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Rätselhafte Orte: Das große Ohr des Geheimdienstes ist in Gablingen unübersehbar

Rätselhafte Orte

Das große Ohr des Geheimdienstes ist in Gablingen unübersehbar

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    "Elefantenkäfig" lautet der Spitzname des Gebildes, das die US-Streitkräfte bei Gablingen errichteten.
    "Elefantenkäfig" lautet der Spitzname des Gebildes, das die US-Streitkräfte bei Gablingen errichteten. Foto: Marcus Merk (Archiv)

    Zu übersehen war es wegen seines oberirdischen Antennengitters noch nie. "Elefantenkäfig" lautete der Spitzname des Gebildes, das die US-Streitkräfte Anfang der 1970er Jahre bei Gablingen errichteten und das Teil einer Abhöranlage ist. Die US-Truppen sind fort und mittlerweile ist der Bundesnachrichtendienst Herr im Haus. Das ist kein Geheimnis. Das kann jeder nachlesen, der sich an das Eingangstor unweit der Bundesstraße 2 begibt. An dem Metallgitter hängt ein goldgelbes Schild mit dem Bundesadler drauf und einem Schriftzug: "

    Das Schild brachte der wegen seiner Aktivitäten ins Gerede gekommene Dienst im Zuge einer Transparenzoffensive im Sommer vor drei Jahren an. Damit endeten jahrelange Spekulationen. Gemunkelt worden war schon lange, dass der BND die von den Amerikanern erbaute Anlage weiter betreibt. Anfang des Jahrtausends hatte der damalige SPD-Landtagsabgeordnete Franz Maget Gablingen als BND-Posten geoutet und es nur gut gemeint. Der Horchposten in Schwaben sollte ausgebaut werden, um Bayern für den Verlust der BND-Zentrale ein wenig zu entschädigen, die von Pullach nach Berlin wanderte.

    Horcht die NSA von Gablingen aus auch Deutschland ab?

    Das große Ohr des Geheimdienstes hat sogar ganz offiziell einen Chef. Baudirektor Alois Nöbauer kam artig zum Gratulieren, als die Augsburger Justizvollzugsanstalt feierte, die in unmittelbarer Nachbarschaft ein neues Zuhause gefunden hat. Weniger entzückt waren indes zuletzt Parlamentarier des NSA-Untersuchungsausschusses in Berlin. "Schwierig" sei Zeuge Nöbauer gewesen, klagten sie.

    Der Verdacht, dem die Abgeordneten nachgingen: Horcht der US–Geheimdienst NSA mithilfe seiner Partner vom BND in Gablingen in Deutschland mit? Mithilfe des Elefantenkäfigs, der 300 Meter Durchmesser und eine Höhe von mehr als 30 Metern hat, wird angeblich bis nach Afghanistan gelauscht. Nach offiziellen Angaben aus Berlin richtet sich die Aufmerksamkeit auf "über Funk geführte ausländische Telekommunikation".

    Im Zentrum des als Antenne dienenden käfigartigen Kreises steht ein fensterloses Gebäude. Unbestätigten Berichten zufolge sollen elektronische Installationen bis zu 25 Meter tief unter die Erde reichen. Einmal, 1997, tauchte kurzzeitig ein Einsatzplan der Feuerwehr auf. 220 Büros seien in dem Komplex untergebracht, stand darin, und 400 Türen wurden aufgeführt.

    In Gablingen leben die Menschen seit Jahren mit Einschränkungen wegen der Anlage

    In Gablingen leben die Menschen seit Jahrzehnten mit der Anlage. Denn diese hat durchaus Auswirkungen. Um den Empfang der Antennen nicht zu stören, sind in der Nachbarschaft größere zusammenhängende Metallflächen und Schweißarbeiten unerwünscht. Das kann Einschränkungen für Betriebe bedeuten. Die neue Justizvollzugsanstalt in unmittelbarer Nachbarschaft musste auf die sonst übliche Gefängnisschlosserei verzichten, die Zahl der Kräne für das damals größte Hochbauvorhaben in der Region blieb begrenzt.

    Die Adresse "Am Flughafen" verweist auf die Geschichte des Areals, das nach einer langen Zeit als militärisches Sperrgebiet inzwischen zum Teil wieder zivil genutzt wird. 1916 errichtete das Kriegsministerium im Auftrag des letzten bayerischen Königs Ludwig III. den Flugplatz. Damals entstanden Hallen, Tankanlagen und ein Schießstand. Im Dritten Reich diente der Flughafen als Umschlagplatz für Ausrüstung, Munition und Verpflegung. In einer KZ-Außenstelle, deren Überreste heute außerhalb des Sperrgebietes liegen, mussten Häftlinge für die Rüstungsindustrie schuften.

    Nach dem Krieg übernahmen die Amerikaner. 1971 begann der Bau des Antennengitters, für das sich auch die Stasi brennend interessierte. Die Erkenntnisse des DDR-Geheimdienstes waren übrigens so brisant, dass sie bis ins Jahr 2011 der Geheimhaltung unterlagen.

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