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Region: Wie ein Abenteurer aus Adelsried zum Überlebenskünstler wurde

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Wie ein Abenteurer aus Adelsried zum Überlebenskünstler wurde

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    Ulrich Dehler ist ein Bushcrafter. Das ist sein Hobby. Das heißt, er zieht mit wenig Gepäck und Essen durch den Wald.
    Ulrich Dehler ist ein Bushcrafter. Das ist sein Hobby. Das heißt, er zieht mit wenig Gepäck und Essen durch den Wald. Foto: Marcus Merk

    In einem Film sieht man Ulrich Dehler, wie er eine Axt durch den Wald schleudert. Er holt weit mit dem Arm aus und pfeffert das Werkzeug in einen Baumstumpf. In der nächsten Einstellung sitzt er dick eingemummelt im Schnee neben einem kleinen Zelt. Ulrich Dehler ist Bushcrafter. Man könnte auch sagen, er ist hauptberuflich Überlebenskünstler.

    Das Wort „Bushcraft“ kommt aus dem Englischen und bedeutet Waldhandwerk. Bushcrafter ziehen durch Wälder oder Wüsten und haben nur die nötigsten Utensilien dabei. Sie ernähren sich dann zum Beispiel von Pilzen oder Beeren, machen Lagerfeuer, filtern Trinkwasser und bauen für die Nacht einen Unterschlupf. In Deutschland ist das grundsätzlich schwierig, denn vieles davon darf man nur auf privatem Gelände tun.

    In Adelsried gibt's Milchreis als Fertiggericht

    Der 43-jährige Ulrich Dehler erklärt die Philosophie hinter seinem Hobby: „Die Natur steht im Mittelpunkt. Es geht darum, ihr so nah wie möglich zu kommen. Egal ob Veganer oder Jäger, alle Bushcrafter lieben die Natur.“ Ein prominenter Vertreter der deutschen Szene ist Rüdiger Nehberg, der in den Siebzigerjahren durch waghalsige Expeditionen bekannt wurde. Ulrich Dehler ist überzeugt: Mittlerweile wird die Szene immer größer. Für alle Fans dieses Hobbys betreibt er ein Geschäft in Adelsried.

    Betritt man Dehlers Laden, denkt man: Überall Grün. Und das ist so gewollt. „Wir verstehen uns als Sportgeschäft mit naturgedeckten Farben.“ In den Regalen drängen sich nebeneinander Rucksäcke, Zelte, Tarnkleidung, Kompasse, Landkarten und Wanderstöcke. Alle in Grün- oder Brauntönen. Es gibt Fertiggerichte in Beutel und Dosen, man kann sich zwischen Spaghetti Carbonara oder Milchreis mit Zimt entscheiden. Das karge Leben im Wald ist aber alles andere als günstig. Für eine Grundausrüstung muss der Bushcrafter zwischen 1000 und 1500 Euro hinblättern. Dabei gilt: „Das ist wie beim Fahrrad. Je leichter, desto teurer. Zwölf oder 20 Kilogramm, das macht beim Tragen schon etwas aus.“

    Bushcrafter sind nicht die einzige Klientel von Ulrich Dehler, der ursprünglich studiert und im Bereich Software gearbeitet hat. Seine Kundschaft kommt aus ganz unterschiedlichen Szenen. Neben den Waldhandwerkern gibt es noch die Käufer für den Survival-Bereich. Ulrich Dehler erklärt den Unterschied: „Die einen wollen im Wald sein, die anderen müssen es.“ Survival ist Englisch für überleben. Vor allem Menschen, die beruflich in abgeschiedene Gebiete gelangen, zum Beispiel bei Hubschrauberrettungen oder bei Seenot, benötigen Produkte wie Trinkwasservorräte oder Notfallnahrung.

    Mit dieser Idee hat Ulrich Dehler den Laden gesichert

    Neben Bushcraft und Survival gibt es noch eine dritten Kategorie: die Prepper aus dem Bereich Zivilschutz. Das Wort Prepper bezeichnet Menschen, die sich für den Katastrophenfall rüsten. Sie lagern zum Beispiel Notrationen an Lebensmitteln als Vorrat ein. Prepper können einzelne Personen sein, aber auch die Feuerwehr und das Technische Hilfswerk gehören zu diesem Bereich. Denn sie müssen beruflich immer auf Stromausfälle, Hochwasser und Chemieunfälle vorbereitet sein.

    Heute kommen seine Kunden aus ganz Europa zu ihm nach Adelsried. Vor einigen Jahren war die Existenz des Geschäfts aber gefährdet. Große Versandhändler stiegen in den Markt ein und erhöhten die Konkurrenz. Zudem stieg der Preisdruck. „Viele Kunden haben sich zwar bei uns beraten lassen. Bestellt haben sie sich ihre Waren dann günstiger in Asien“, sagt Dehler.

    Aber der 43-Jährige hatte eine Idee, wie er den wirtschaftlichen Existenzkampf bestehen könnte. Er dreht eigene Videos und kommuniziert über einen Youtube-Kanal die Themen Bushcraft und Survival im Internet. Mittlerweile hat er 130 Filme hochgeladen, die Videos wurden fast drei Millionen Mal angesehen. Dehler stellt eigene Produkte vor und gibt Tipps, wie man zum Beispiel ein Feuer mit einer Lupe machen kann. Man kann sich anschauen, wie er Messer testet oder mit einem selbst gebauten Bogen schießt. Bei Dehler selbst funktionieren die Überlebenstipps: „Ich wollte den Laden damit in die Neuzeit retten. Und das ist mir zum Glück gelungen.“

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