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Landkreis Augsburg: Reichsbürger fordert Milliarden US-Dollar von Söder

Landkreis Augsburg

Reichsbürger fordert Milliarden US-Dollar von Söder

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    In Bayern gibt es rund 3850 identifizierte „Reichsbürger“. Der 68-Jährige hatte sich eine sogenannte Reichskarte anfertigen lassen, die den Personalausweis der Bundesrepublik ersetzen soll.
    In Bayern gibt es rund 3850 identifizierte „Reichsbürger“. Der 68-Jährige hatte sich eine sogenannte Reichskarte anfertigen lassen, die den Personalausweis der Bundesrepublik ersetzen soll. Foto: Patrick Seeger, dpa (Archiv)

    Mit einer aus der Luft gegriffenen Forderung wollte ein früherer Reichsbürger aus dem Landkreis einer fälligen Geldstrafe entgehen. In Schreiben verlangte er vom Bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder 300 Milliarden US-Dollar. Der 68-Jährige setzte Söder sogar mehrere Fristen. Doch der antwortete nicht. Stattdessen landeten die Briefe bei der Staatsanwaltschaft. Die klagte den Mann, der sich vor zwei Jahren noch als Reichsbürger vor Gericht erklärte, wegen versuchter Erpressung an.

    In den Schreiben an Söder hieß es unter anderem, dass der 68-Jährige die Geldstrafe als Haftbefehl wertet. Letzteren würde er auch akzeptieren – sofern 300 Milliarden US-Dollar an ihn überwiesen werden. Die Geldstrafe wurde vor zwei Jahren durch ein Urteil verhängt. Der angeklagte Mann hatte eine Forderung desBayerischen Rundfunks erhalten. Weil er die nicht bezahlt hatte, lief ein Vollstreckungsverfahren an. Daraufhin schickte der 68-Jährige ein Schreiben an einen Beamten des Justizministeriums und forderte diesen auf, eine „rechtsgültige Legitimation mit Alliiertenkontrollnummer für das Verfahren“ vorzulegen.

    Mann droht mit einer Anzeige bei der russischen Militärstaatsanwaltschaft

    Falls das nicht geschehe, drohte er mit einer Anzeige bei der russischen Militärstaatsanwaltschaft in Berlin wegen „Weiterführung krimineller Handlungen“. Die Antwort der Staatsanwaltschaft: Ein Strafbefehl wegen versuchter Nötigung mit einer Geldstrafe von 1600 Euro. Dagegen legte der Mann Einspruch ein. Am Ende wurde der Reichsbürger zu einer Geldstrafe von 1750 Euro verklagt. Im Jahr darauf hatte er wieder Ärger mit der Justiz: Diesmal ging es um Anstiftung zur Urkundenfälschung.

    Der 68-Jährige hatte sich eine sogenannte Reichskarte anfertigen lassen, die bei einer Hausdurchsuchung entdeckt wurde. Das ist eine Art Dokument, der den Personalausweis der Bundesrepublik in der Szene ersetzen soll. Die Karte ähnelt in ihrer Beschaffenheit einem Ausweis aus dem früheren Deutschen Reich. Nach dem Urteil – wieder eine Geldstrafe – legte Richter Dominik Wagner dem Angeklagten nahe, sich zu überlegen, von der Reichsbürger-Schiene abzuspringen. Die Worte fanden offenbar Gehör.

    Sein Heil fand er bei den Reichsbürgern

    Denn nach den Schreiben an den Ministerpräsidenten, die der 68-Jährige vor Gericht bestätigte, distanzierte er sich nach eigenen Worten von der Szene, die die Bundesrepublik und ihre Behörden nicht anerkennt. Vor Gericht erklärte der Mann seine Motivation, warum er sich den Reichsbürgern zugewandt hatte. Er sei zum einen verärgert über den Rundfunkbeitrag, der seit einigen Jahren für alle verpflichtend ist. Sein Rechtsempfinden sei dadurch geschädigt worden, die Menschenwürde werde seiner Meinung nach mit den Füßen getreten. Was dem Angeklagten ebenfalls aufstieß, war die in seinen Augen nicht differenzierte und nicht freie Berichterstattung der öffentlich-rechtlichen Medien über die Vorgänge auf dem Kiewer Maidan-Platz in der Ukraine. Er sei innerlich zerrissen gewesen und wollte sich abgrenzen: Sein Heil fand er bei den Reichsbürgern.

    Doch bei Gesprächen mit Mitgliedern der Szene habe er dann eine Mischung aus Dilettantismus und Naivität festgestellt. Das „ganze Projekt“, wie er sagte, sei „eine Fehlplanung und Fehlinvestition“ gewesen. Seine Frau habe ihn zudem gebeten, „den Staat nicht herauszufordern“. Mit der Forderung an Söder habe er sich nicht persönlich bereichern wollen. Ihm sei es nur um einen Ausgleich, eine Genugtuung, gegangen. Als dann die Vorwurf der versuchten Erpressung ins Haus flatterte, sei das wie ein Nackenschlag für ihn gewesen.

    Der tut noch eine Weile weh: Richterin Susanne Scheiwiller verurteilte den 68-Jährigen (Verteidiger: Cliff Radke) zu einer Geldstrafe von 2400 Euro. Sie geht davon aus, dass keine Wiederholungsgefahr besteht. Der Mann nahm das Urteil an.

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