört, was sich der Kneipenwirt über viele Jahre aufgebaut hat. Die Polizei geht von einem technischem Defekt als Ursache aus – vermutlich war es der Kühlschrank, der frühmorgens das Feuer auslöste. Es fraß sich dann rasend schnell über die alten Fehlbodendecken bis ins Gebälk des historischen Gemäuers der Schlossanlage. Der Schaden geht in die Millionen. Vom Lokal mit seinem u-förmigen Tresen ist kaum etwas übrig geblieben. Trotzdem hat der eine oder andere Fan von „

    Apropos Erinnerung: Ob es nun die „Ice-Remember- Party“ mit 500 Gästen, das US-Car-Treffen oder die „Bunny-Party“ war – Emersackers Kneipenwirt Jonny zog mit immer neuen Ideen die Menschen an. Und er sorgte immer wieder für Gesprächsstoff im Augsburger Land. Einmal brachte er sogar eine Stripperin aus der Augsburger Apollo-Bar mit in die 1400-Seelen-Gemeinde, die mit dem Auto in etwa einer Viertelstunde von der A 8-Ausfahrt Adelsried zu erreichen ist. Gerne erinnert sich der 61-Jährige auch an Heilig Abend: „Ich hab’ um 21 Uhr aufgemacht und dann kamen plötzlich bis zu 100 Gäste.“ Sie wollten die besondere Nacht im goldig-glänzenden Ambiente des Lokals verbringen.

    Beim Brand im Schloss Emersacker kam Papagei-Dame Karina ums Leben

    Ein technischer Defekt war wohl Auslöser des Brandes in Schloss Emersacker.
    Ein technischer Defekt war wohl Auslöser des Brandes in Schloss Emersacker. Foto: Andreas Lode

    Mit dabei war übrigens auch die Papagei-Dame Karina, die in einer Voliere saß – sie war das Maskottchen der Kneipe. „Jetzt ist sie erstickt. Wir haben sie schon beerdigt“, sagt Czichon. Das zerstörte Lebenswerk trägt er mit Fassung, denn für große Gefühle blieb bislang keine Zeit: „Da kannst du nichts machen. Viel schlimmer ist es doch, wenn man ein Kind verliert.“

    Der schlimmste Tag seines Lebens begann für Czichon am frühen Montagmorgen. Sein Hund weckte ihn – er heulte und machte die Sirenen der Feuerwehren nach, die ab 5.50 Uhr in Emersacker und ringsum wie ein Echo hallten. Czichon schaute aus dem Fenster und sah Bürgermeister Michael Müller auf der Straße vorbeilaufen. In diesem Augenblick sei für ihn klar gewesen: „Da ist etwas direkt im Ort passiert.“

    Nach und nach trafen die Feuerwehren in der Ortsmitte der Gemeinde im Nordwesten des Landkreises Augsburg ein. 180 Freiwillige, dazu Polizisten, Sanitäter und Helfer des Technischen Hilfswerks. Am Vormittag brachte die Berufsfeuerwehr aus Augsburg einen Abrollcontainer mit weiteren Atemschutzgeräten. Czichon ist dankbar für die Hilfe: „Die Feuerwehr hat alles klasse gemacht. Ich will mich noch irgendwie erkenntlich zeigen.“

    Wie geht es für Kneipenwirt Jonny nach dem Feuer im Schloss Emersacker weiter?

    Das sagt Jonny Czichon bevor er überhaupt weiß, wie es für ihn im Leben weitergehen soll. Eine Kneipe würde er nur wieder an Ort und Stelle betreiben. Doch daran ist im Augenblick kaum zu denken. Es wird noch Tage dauern, bis der historische Zwischenbau ausgeräumt und die Standsicherheit geklärt werden kann. Anschließend ist es an der Gemeinde, ein Konzept für die spätere Nutzung zu schmieden. Mit seinen Chaffeurdiensten kann „Jonny“, der seinen Spitznamen von seinem Vater bekommen hatte, jedenfalls kein festes Einkommen erzielen. Czichon fährt ab und an Hochzeitspaare, Junggesellen oder auch Partygäste mit seiner weißen, über acht Meter lange Stretchlimousine. Er sagt: „Das ist mehr ein Spleen.“

    Die Liebhaberei brachte gleichzeitig Werbung für die Kneipe – denn oft stand der überlange Wagen im Hof. Dem 61-Jährigen bleibt nichts anderes übrig, als sich einen einen neuen Job zu suchen. „Ich hoffe auf die vielen Kontakte durch die Kneipe“, sagt der Tausendsassa, der der schon als Automechaniker, Bierfahrer oder auch Schilderdesigner gearbeitet hat. Es sollten viele Kontakte sein – die Pilskneipe existierte schließlich 20 Jahre.

    Für viele ist das Lokal wie ein Wohnzimmer gewesen. Einer der Stammgäste kam gestern Vormittag zur Brandstelle und fragte Christian Czichon, ob vielleicht seine Brille das Feuer überstand hat – der Stammgast hatte sie am Sonntagabend noch im Regal über dem Tresen abgelegt und dann vergessen.

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