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Rückblick 2020: Ist der nördliche Landkreis Augsburg ein Hotspot für chemische Drogen?

Rückblick 2020

Ist der nördliche Landkreis Augsburg ein Hotspot für chemische Drogen?

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    Chemische Drogen wie Ecstasy-Tabletten gelten als besonders gefährlich. Ihre Wirkung können Konsumenten oft nicht einschätzen.
    Chemische Drogen wie Ecstasy-Tabletten gelten als besonders gefährlich. Ihre Wirkung können Konsumenten oft nicht einschätzen. Foto: Martin Schutt, dpa (Symbolfoto)

    Der Schock sitzt noch immer tief. Im Juni sterben in Nordendorf zwei Jugendliche im Alter von 15 und 16 Jahren. Die Obduktion ergibt: Die beiden Teenager aus Nordendorf hatten chemische Drogen konsumiert. Wenige Tage später nimmt die Polizei einen 33-Jährigen fest, der den beiden das Rauschgift verkauft haben soll. Der Mann aus dem nördlichen Landkreis sitzt seither in Untersuchungshaft. Die Ermittlungen laufen, erklärt Oberstaatsanwalt Matthias Nickolai. Einen Prozesstermin gibt es noch nicht.

    Im Juli stand ein Mann aus dem 2200-Einwohner-Ort Nordendorf vor Gericht, der zwei Menschen mit einer Pfeilwaffe schwer verletzt hatte. Der 35-Jährige litt offenbar unter Wahnvorstellungen, fühlte sich verfolgt. In seinem Haus fanden die Ermittler eine kleine Drogenküche zur Herstellung von chemischen Betäubungsmitteln. Diese spielen im nördlichen Landkreis offenbar eine größere Rolle, als in anderen Teilen des Augsburger Lands.

    Harte Drogen spielen im nördlichen Landkreis eine größere Rolle

    Das bestätigt Markus Schwarz, Leiter der Polizeiinspektion Gersthofen. Er stellt fest: Besonders in Meitingen, Thierhaupten oder Nordendorf spielen chemische Drogen eine größere Rolle als im Süden seines Einsatzbereiches. Dennoch will Schwarz nicht von einem "Drogenschwerpunkt" sprechen. Auffällig sei zwar, dass sich die Art der konsumierten Drogen häufig unterscheide, die Zahl der Fälle nehme aber nicht zu. Dass es in jüngster Vergangenheit zu mehreren Straftaten in Zusammenhang mit chemischen Drogen kam, sei eher eine "Verkettung unglücklicher Umstände" als ein Muster.

    Dennoch steigen im Augsburger Land die Fälle von Rauschgiftdelikten im Zusammenhang mit Amphetaminen. Waren es 2018 noch 343 Fälle, stieg die Zahl im vergangenen Jahr auf 380. Das sind knapp elf Prozent mehr, wie aus der Kriminalstatistik des Polizeipräsidiums Schwaben Nord hervorgeht. Schwarz: "Das lässt sich nicht wegdiskutieren. Die Problematik endet nicht an der Stadtgrenze." Das kann auch sein Kollege Raimund Pauli bestätigen. Er leitet die Polizeiinspektion Zusmarshausen: "Natürlich gibt und gab es schon immer auch auf dem Land Drogen". Pauli stelle fest, dass besonders die Anzahl an Delikten im Zusammenhang mit weichen Drogen wie Cannabis zunehme. Sein Dienstbereich liegt im westlichen Landkreis.

    Cannabis in Neusäß angebaut und mehrere Kilo geerntet

    Ins Bild passt da ein aktueller Fall aus Neusäß. Dort hatte ein Mann mehrere Cannabispflanzen angebaut. Die Ernte hatte das stolze Gewicht von 4,7 Kilo. Deshalb wurde der Mann, ein Ingenieur an einem renommierten Forschungsinstitut, vor Kurzem vom Amtsgericht in Augsburg verurteilt. Aus Sicht von Polizist Raimund Pauli, ist dieser Fall allerdings kein typisches Beispiel von Drogendelikten im Kreis.

    Die allermeisten der Konsumenten seien Jugendlichen oder junge Erwachsene, sagt er. Das sei eine Entwicklung der vergangenen Jahre. Oberstes Ziel der Polizei ist es, herauszufinden woher die Drogen stammen. Eine wichtige Rolle dabei spiele das Smartphone, sagt Pauli. Die meisten Drogengeschäfte laufen mittlerweile nämlich online. "Besorgniserregend ist, dass die Zahl der unter 18-Jährigen, die Drogen konsumieren, zunimmt", sagt Pauli.

    Mittelschule in Meitingen setzt auf Prävention beim Thema Drogen

    An der Mittelschule in Meitingen setzt Schulleiter Peter Reithmeir deshalb auf Prävention. Bereits in der achten Klasse beschäftigen sich die Schülerinnen und Schüler an seiner Schule mit dem Thema Drogen. Auch die beiden verstorbenen Jugendlichen aus Nordendorf besuchten die Meitinger Mittelschule. Seit dem tragischen Tod der beiden werde das Thema Drogen an der Schule "viel aufmerksamer" wahrgenommen, sagt Schulleiter Reithmeir. Im Juli berief er in Zusammenarbeit mit dem Präventionsteam der Polizei einen Infoabend für Eltern ein. "Das Interesse war riesig", sagt der Schulleiter.

    Dass seine Schule ein besonderes Drogenproblem habe, weißt Peter Reithmeir von sich. Klar sei aber auch, dass Schüler von sich aus wohl kaum auf Lehrkräfte zukommen werden, wenn es um das Thema Rauschgift geht. Eine wichtige Rolle spielen in diesem Zusammenhang zwei Jugendsozialarbeiter an der Mittelschule, sagt Reithmeir. Die seien nämlich zum Schwiegen verpflichtet und hätten immer ein offenes Ohr für die Schüler.

    Informationen zu den Angeboten für Jugendliche, Erwachsene und Angehörige sowie zur Prävention und Kontaktaufnahme: www.drogenhilfeschwaben.de

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